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Angebotsdarstellung

Good Practice

Veröffentlichung: 2009

Gesundheitsteams vor Ort

Kurzbeschreibung mit Zielen und Maßnahmen

Das Projekt „Gesundheitsteams vor Ort“ wurde durch die damalige rheinland-pfälzische Sozial- und Gesundheitsministerin Malu Dreyer im Rahmen ihrer familienunterstützenden Kampagne „Viva Familia“ in Trier-Nord initiiert.

Das Quartier wurde auf Grund des hohen Anteils an sozial benachteiligten Familien (Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger, junge Menschen ohne oder nur mit geringer Qualifikation und Beschäftigung) und unter Berücksichtigung möglicher Synergieeffekte mit dem Bund-Länder-Programm „Soziale Stadt“ ausgewählt. Das Thema Gesundheitsförderung für sozial Benachteiligte wurde als Handlungsfeld Bestandteil des integrierten Entwicklungskonzepts für den Stadtteil Trier-Nord. Es ergänzt die bestehenden Anstrengungen zur Verbesserung der Lebensbedingungen im Stadtteil. Zielgruppen sind Kinder/Jugendliche, Jungen, Mädchen, Frauen/Mütter, Männer/Väter.

Das Projekt zielt kurzfristig auf eine Verbesserung des gesundheitlichen Status der Stadtteilbewohnerinnen und -bewohner, mittelfristig auf die Erweiterung der gesundheitlichen Eigenverantwortung und Handlungskompetenz und langfristig auf den Abbau der Hemmschwellen zu den Gesundheitsangeboten außerhalb des Stadtteils.

Schwerpunktthemen sind die Wahrnehmung von Vorsorgeangeboten, gesunde Ernährung, Bewegungsförderung sowie die psychische und psychosexuelle Gesundheit. Weitere präventive Ziele sind die Förderung von gesunden Verhaltensweisen durch niedrigschwellige wohnortnahe Angebote, die an bestehende örtliche Strukturen angebunden sind.

Die Gesundheitsteams bestehen aus Fachkräften der Gesundheitsförderung, der sozialen Stadtteilarbeit sowie Ärztinnen und Ärzten, die vor Ort die Gesundheitsmaßnahmen durchführen.

Durch die seit Jahren etablierte Zusammenarbeit von Fachkräften mit der Zielgruppe und das unabhängige Projektmanagement erfreut sich das Projekt hoher Akzeptanz vor Ort. Die Maßnahmen werden flexibel dem Bedarf der jeweiligen Zielgruppen angepasst.

Die Einzelmaßnahmen sind bereits für sich wichtige Module, die jedoch erst in ihrer Gesamtheit und durch ihre Vernetzung wirksam werden. Dabei sind zum Beispiel die Fachmedizinerinnen und Fachmediziner im „Gesundheitsteam Sprechstunde“ hilfreiche Kooperationspartner, die bereit sind, ihre Kompetenzen, Themen und Angebote übergreifend einzubringen. Die Themen Gesundheit, gesunde Bewegung und gesunde Ernährung haben im benachteiligten Gebiet von Trier-Nord erheblich an Bedeutung gewonnen. Besonders erfreulich ist, dass sich auch Bewohnerinnen und Bewohner selbst in die Projektplanung einbringen. So haben sich zum Beispiel Mütter einer Kita zusammengesetzt und Vorschläge zur Planung von Maßnahmen für die inhaltliche Arbeit der Gesundheitsteams erarbeitet. Das Projekt startete Mitte 2005 und wird fortgeführt. Ende 2008 erfolgte eine Evaluation durch die Universität Mainz.

Dokumente zur Darstellung des Angebotes


Kontakt

Frau Maria Ohlig
Quartiersmanagement Trier-Nord
Am Beutelweg 10
54292 Trier (Rheinland-Pfalz)

Telefon: 0651 / 1454722

E-Mail: maria.ohlig(at)wogebe.de

Website: http://www.wogebe.de/stadtteilentwicklung.html


Projektträger

Wohnungsgenossenschaft Am Beutelweg/Quartiersmanagement Trier-Nord
Am Beutelweg 10
54292 Trier


Hintergrund

Der Stadtbezirk Nells Ländchen, ein Teilbereich des Stadtteils Trier-Nord, umfasst ca. 186 ha im nördlichen Stadtgebiet von Trier. Das Gebiet ist gekennzeichnet durch große Gewerbe-, Grün- und Sportflächen (Stadtpark Nells Ländchen, Hauptfriedhof) und Wohnsiedlungen, die zum Teil erst seit ca. 10 Jahren im Zuge der Konversion in den ehemaligen Wohngebäuden der französischen Militärstreitkräfte entstanden sind. In einem Teilbereich - Ambrosius -, der als sozialer Brennpunkt bis vor einigen Jahren wenig Unterstützung erfahren hat, gibt es seit Gründung der „Wohnungsgenossenschaft Am Beutelweg“ (WOGEBE) im Jahr 1991 einen enormen Entwicklungsschub. Im Stadtbezirk Nells Ländchen leben insgesamt 4.364 Menschen (31.12.2007), im Nachbarschaftsquartier Ambrosius sind es ca. 1.500 Bewohnerinnen und Bewohner, wovon die Hälfte Kinder und Jugendliche sind. Der Stadtteil Trier-Nord/Nells Ländchen ist ein „junger“ Stadtteil. Im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung leben in Nells Ländchen knapp 10 Prozent mehr Kinder und Jugendliche als in der Gesamtstadt Trier.

Auf die Wohnungsgenossenschaft Am Beutelweg bezogen wird es noch deutlicher: 48,3 Prozent ihrer insgesamt 1.327 Bewohner sind Kinder und Jugendliche, wobei dabei auch Kinder erfasst sind, die älter als 20 Jahre sind und noch im Familienverband leben.

Die Koordinierungsstelle der Gesundheitsteams vor Ort (GHT) ist beim Quartiersmanagement Trier-Nord angesiedelt, dessen Träger die WOGEBE ist. Die noch junge Genossenschaft wurde gegründet, um ihre Mitglieder mit qualitativ gutem Wohnraum zu versorgen. Sie entstand aus der Gemeinwesenarbeit des Bürgerhauses Trier-Nord heraus und agiert quartiersbezogen. Im Stadtteil Trier-Nord besitzt sie mittlerweile knapp 500 Wohnungen. Ausgangspunkt bei der Gründung war die problematische Lebenssituation der Menschen im Quartier Am Beutelweg/Ambrosiusstraße, deren Wohnungen äußerst marode waren und dem modernen Wohnstandard nicht entsprachen.

Das Quartiersmanagement koordiniert und steuert die Maßnahmen im Rahmen des Bund-Länder-Programms „Soziale Stadt“. Das Förderprogramm zielt darauf ab, Stadtteile mit besonderem Bedarf zu entwickeln und zu stabilisieren. Dazu sollen alle verfügbaren Ressourcen im Stadtteil mobilisiert werden und alle Maßnahmeninstrumente, wie zum Beispiel Förderprogramme des Bundes, der EU und der Länder, auf dieses Ziel hin gebündelt werden.

Trier-Nord wurde Ende 2000 in das Programm „Soziale Stadt“ aufgenommen. Zum 1.1.2001 wurde das Quartiersmanagement installiert. Seither gelang es, im Zusammenhang mit unterschiedlichen Maßnahmen, wie dem Umbau und der Sanierung des Bürgerhauses Trier-Nord zu einem Stadtteilzentrum, ein Netzwerk der sozialen Arbeit im Stadtteil aufzubauen. Dazu gehören auch Kooperationen mit Akteuren in den benachbarten Stadtbezirken.

Diese Netzwerkstruktur war eine sehr gute Grundlage für die Zusammenarbeit im Themenkomplex Gesundheitsförderung und gesundheitliche Prävention, als die Gesundheitsteams konzipiert und implementiert wurden. Das Quartiersmanagement ist zudem im Stadtteil und in der Stadt Trier bekannt. Dies hatte für das Projekt einen hilfreichen „Türöffner-Effekt“.

Aus Sicht der Programmverantwortlichen des Sozialdezernats der Stadtverwaltung Trier und der WOGEBE als Projektträger vor Ort ergänzt das Thema Gesundheitsförderung für Benachteiligte die bestehenden Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensbedingungen im Stadtteil Trier-Nord.


Vorgehen

Zielgruppen sind Menschen in benachteiligten Lebenslagen, beispielsweise Familien mit finanziellen, familiären oder beruflichen Schwierigkeiten und Alleinerziehende, insbesondere aber auch Kinder und Jugendliche bzw. Jungen und Mädchen.

Ein zentrales Anliegen ist es, der Zielgruppe den Zugang zu den Regelangeboten des Gesundheitswesens zu erleichtern. Hemmschwellen für die Inanspruchnahme professioneller Hilfe durch Ärztinnen und Ärzte, Hebammen und Entbindungspfleger und andere Fachkräfte, aber auch für die Beteiligung an Selbsthilfegruppen, sollen abgebaut werden, ohne Parallelstrukturen zu entwickeln. Da die Zielgruppe mit herkömmlichen Angeboten des Gesundheitssystems („Komm“-Struktur) schlecht erreicht wurde, haben die Maßnahmen einen niedrigschwelligen, aktiv aufsuchenden Charakter und sind dicht in Lebenszusammenhänge vor Ort im Stadtteil, wie etwa typischen Treffpunkten, Versammlungsorten oder einzelnen Familien, mit dem Ansatz der „Gehstruktur“ integriert. Diese werden mit bestehenden Angeboten des Gesundheitssystems und den örtlichen, stadtteilbezogenen Strukturen verknüpft, wie sie bei den Gebieten des Programms von „Soziale Stadt“ bestehen.

Durchgeführt werden die Gesundheitsmaßnahmen durch Gesundheitsteams (GHT). Sie bestehen aus Fachkräften des Gesundheits- und Sozialbereichs wie Ärztinnen und Ärzten, Hebammen und Geburtshelfern, Psychologinnen und Psychologen, Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und -pflegern, Physiotherapeutinnen und -therapeuten, Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, die Berufsgruppen übergreifend zusammenarbeiten.

Für die operative Steuerung des Projekts ist eine Koordinatorin zuständig, die an das Quartiersmanagement angebunden ist. Fachkräfte werden auf Honorarbasis hinzu gezogen. Die Vorarbeiten für das Projekt starteten Mitte 2005. Ab Januar 2006 begann die Arbeit der Koordinierungsstelle und wird nach Abschluss der ersten Projektphase Ende 2008 derzeit entsprechend der jährlichen Finanzausstattung fortgeführt.

Konzeptionelle Planung, inhaltliche Begleitung, die Einbindung in Trägerlandschaft und Kommune werden über eine aktive Steuerungsgruppe geleistet. In ihr sind Träger sowie Akteurinnen und Akteure aus Kitas, Horten, Gemeinwesenarbeit, Jugendarbeit, Familienberatung und Schulen aktiv eingebunden. Weitere Mitglieder sind Fachkräfte des Gesundheitsamtes, der Europäischen Sportakademie und der AOK Trier. Bei Bedarf wird auf weitere Kooperationspartnerinnen und –Partner zurückgegriffen. Die Steuerungsgruppe konnte auf eine vorhandene Vernetzungsstruktur, den „Arbeitskreis Trier-Nord“, aufbauen, der sein Handlungsfeld auf die Gesundheitsförderung ausweitete. Wert gelegt wird auf eine große räumliche und inhaltliche Nähe der GHT-Angebote zu den Zielgruppen.

Die Gesundheitsteams zu den Themen Bewegung, Ernährung und Sucht bringen Projektvorschläge ein, die in der Steuerungsgruppe diskutiert und abgestimmt werden. Aus den Vorschlägen wird eine Jahresplanung erstellt und die Kosten für die Durchführung der Projektideen werden bei den Kostenträgern als Gesamtsumme beantragt.

Die „Sprechstunde vor Ort“ ist ein niedrigschwelliges, im Stadtteilbüro angesiedeltes medizinisches und zahnmedizinisches Angebot, bei dem Fachleute vor Ort regelmäßig bestimmte Leistungen anbieten. Zu den Untersuchungen und Beratungen gehören eine Überprüfung des Impfstatus, Blutzuckerbestimmung, Hör- und Sehtests, Sprachentwicklungsprüfungen, Größen- und Gewichtsbestimmung und Blutdruckmessung. In der Sprechstunde wird nicht im klassischen Sinn behandelt. Es ist vielmehr eine Beratung, die Hilfestellung beim Zugang zu medizinischen Angeboten geben will und insofern auch eine Lotsenfunktion hat. Auf die Vorlage von Versicherungskarten und die Praxisgebühr wird verzichtet.

Die Sprechstunde vor Ort findet regelmäßig mittwochs ab 15:00 Uhr statt. Eine Gruppe von fünf Ärztinnen und einer Hebamme mit der Zusatzausbildung „Hebammen beraten Familien“ aus dem rheinland-pfälzischen Landesprogramm „Viva Familia“ wechseln sich bei diesem Beratungsangebot ab.

Einmal im Quartal hat die Sprechstunde einen thematischen Schwerpunkt, zum Beispiel ADHS, Impfung, Sehtest oder Erkältungskrankheiten.

Die Kinder zeigen das größte Interesse an den Sprechstunden. Die Tür zum Büro der Koordinierungsstelle steht mittwochs immer offen. Das Hinweisschild „Heute Sprechstunde mit …“ hängt aus und die Kinder aus den umliegenden Häusern kommen. Dies bietet eine Chance, sie unkompliziert mit Ärztinnen und Ärzten und dem Thema Gesundheit vertraut zu machen. Im Kalenderjahr 2007 fanden 41 Sprechstunden statt. Die Beteiligung war je nach Thema sehr unterschiedlich. Aufgrund der zum Teil immer noch zu hohen Schwelle für die Menschen in der Siedlung und der dadurch stark schwankenden Inanspruchnahme wurde das Angebot 2008 in eine mobile Sprechstunde umgewandelt. Es gab erste Versuche, sie im Rahmen von etablierten Frühstücksrunden in den Einrichtungen zu platzieren, zum Beispiel in der Baby- und Krabbelstube. Dieses Vorgehen wird gut angenommen, Beratung und offener Austausch wurden angeregt. Die Erfahrung zeigt auch, dass für Männer andere niedrigschwellige Angebote gemacht werden müssen.

Die Ärztinnen, die das Angebot durchführen, sind über ihre Sprechstundenzeit hinaus für das Gesamtprojekt aktiv. Sie nehmen teil an Gesprächsrunden bei Elternabenden, Mütter-Frühstücktreffs, Vorbereitungen für Sonderveranstaltungen, Teamsitzungen und Vorgesprächen mit Schulen. Das Verständnis bei den beteiligten Gesundheitsfachkräften für das Grundanliegen des Projekts ist sehr groß. Sie setzen sich engagiert mit der Lebenssituation der benachteiligten Menschen im Stadtteil auseinander und sind bereit, sich auf neue Formen von Gesundheitsangeboten einzulassen.

Beispiele für weitere Maßnahmen (2006 und 2007):
- „Frauen in Bewegung“ ist eine Sportgruppe für Einsteigerinnen im Bürgerhaus Trier-Nord. Es fanden 35 Termine mit 13 Teilnehmerinnen und vier Kindern von alleinerziehenden Müttern statt.
- „Fit im Leben mit starkem Essen“ war das Motto der Grundschulprojekttage zum Thema gesunde Ernährung und gesunde Nahrungsmittel. An den zwei Projekttagen nahmen 150 Kinder und 100 Eltern teil.
- „Stelz-Art“ ist ein wöchentliches Bewegungsangebot (Stelzenlaufen) für Kinder und Jugendliche, das neben der Bewegungsförderung die Förderung der Konzentrationsfähigkeit, die Steigerung des Körperempfindens und des Selbstbewusstseins der Kinder und Jugendlichen zum Ziel hat.
- Der „Mädchen-Gesundheits-Führerschein“ wurde 2007 von sechs Mädchen im Alter von elf bis 15 Jahren abgelegt.
- „Boys and Girls get fit in Trier-Nord“ ist ein geschlechtsspezifisches Sportangebot für Jungen und Mädchen. 2007 konnten insgesamt 25 Jugendliche (15 Jungen, 10 Mädchen) in die wöchentlich stattfindenden Angebote integriert werden. Darüber hinaus meldeten sich einige Jugendliche bei lokal ansässigen Sportvereinen an.

Alle Maßnahmen sind stark auf die Zielgruppe ausgerichtet und setzen an den jeweiligen Zugangsmöglichkeiten an. Dementsprechend gibt es eine große Bandbreite von ganz offenen Angeboten ohne Anmeldeformalitäten und Kostenbeiträge bis hin zu verbindlichen Gruppen mit Anmeldung und Kostenbeteiligung. Dieses Vorgehen wird durch den direkten Zugang der pädagogischen Fachkräfte in den bestehenden Institutionen ermöglicht. Perspektivisch gilt es neue Themen zu identifizieren, inwieweit sie für die Bewohnerschaft im Quartier von Belang sind und diese in der Zusammenarbeit mit den Gesundheitsfachkräften methodisch auf die Lebenswelt der Bewohner anzupassen. Dies geschieht beispielsweise zurzeit im Bereich Sucht mit dem Thema „neue Medien/Internetsucht“.

Das Projekt „Gesundheitsteams vor Ort“ ist ein wichtiger Baustein des ganzheitlichen Entwicklungskonzepts, das die langfristige Verbesserung von Gesundheitsstatus und Lebensbedingungen der Menschen im Quartier anstrebt.


Good Practice in

Integriertes Handeln

Gesundheitsförderung für benachteiligte Bevölkerungsgruppen ist in der Arbeit der Gesundheitsteams vor Ort ein integrierter Bestandteil des Handlungskonzepts, das bereits über das Programm „Soziale Stadt“ in Trier-Nord initiiert und umgesetzt wurde. Die Angebote werden für und mit den fest installierten Anbietern und Institutionen bedarfsorientiert entwickelt und umgesetzt.

Initiiert wurde das Projekt von der rheinland-pfälzischen Sozial- und Gesundheitsministerin Malu Dreyer im Rahmen der Initiative „Viva Familia“. Zum Projektauftakt im Juli 2005 wurden alle betroffenen Institutionen gemeinsam mit der Stadtverwaltung und dem Gesundheitsamt über VIVA FAMILIA eingeladen. Nach der Diskussion der Möglichkeiten und des Bedarfs wurde das Quartiersmanagement mit einer Bedarfs- und Bestandserhebung zur Gesundheitsförderung beauftragt. Bereits Anfang 2006, nach Auswertung der Erhebung, installierte das Ministerium die Koordinierungsstelle für die GHT.

Im Stadtteilzentrum Trier-Nord ist nicht nur das Bürgerhaus Trier-Nord als Träger der Gemeinwesenarbeit, sondern auch ein Hort, Räume der Grund- und Hauptschule, verschiedene Vereine und eine Großküche untergebracht. Hier erfolgte eine fließende Eingliederung der gesundheitsfördernden Maßnahmen in die bestehenden Strukturen des Programms „Soziale Stadt“. Neben der Kooperation mit Institutionen und Diensten wie Kindertagesstätten, Horte, Gemeinwesenarbeit, Jugendarbeit, Familienberatung und Schulen, gelang die Einbindung weiterer Akteure aus dem Sozial-, Kultur- und Gesundheitsbereich und aus den Zielgruppen in der Bevölkerung. Besondere Potenziale waren hier die bereits umgesetzte Beteiligung der Bevölkerung an der Wohnraumsicherung und -verbesserung. Außerdem wurden Qualifizierungsmaßnahmen umgesetzt, um Beschäftigung zu fördern, und die Selbsthilfe in alltäglichen Lebenssituationen zu unterstützen. Vor diesem Hintergrund konnte das Projekt „Gesundheitsteams vor Ort“ auf ein ausgebildetes positives Identifikationspotenzial der Bewohnerinnen und Bewohner mit dem Wohnumfeld und dem gesamten Gebiet aufbauen.

An der Steuerungsgruppe sind die Vertreterinnen und Vertreter aus den Einrichtungen des Gesundheits-, Sozial- und Bildungsbereichs, aus Arbeitsgruppen, Initiativen und Stadtteilprojekten beteiligt sowie Personen in Schlüsselpositionen, die als „Türöffner“ gute Kontakte zur Zielgruppe und deren Einrichtungen haben.

Die Gesundheitsteams bestehen zu den Themen Bewegung, Ernährung und Sucht. Die Zusammenarbeit erfolgt auf strategischer Ebene in der Steuerungsgruppe. Diese entwickelt die Ziele und stimmt die gesamte Maßnahmenplanung aufeinander ab. Für die operative Ebene sind in den Gesundheitsteams je nach Schwerpunkt alle Beteiligten vertreten und planen gemeinsam die Umsetzung von Maßnahmen.

Die Beteiligung der Kooperationspartner an den einzelnen Teams deckt ein ganzes Themenfeld ab. Dort wird kontinuierlich das gemeinsame Vorgehen geplant und reflektiert. Sie ist nicht auf einzelne Maßnahmen beschränkt.

In den GHT werden die Maßnahmen praxisnah entwickelt. Gleichzeitig garantiert die Vertretung der kooperierenden Institutionen in der Steuerungsgruppe ein integriertes Handlungskonzept, das sich an der Praxis orientiert.

Darüber hinaus ist ein integriertes Handeln bezogen auf das weitere Vorgehen im Programm „Soziale Stadt“ gesichert, weil die Koordination an das Quartiersmanagement angebunden ist. (Vgl. Anhang; Abbildung 1)

Nachhaltigkeit

Das Projekt ist auf den Ebenen Finanzierung und Konzeption innovativ. In der ersten Projektphase beteiligten sich die gesetzlichen Krankenkassen zu 75 Prozent an den Projektkosten, da es sich um eine gezielte Maßnahme der gesundheitlichen Prävention von sozial benachteiligten Personen handelt. Die restlichen 25 Prozent und die Kosten der Koordinierung übernahm das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen Rheinland-Pfalz (MASGFF) als Beitrag zur Entwicklung von innovativen Maßnahmen in der Gesundheitsförderung von sozial Benachteiligten. Für die Weiterführung der GHT ist eine Finanzierung über die Krankenkassen, das Programm „Soziale Stadt“ und das MASGFF vereinbart.

Das Konzept Gesundheitsteams vor Ort setzt gezielt an bestehenden Strukturen an und verfolgt sehr stringent den Gedanken des integrierten Handlungskonzepts. Auf der Basis bestehender Strukturen werden mit den Einrichtungen und Diensten, Kindertagesstätten, Horten, Gemeinwesenarbeit, Jugendarbeit, Familienberatung und Schulen, dem Sozial-, Kultur- und Gesundheitsbereich und den Zielgruppen, die Aktivitäten entlang der Bedürfnisse der Zielgruppe erarbeitet und angeboten.

Dadurch werden Synergien genutzt und gemeinsame Potenziale erschlossen, wie das Beispiel „Stelz-Art“ zeigt. Entwickelt wurde das Konzept im Gesundheitsteam Bewegung. „Stelz-Art“ wurde mit den Partnern im Hort Ambrosius, dem Hort Exzellenzhaus sowie der Grundschule und dem Verein -t-r-a-n-s-cultur- e.V. umgesetzt, der ebenfalls im Stadtteilzentrum Trier-Nord angesiedelt ist. Die Horte und die Grundschule boten den Rahmen und die Struktur, und die dort arbeitenden pädagogischen Fachkräfte beteiligten sich an der Durchführung. Die unterschiedlichen Ansätze von offenen bis hin zu verbindlichen Angeboten ermöglichen es, Kinder über die jeweils erforderlichen Zugangswege zu erreichen. Nicht alle Kinder sind zu Beginn in der Lage, ein längerfristiges Angebot wahrzunehmen. Erst über unverbindliche „Schnupper-Angebote“ wird der Weg bis hin zu regelmäßiger Teilnahme möglich. Um diesen breiten Zugang zu schaffen, haben sich die drei Institutionen zusammengeschlossen und gemeinsam mit -t-r-a-n-s-cultur- e.V. das Angebot realisiert. Regelmäßig finden einrichtungsbezogene Planungstreffen statt, um die Umsetzung zu begleiten. Zweimal jährlich trifft sich das Konzeptionsteam mit dem Projektträger. (Vgl. Anhang; Abbildung 2)

Inhaltlich bietet „Stelz-Art“ neue Perspektiven für die Bewegungsförderung und Persönlichkeitsentwicklung der Kinder.

Kinder aus sozialen Brennpunkten sind es gewohnt, dass man „auf sie herabschaut“. Auf Stelzen stehen sie nicht nur physisch „über den anderen“, sondern erfahren auch, dass andere „mit Bewunderung zu ihnen aufblicken“. Die Technik des Stelzenlaufens erfordert keine körperliche Kraft, sondern nur Freude an Bewegung, Koordinationsgeschick, Gleichgewichtssinn und Konzentrationsfähigkeit. Dies kann bei Mädchen und Jungen gleichermaßen und in geschlechtsgemischten Gruppen geschult werden. Sportliche Aktivität verbindet sich mit künstlerisch kreativen Elementen, die sich mit sehr unterschiedlichen Kunstformen wie Jonglieren oder Theaterspiel kombinieren lassen. Erfolgserlebnisse sind sehr schnell zu vermitteln und die Technik kann schrittweise verfeinert werden. Durch das Lernen und auch Auftreten in Gruppen werden Ängste abgebaut und gegenseitiges Vertrauen geschaffen. Kernkompetenzen für soziales Verhalten werden spielend vermittelt. Über diszipliniertes Verhalten und Üben erfolgt immer wieder Applaus und Anerkennung.

Durch die Verbindung körperlicher und künstlerisch kreativer Aktivitäten erhalten die Kinder und Jugendlichen einen originellen Anreiz, sich mit Freude und hoher Motivation zu bewegen und über sich hinaus zu wachsen.

Die ersten Erfolge zeigen sich in der starken Nachfrage des Projekts. Dies hat zu mehr Angeboten in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen geführt. Die Kinder und Jugendlichen, die seit Herbst 2006 wöchentlich den zweistündigen Workshop im Hort Ambrosius besuchen, nehmen fast alle regelmäßig teil. Sieben Kinder konnten bereits ihre Stelzenlauf-Prüfung mit dem „Stelzenführerschein“ abschließen. Insgesamt nahmen an den Maßnahmen in den Jahren 2006 und 2007 jeweils ca. 50 Kinder und Jugendliche teil. Über das eigentliche Angebot hinaus werden die entstandenen Gruppen verstärkt zu Auftritten in der Region und zum Teil auch im angrenzenden Luxemburg angefragt, wo sie das trainierte Können auch im Jonglieren und mit Diabolo-Kunst zur Schau stellen können.

Das Angebot findet auch bei nachfolgenden Jahrgängen in den Einrichtungen großen Anklang, so dass weitere Einstiegsworkshops durchgeführt werden. Aus den bestehenden Gruppen bildet sich ein fester Kern, der auch weiterhin trainiert und bei Anfragen für Auftritte zur Verfügung steht. Der Hort konnte einen eigenen Materialfond anschaffen bzw. sammeln, wodurch das weitere Bestehen gesichert ist.

Der Ansatz von „Stelz-Art“ lässt sich auf andere Stadtgebiete und Regionen übertragen, wenn ein entsprechender Anbieter z.B. von einer Clownsschule bzw. eine Jongleurin oder ein Jongleur zur Kooperation gewonnen werden kann.

Eine nachhaltige Wirkung des Projekts GHT ist in der Struktur angelegt. Die Angebote werden für und mit den fest installierten Anbietern und Institutionen bedarfsorientiert entwickelt und umgesetzt. Dadurch setzt sich die Gesundheitsförderung als Querschnittsaufgabe zunehmend in den Angeboten und im Vorgehen durch. Neben der grundsätzlichen Sensibilisierung der Anbieter und der Bevölkerung zeigen sich die ersten Erfolge. Es entwickelt sich ein gesundheitsbewusstes Verhalten und die Freude an den entsprechenden Aktivitäten bei Einzelnen und in ganzen Gruppen.

Projekte wie zum Beispiel der „Gesundheitsführerschein für Mädchen“ legen Grundlagen für die weitere gesundheitliche und psychosexuelle Entwicklung, die in ihrer Vielfalt in späteren Jahren zum Tragen kommt.

Weitere Belege für die nachhaltige Wirkung sind beispielsweise im Projekt „Boys and Girls get fit in Trier-Nord“ zu finden. Das geschlechtsspezifische Sportangebot für Jungen und Mädchen umfasst Lauftraining, Schwimmen, Fahrradfahren, Fußball und Ausdauersport. Es ist eine Veranstaltung der stadtteilorientierten Kinder- und Jugendarbeit des Bürgerhauses Trier-Nord in Zusammenarbeit mit einem Diplom-Sportlehrer. Diese Form der gesundheitlichen Prävention wird gut von den Jugendlichen angenommen. Im Projektzeitraum 2007 wurden 25 Jugendliche integriert, die sich regelmäßig aktiv und mit Freude an den kostenlosen und wohnortnahen Sportangeboten beteiligten. Im Bereich der Mädchensportgruppe wurde erreicht, dass sich ein Teil der Gruppe, motiviert durch die Angebote, in einem Verein anmeldete. Insgesamt waren die Mädchen offener für verschiedene Sportarten. Bei den Jungen konnten Erfolge im Bereich der sozialen Kompetenz vor allem durch Mannschaftssportarten wie Fußball erreicht werden. Bewegung diente hier auch dem Aggressionsabbau.

Das vernetzte Arbeiten und die Erfolge in der Praxis sind wichtige Erfahrungen für die weitere Netzwerkarbeit auch über den Projektzeitraum hinaus.

Settingansatz

Gesundheitsteams vor Ort sind niedrigschwellig im Stadtteil Trier-Nord im Rahmen der Stadtteilarbeit verankert. Mit dem Programm „Soziale Stadt“ konnten durch die Verbesserung der Wohnqualität, die Schaffung des Stadtteilzentrums „Bürgerhauses Trier-Nord“, den Ausbau von Kindertagesstätten und Hort-Angeboten, durch Wohnumfeldgestaltung und die Schaffung von Spiel- und Freiflächen sowie der Etablierung des Quartiersmanagement die Grundlagen für aktive Verhältnisprävention gelegt werden.

Über das Bürgerhaus werden Qualifizierung und Beschäftigung der Stadtteilbewohnerinnen und -bewohner unterstützt. Die Gesundheitsförderung ist an das Quartiersmanagement angedockt und findet eingebunden als „Komm“-Struktur im Bürgerhaus, in den Kitas, der Schule, auf Freiflächen und Plätzen sowie in der Europäischen Sportakademie in unmittelbarer Nachbarschaft statt. Die gesundheitsfördernden Angebote werden als Verhaltensprävention für die Zielgruppen Kinder/Jugendliche, Jungen, Mädchen, Frauen/Mütter, Männer/Väter ausgestaltet.


Literatur

Ohlig, Maria: Sachbericht Gesundheitsteams vor Ort Trier-Nord, 01.01.2006-31.12.2006 Trier, 2007

Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen Rheinland-Pfalz (MASGFF), (Hrsg.): Konzept Gesundheitsteams vor Ort, Mainz, 2007

WOGEBE Wohnungsgenossenschaft am Beutelweg e.G. Trier

Claudia Weigand / Jennifer Lamberty: Evaluation des Modellprojekts \"Gesundheitsteams vor Ort\" in Rheinland-Pfalz, Pädagogisches Institut der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, 2008


Laufzeit des Angebotes

Beginn: Januar 2006

Abschluss: kein Ende geplant


Welche Personengruppe(n) in schwieriger sozialer Lage wollen Sie mit Ihrem Angebot erreichen?

Menschen in schwieriger sozialer Lage sind ein wichtiger Teil der Zielgruppe, auch wenn sich das Angebot in erster Linie an alle richtet.

  • Personen in strukturschwachen Wohnregionen / Quartieren

Das Angebot richtet sich insbesondere an folgende Altersgruppen

  • Altersgruppenübergreifend

Das Angebot umfasst geschlechtsspezifische Angebote für

  • Jungen / Männer
  • Mädchen / Frauen

Multiplikatorinnen und Multiplikatoren

SozialarbeiterInnen, LehrerInnen, ErzieherInnen aus Einrichtungen wie Kitas, Horte, Schule, Gemeinwesenarbeit;


Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartner

SportpädagogInnen, ÄrztInnen, Logopädin, Gemeinwesenarbeit


Schwerpunkte des Angebotes

  • Bewegungs- und Mobilitätsförderung
  • Stressbewältigung
  • Stärkung der individuellen Bewältigungsressourcen (z.B. Life skills, Resilienz)
  • Stärkung sozialer Kompetenzen
  • Stadtteil-/ Gemeinwesenarbeit, Nachbarschaftsnetzwerke

Das Angebot wird hauptsächlich in folgenden Lebenswelten umgesetzt

  • Kindertageseinrichtung / Kindertagespflege
  • Stadt / Stadtteil / Quartier / Kommune
  • Nachbarschaftshaus / Stadtteilzentrum

Qualitätsentwicklung

Was machen Sie, um die Qualität Ihres Angebotes weiterzuentwickeln?

Regelmäßige Reflexion in der Steuerungsgruppe

Welche Erfahrungen haben Sie bei der Qualitätsentwicklung Ihres Angebotes gemacht?
Welche Stolpersteine haben Sie festgestellt?

Zeitliche Arbeitsbelastung der Kooperationspartner

Wie dokumentieren Sie Ihre Arbeit? (z.B. Konzepte, Handreichung)

Sachberichte

Es ist bereits ein Ergebnisbericht vorhanden.

Titel des Berichts bzw. Kurzbeschreibung: Evaluation Gesundheitsteams vor Ort

Das Vorgehen der Qualitätsentwicklung kann ganz unterschiedlich sein. Einiges haben Sie bereits genannt. Welches der folgenden Verfahren wenden Sie zusätzlich an?

Erläuterung

als Kollegiale Beratung

Die Qualitätsentwicklung und Ergebnissicherung sind nicht in ein Qualitätsmanagementsystem eingebunden.

Dokumente zur Qualitätsentwicklung


Stand

24.05.2018

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