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12.07.2016

Kindern eine Stimme geben

Eine Vielzahl neuer Studien nimmt die Sichtweisen von Kindern und Jugendlichen in Deutschland in den Blick

Pia Block, ehem. Gesundheit Berlin-Brandenburg

Schlagwörter:Armut, Geflüchtete, Jugendliche, Kinder, Soziallage

Was ist Kin­dern und Ju­gend­li­chen wich­tig? Welche Vorstellungen haben sie in Be­zug auf ein gesundes Leben? Welche Res­sour­cen kön­nen sie be­nen­nen? Welche Herausforderungen begegnen ih­nen und wel­che Bedarfe for­mu­lie­ren sie? Zu diesen und vielen weiteren Fra­gen kann kei­ner genauere Aus­sa­gen tref­fen als Kinder und Ju­gend­li­che selbst. Viele Aktivitäten der Ge­sund­heits­för­de­rung und Prä­ven­ti­on rich­ten sich an sie. Ih­re Sichtweisen sind da­her für die Ge­stal­tung und Wei­ter­ent­wick­lung wirksamer An­ge­bo­te und Strukturen un­ver­zicht­bar und dür­fen in der politischen, wissenschaftlichen und öffentlichen Dis­kus­si­on nicht feh­len.
Nachdem die Beteiligung von Kin­dern in der For­schung lange Zeit kaum beachtet wurde, wer­den nun vermehrt Kinder und Ju­gend­li­che als Ex­per­tin­nen und Ex­per­ten ih­rer eigenen Lebenswelt ernst genommen. Es lie­gen in­zwi­schen zahlreiche Stu­di­en vor, die wertvolle Erkenntnisse und Einblicke in die Lebenswirklichkeiten junger Menschen lie­fern so­wie wich­tige Emp­feh­lung­en und An­for­de­rung­en für Politik und Pra­xis be­reit halten. Eine Aus­wahl aktueller Stu­di­en, die Kin­dern und Ju­gend­li­chen ei­ne Stim­me ge­ben, haben wir für Sie zusammengefasst:

Angekommen in Deutschland - wenn geflüchtete Kinder erzählen (2016)

Innerhalb der aktuellen öffentlichen Diskussionen be­züg­lich Flucht und Vertreibung wer­den begleitete minderjährige Kinder nicht hinreichend betrachtet. Hier setzt die im März 2016 von World Vision Deutsch­land und der Hoffnungsträger Stif­tung veröffentlichte Stu­die „Angekommen in Deutsch­land - wenn geflüchtete Kinder er­zäh­len“ an. Auf Grund­la­ge von neun qualitativen Interviews mit Kin­dern aus Sy­ri­en, Af­gha­ni­stan, Eri­trea, Ser­bi­en, dem Iran und aus dem Ko­so­vo zeigt die Stu­die auf, was es bedeutet, als Kind mit der Fa­mi­lie auf der Flucht zu sein und in einem frem­den Land anzukommen. Die Stu­die macht deut­lich: Die Bedürfnisse der Kinder wer­den nur un­zu­rei­chend berücksichtigt. Per­spek­tiv­lo­sig­keit und Existenzängste las­ten schwer auf den Kin­dern. Allerdings be­tont die Stu­die auch die Res­sour­cen der Kinder, wie der Wil­le zu Lernen oder die sozialen Netzwerke, und liefert da­mit wichtige Anknüpfungspunkte, wie diese Potentiale bes­ser wahrgenommen und geflüchtete Kinder bes­ser unterstützt wer­den kön­nen.

Das World Vision-Institut hat bei der Durch­füh­rung der Stu­die mit der Goethe-Universität Frankfurt, dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, der Hoffnungsträger-Stif­tung und der Stif­tung „Children for Tomorrow“ zu­sam­men gearbeitet.

Nähere Informationen finden Sie hier. Außerdem finden Sie hier einen knapp viertelstündigen Video-Beitrag von TV.Berlin zur Publikation.

Kinder. Armut. Familie (2015)

Aufwachsen in Ar­mut ist für mehr als zwei Millionen Kinder in Deutsch­land Re­a­li­tät. Doch was Ar­mut für den Fa­mi­lienalltag bedeutet, wel­che Un­ter­stüt­zung sich be­trof­fene Fa­mi­lien wün­schen und wa­rum bestehende Un­ter­stüt­zungsangebote nicht bei ih­nen an­kom­men, da­rü­ber ist we­nig be­kannt. Be­trof­fe­ne kön­nen ei­nen bedeutenden Bei­trag bei der Be­ant­wor­tung die­ser Fra­gen leis­ten - sie selbst wer­den je­doch zu sel­ten gehört. Die Welt durch ih­re Au­gen zu se­hen, ist da­her das Ziel der Bertelsmann-Stu­die „Kinder. Ar­mut. Fa­mi­lie“. Hier kom­men Fa­mi­lien, die von Ar­mut be­trof­fen sind, so­wie Fachkräfte aus Kom­mu­nen zu Wort. Die Stu­die schafft ei­nen ganzheitlichen Blick auf den Fa­mi­lienalltag und vermittelt an­schau­lich, was es für Mütter, Väter und Kinder in Deutsch­land bedeutet, in Ar­mut zu le­ben: z. B. in wel­chen Bereichen sie Mangelerfahrungen ma­chen, wie sie Res­sour­cen mo­bi­li­sie­ren, wie sehr sie sich um ih­re Kinder und deren Zu­kunft sor­gen, wie schwer ein Fa­mi­lienalltag ist, in dem Er­zie­hung viel häufiger Verzicht bedeutet.

Auf der Grund­la­ge die­ses Erfahrungswissens wer­den konkrete Hand­lungs­empfeh­lun­gen für ei­ne passgenaue Un­ter­stüt­zungslandschaft für Fa­mi­lien herausgearbeitet.

Nähere Informationen finden Sie hier.

Wie ticken Jugendliche 2016? Lebenswelten von Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren in Deutschland. (2016)

Auf der Grund­la­ge von 72 qualitativen Tiefeninterviews liefert die Stu­die zum dritten Mal in Fol­ge (2008, 2012) ei­ne offene und alltagsnahe Be­stands­auf­nah­me der soziokulturellen Verfassung der jun­gen Ge­ne­ra­ti­on. Die vom SINUS-Institut durchgeführte Stu­die bildet die Vielfalt der Per­spek­ti­ven in Form von sie­ben Lebenswelten ab. Neben anschaulichen Einblicken in Lebensalltag, Wertehorizonte und Alltagsästhetik wer­den die Sichtweisen der Ju­gend­li­chen zu Themen wie digitale Me­di­en und digitales Lernen, Mobilität, Nach­hal­tig­keit, Lie­be und Part­ner­schaft, Glau­be und Re­li­gi­on, Geschichtsbilder, Na­ti­on und nationale Iden­ti­tät so­wie Flucht und Asyl dargestellt. In zahlreichen Zitaten und kreativen Selbstzeugnissen kom­men die Ju­gend­li­chen da­bei ungefiltert zu Wort. Zum ersten Mal wurde 2016 die Me­tho­de des Participatory Youth Research eingesetzt, bei dem Ju­gend­li­che selbst als In­ter­vie­wende ih­re Fra­gen einbringen konnten.

An der SINUS-Ju­gendstudie 2016 sind folgende Part­ner beteiligt: Arbeitsstelle für Ju­gendseelsorge der Deut­schen Bi­schofs­kon­fe­renz (afj), Bund der Deut­schen Katholischen Ju­gend (BDKJ), Bun­des­zen­tra­le für politische Bil­dung/bpb, Deut­sche Kinder- und Ju­gendstiftung (DKJS) und VDV-Akademie. Die SINUS:akademie bietet Vorträge, Workshops und weitere Veranstaltungsformate zur Stu­die an. Näheres er­fah­ren Sie hier.

Unter dem Ti­tel „Wie ti­cken Ju­gend­li­che 2016? Lebenswelten von Ju­gend­li­chen im Al­ter von 14 bis 17 Jahren in Deutsch­land“ wird die Un­ter­su­chung bei Sprin­ger VS publiziert. Erstmals wer­den die Ergebnisse über die Open Access Platt­form des Verlags in digitaler Form auch kos­ten­los zur Verfügung ste­hen (Link).

17. Shell-Jugendstudie (2015)

„Die junge Ge­ne­ra­ti­on befindet sich im Auf­bruch. Sie ist an­spruchs­voll, will mitgestalten und neue Horizonte erschließen.“

Auch in der 17. Shell Ju­gendstudie wurden 2015 er­neut 2.558 Ju­gend­li­che im Al­ter von 12 bis 25 Jahren aus Deutsch­land zu ihrer Lebenssituation und zu ihren Ein­stel­lung­en und Ori­en­tie­rung­en per­sön­lich befragt. Die Er­he­bung fand so­wohl in Form ei­nes standardisierten Fragebogens statt als auch mit ergänzenden vertiefenden Interviews. Bereits seit 1953 beauftragt Shell in Deutsch­land Stu­di­en von unabhängigen Forschungsinstituten, um Sichtweisen und Er­war­tung­en der Ju­gend zu do­ku­men­tie­ren. Ein Er­geb­nis: Insgesamt ist die Ju­gend durch ei­ne positive Grund­hal­tung gekennzeichnet und die Mehr­heit der Befragten (61 Pro­zent) bli­cken op­ti­mis­tisch in die Zu­kunft. Bei Ju­gend­li­chen aus so­zi­al schwachen Schich­ten hingegen ist das häufig nicht der Fall. Wie schon im Jahr 2010 äußert sich von ih­nen nur ein Drittel (33 Pro­zent) op­ti­mis­tisch hinsichtlich der eigenen Zu­kunft. Die Befunde im qualitativen Teil der Shell Ju­gendstudie zei­gen zu­dem, wel­che Be­deu­tung ein stabiler so­zi­aler Nahraum aus Eltern, Freun­des­kreis, Frei­zeit und Beziehung für die Ju­gend­li­chen hat.

Näheres zur Studie finden Sie hier.

Der internationale Blick

Auch in anderen Ländern wird die Sichtweise von Kin­dern und Ju­gend­li­chen zunehmend berücksichtigt. Ein Bei­spiel hierfür ist die Stu­die "Children's World, the International Survey of Children's Well-Being (ISCWeB)". Dabei wurden bis­her mehr als 56.000 acht- bis zwölfjährige Kinder in 16 Ländern, verteilt über vier Kontinente, hinsichtlich ihrer Er­fah­rung­en, Ansichten und ihres subjektiven Wohlbefindens befragt.

Nähere Informationen in englischer Sprache finden Sie hier.

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