Zum Hauptinhalt springen
Logo vom Kooperationsverbund Gesundheitliche Chancengleichheit und Site-Slogan: Aktiv für Gesundheit und Chancengleichheit (Link zur Startseite)

Kooperationsverbund Gesundheitliche Chancengleichheit

Gesundheitliche Chancengleichheit in Deutschland verbessern und die Gesundheitsförderung bei sozial benachteiligten Gruppen unterstützen - das sind die Leitziele des bundesweiten Kooperationsverbundes. Dem von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) initiierten Verbund gehören 75 Organisationen an. Der Verbund fördert vorrangig die Qualitätsentwicklung in der soziallagenbezogenen Gesundheitsförderung und die ressortübergreifende Zusammenarbeit. Die zentrale Aktivität der Koordinierungsstellen in den Bundesländern ist die Begleitung kommunaler Prozesse, insbesondere über den Partnerprozess "Gesundheit für alle".

Wer durch Ar­mut oder an­de­re schwierige Lebens­um­stän­de benachteiligt ist, hat in Deutsch­land ein dop­pelt so hohes Erkrankungs­risiko und ei­ne um bis zu zehn Jahre geringere Lebens­erwartung als Men­schen aus bes­ser gestellten Bevölkerungs­schichten. Ins­be­son­de­re so­zi­al benach­teiligte Kinder und Jugend­liche sind stärkeren gesund­heitlichen Be­lastungen aus­ge­setzt, wie der Kinder- und Jugend­gesundheits­survey (KiGGS) be­legt. Die schicht­abhängigen Unter­schiede be­tref­fen nach­weislich den Gesundheits­zustand, das Ge­sund­heits­ver­hal­ten und die In­an­spruch­nah­me von Vorsorge­untersuchungen.

Hintergründe, Daten und Materialien

Der Kooperationsverbund und seine Aktivitäten. Ein Selbstdarstellungsvideo von 2012, 11:30 Minuten lang

Wir binden Videos der Anbieter "Youtube" oder "Facebook" ein. Zur Anzeige der Videos benötigen wir Ihre Zustimmung. Durch die Aktivierung der Videos werden an den jeweiligen Anbieter Daten übertragen und gegebenenfalls Drittanbieter-Cookies gesetzt. Weitere Informationen können unserer Datenschutzerklärung entnommen werden. Zustimmen und Inhalt anzeigen

Artikel

22.12.2017

Kooperation für gesunde Kommunen

Wie tragfähige Zusammenarbeit entstehen kann

Josephine Göldner, bis April 2020: Hamburgische Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung e.V. (HAG)

Schlagwörter:Kommunen, Präventionsketten, Teilhabe

Am 23. No­vem­ber 2017 veranstaltete die Koordinierungsstelle Ge­sund­heit­liche Chan­cen­gleich­heit (KGC) Hamburg die Fachtagung „Ko­o­pe­ra­ti­on für gesunde Kom­mu­nen“, um die Dis­kus­si­on und den Aus­tausch zu integrierten kommunalen Stra­te­gien zu vertiefen. Die Landesrahmenvereinbarung (LRV) zur Um­set­zung des Präventionsgesetzes empfiehlt die­ses Mo­dell sozialraumbezogener Ge­sund­heits­för­de­rung. Entlang der Fra­ge „Wie tragfähige Zu­sam­men­ar­beit ent­ste­hen kann“ wurden gute Beispiele aus Kom­mu­nen und der methodische An­satz von Stakeholder Dialogen vorgestellt. Über 60 Akteure und Vertreter_innen der kommunalen Dienste, der So­zi­al­ver­si­che­rung so­wie Multiplikator_innen und Interessierte aus den Bereichen Ge­sund­heit, Stadtteilentwicklung, Bil­dung und Soziale Ar­beit nahmen an der Ta­gung teil.

Nach den einführenden Worten der HAG-Vorsitzenden Prof. Dr. Co­rin­na Petersen-Ewert stellte Klaus-Peter Stender (Behörde für Ge­sund­heit und Verbraucherschutz, BGV) die aktuellen Ent­wick­lung­en der Um­set­zung des Präventionsgesetzes dar. Ko­o­pe­ra­ti­on werde da­bei vertikal vom Bund bis in die Kom­mu­ne dekliniert. In Hamburg sei es ge­lun­gen, sich auf ein gemeinsames und abgestimmtes Vorgehen aller Sozialversicherungsträger und der BGV zu verständigen. Neu sei mit der Aus­rich­tung der LRV auf die Sozialräume, dass die Ge­sund­heits­för­de­rung vor Ort so­wie die Beteiligungsmöglichkeiten von Bürger_innen und Multiplikator_innen stärker auf- und ausgebaut wer­den kön­nen. Stender verortete Ko­o­pe­ra­ti­on als Kern und zu­gleich Mys­te­ri­um der Ge­sund­heits­för­de­rung.

Sabine Heckmann vom Collective Leadership Institute stellte das Dialogic Change Mo­del vor, das die Pha­sen ei­nes idealtypischen Ko­o­pe­ra­ti­onsprozesses beschreibt und die zugehörigen An­for­de­rung­en erläutert. Als Ba­sis tragfähiger Zu­sam­men­ar­beit bedeute En­ga­ge­ment das systematische Einbeziehen aller relevanter Partner_innen und deren In­te­res­sen. Zur Initiierung von En­ga­ge­ment sei es wich­tig, wertschätzend Re­so­nanz aufzubauen, un­ter breiter Beteiligung den Kon­text zu er­fas­sen und ei­ne repräsentative Kerngruppe zu bil­den. Die Einführungen und Praxisphasen zum An­satz des Stakeholder Dialogs durchzogen das Tagungsprogramm wie ein roter Fa­den.

Eva Bruns von der Münch­ner Aktionswerkstatt Ge­sund­heit (MAGs) stellte den Auf­bau der Präventionskette „Gut und Gesund auf­wach­sen in Freiham“ in ei­nem neu entstehenden Stadt­teil vor. Bereits wäh­rend der Bauphase wer­den An­ge­bo­te für Kinder, Ju­gend­li­che und Fa­mi­lien ressortübergreifend geplant, um den neuen Bewohner_innen positive Entwicklungs-, Lebens- und Teilhabebedingungen zu er­öff­nen. Die langfristige Zu­sam­men­ar­beit der drei städtischen Referate Ge­sund­heit und Um­welt, Bil­dung und Sport so­wie Soziales wird gesichert durch ei­ne verbindliche Kooperationsvereinbarung. Der Auf­bauprozess und die erste Umsetzungsphase wer­den durch das MAGs koordiniert und die Tech­ni­ker Kran­ken­kas­se fi­nan­zi­ell gefördert.

Als Start in die erste Praxisphase wurde in „Murmelgruppen“ die Fra­ge „Was ist für mich in der kommunalen Zu­sam­men­ar­beit mit anderen Akteuren wich­tig?“ beantwortet. Die Teilnehmenden tauschten sich an­schlie­ßend über ihr jeweiliges berufliches Selbst­ver­ständ­nis, ih­re Hand­lungs­empfeh­lun­gen und gesetzlichen, beruflichen und institutionellen Grund­la­gen aus. Gemeinsam wurde reflektiert, wel­che Denk- und Handlungslogik sie da­mit täg­lich für ei­ne multiprofessionelle Zu­sam­men­ar­beit in Ein­klang brin­gen. Die Vielfalt wurde an Metaplanwänden dokumentiert und gruppiert.

Sabine Heckmann eröffnete den Nachmittag mit ei­nem zweiten konzeptionellen In­put zum The­ma „En­ga­ge­ment wei­ter­ent­wi­ckeln“ und knüpfte da­für an den Er­fah­rungs­schatz der Tagungsteilnehmenden an. Im weiteren Verlauf ei­nes Stakeholder Dialogs bestehe die Chan­ce, mit verschiedenen In­te­res­sen nicht nur konstruktiv umzugehen, son­dern da­rü­ber hinaus bestehende Res­sour­cen und gemeinsame Ziele zu er­ken­nen, um sich für ei­ne verbindliche Zu­sam­men­ar­beit zu verabreden.

Hannes Rehfeldt vom Be­zirks­amt Neu­kölln präsentierte sehr an­schau­lich die Ent­wick­lung ei­ner bezirklichen Präventionskette in Ber­lin. Seit 2012 ar­bei­ten viele Professionen inner- und au­ßer­halb des Be­zirks­amtes (Ju­gend und Ge­sund­heit) da­ran, ein lückenloses Hilfenetz für wer­dende und junge Fa­mi­lien zu knüp­fen. Die In­iti­a­ti­ve basiert auf der Datengrundlage zur gesundheitlichen Un­gleich­heit bei Kin­dern in prekärer Le­bens­la­ge. Ein wichtiges In­stru­ment der Vernetzung sind jährliche Präventionskonferenzen. Es wurden bei­spiel­haft Maß­nah­men vorgestellt, die aus der langjährigen Zu­sam­men­ar­beit hervorgegangen sind, wo­mit die Um­set­zung der Stra­te­gie erlebbar wurde. Die App „Gesundes Neu­kölln“ er­mög­licht zum Bei­spiel Fa­mi­lien und Fachkräften Trans­pa­renz über die An­ge­bo­te im Be­zirk. Aktuell wird ei­ne bezirkliche Rahmenkonzeption zur Ge­stal­tung des Übergangs Kita - Grund­schu­le erstellt. Verbindliche Kooperationen sollen da­für mit lokalen Kooperationsinseln, ei­ner ressortübergreifenden bezirklichen Lenkungsgruppe und ei­ner gesamtstädtischen Stra­te­gie erarbeitet wer­den.

In einer zweiten Praxisphase waren die Akteure eingeladen, in einem Welt-Café Emp­feh­lung­en auszutauschen und zu dis­ku­tie­ren: „Welche Mög­lich­keit­en be­ste­hen, um die Teil­ha­be von Stadtteilakteuren und Be­völ­ke­rung zu stär­ken?“ und „Welche Formen der Vereinbarung sind für tragfähige Zu­sam­men­ar­beit för­der­lich?“. Zudem waren die Teilnehmenden ge­fragt, konkrete Handlungsansätze für ih­re Ar­beit festzuhalten: „An welchen relevanten Themen wol­len wir in den kommenden 3, 6 und 12 Monaten zur Ent­wick­lung tragfähiger Zu­sam­men­ar­beit wei­ter­ar­bei­ten?“.

Das gemeinsame Fa­zit aller Akteure war, dass der Auf­bau verbindlicher Vernetzungsstrukturen un­ter Beteiligung aller zentraler Partner_innen auf dem wertschätzenden Erkennen der einzelnen Ex­per­ti­sen und Menschen beruht. Die langfristige Pla­nung und Kontinuität er­mög­licht zu­dem das notwendige Vertrauen für den Zu­gang zu Menschen und in der gemeinsamen multiprofessionellen Ko­o­pe­ra­ti­on.

Fotos: Jens Hannewald

Sehen Sie sich hier die Präsentationen an.

Zurück zur Übersicht