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Angebotsdarstellung

Good Practice

Veröffentlichung: 2009

Neues Altern in der Stadt - NAIS Bruchsal

Kurzbeschreibung mit Zielen und Maßnahmen

Logo_NAIS

Das Bruchsaler Projekt „Neues Altern in der Stadt“ (NAIS) bietet vor dem Hintergrund des demografischen Wandels allen Bevölkerungsgruppen, aber insbesondere sozial Benachteiligten, Gesundheitsförderung und Prävention an. Es wird seit 01.01.08 getragen von der Stadt Bruchsal, in der Pilotphase von 2006 bis 2007 wurde es unterstützt von der Bertelsmann-Stiftung. Darüber hinaus bemühen sich die Projektverantwortlichen um Fördermittel im Rahmen thematisch passender Ausschreibungen. Fünf Arbeitsgruppen zu den Themen „Bewegung und Ernährung“, „Pflege ist mehr“, „Geistig fit und aktiv“, „Präventive Hausbesuche“ und „Wegweiser“ ermitteln Bedarfe, vernetzen und werben für bestehende Angebote, überprüfen und optimieren deren Qualität und initiieren gegebenenfalls neue Angebote.

Zu den bestehenden und geplanten Maßnahmen gehören beispielsweise öffentliche Kochkurse, Bewegungs- und Ernährungsberatung, die Überprüfung der Möglichkeiten zur Gemeinschaftsverpflegung und Erleichterung des Zugangs für ältere Menschen, die Verbesserung der Angebote der Stadtbibliothek, ehrenamtliche Besuchsdienste zur verbesserten Integration und die Erstellung eines Wegweisers, der die Angebote der Stadt übersichtlich bündelt und als persönliche Informationsbroschüre angelegt ist.

Dokumente zur Darstellung des Angebotes


Kontakt

Herr Volker Falkenstein
Campus 1
76646 Bruchsal (Baden-Württemberg)

Telefon: 07251 / 79357

E-Mail: volker.falkenstein(at)bruchsal.de

Website: https://www.neuesaltern.de/


Projektträger

Stadt Bruchsal
Campus 1
76646 Bruchsal


Hintergrund

Der demografische Wandel stellt eine zentrale Herausforderung für Deutschland dar. Von der Gestaltung dieser gesellschaftlichen Veränderung hängt die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft maßgeblich ab. Wesentliche Merkmale des demografischen Wandels sind ein deutlicher Bevölkerungsrückgang bei gleichzeitigem Anstieg der Zahl älterer Menschen und von Menschen mit Migrationshintergrund. Besonders in den Kommunen entstehen vielfältige Chancen und Anforderungen, diesem Phänomen gerecht zu werden. In vielen Kommunen zeigen sich bereits jetzt Folgen des demografischen Wandels, die langfristig zunehmen und diverse Auswirkungen auf das Zusammenleben haben werden. Dennoch fehlt vielerorts noch ein Entwurf für die Bewältigung dieser Herausforderung, in vielen kleineren und mittelgroßen Städten fehlt es an einer integrierten Altenplanung, die sich an den Lebensstilen, Lebenslagen und Lebenswelten der Bevölkerung orientiert. Die Diskussion wird oft von negativen Altersbildern geprägt, Ressourcen und Potenziale Älterer werden nicht ausreichend berücksichtigt. Doch gerade hier liegen die Chancen für die Weiterentwicklung des sozialen Miteinanders, denn auch viele ältere Menschen suchen nach einer aktiven und produktiven Rolle in der Gesellschaft und verfügen über Ressourcen wie zum Beispiel Zeit und Lebenserfahrung, die in keiner anderen Generation so vorhanden sind. Die Chancen des demografischen Wandels bestehen in der steigenden Lebenserwartung, im besseren Gesundheitszustand im Alter, im besseren Bildungsstatus, in den unausgenutzten Potenzialen für bürgerschaftliches Engagement und in den größeren finanziellen Spielräumen und den daraus entstehenden Möglichkeiten für zusätzliches Wirtschaftswachstum.

Die Bruchsaler Bevölkerung wird in den kommenden Jahren laut dem Demografiebericht Landkreis weiter leicht wachsen. Bis ins Jahr 2025 wird ein Bevölkerungsrückgang von 0,7% prognostiziert. Laut aktuellem Entwurf des Kreispflegeplans, der eine Zeitspanne bis 2015 umfasst, wird die Zahl der Hochbetagten über 80 Jahre um lediglich 18% steigen. Der demografische Wandel wird daher mit Verzögerung spürbar. Damit steht Bruchsal im Vergleich zu vielen deutschen Kommunen derzeit günstig da. Die Zufriedenheit mit den Lebensbedingungen ist darüber hinaus überdurchschnittlich hoch. In der Veränderung der Altersmischung und den daraus abzuleitenden Bedarfen hat der demografische Wandel jedoch bereits eingesetzt. Aus diesem Grund ist es für Bruchsal wichtig, dass es sich jetzt bereits auf die Folgen einstellt und Strategien entwickelt, um den Herausforderungen angemessen zu begegnen.


Vorgehen

Im Jahr 2005 hat die Bertelsmann Stiftung das Pilotprojekt „Neues Altern in der Stadt“ (NAIS) mit dem Ziel ins Leben gerufen, in den Modellkommunen eine Neuausrichtung der Seniorenpolitik zu initiieren, um dort so eine langfristige Sicherung der Lebensqualität herbeizuführen. Dies soll mit Gesundheitsförderung, Prävention und Rehabilitation erreicht werden. Das Projekt soll die demografische Entwicklung transparent machen, um so die Bevölkerung für deren Chancen zu sensibilisieren. Die soziale Teilhabe der Einzelnen soll verbessert und vor allem Ältere sollen an den Planungsprozessen beteiligt werden. Die Stadt soll sich an den Chancen, Ressourcen, Bedürfnissen und Lebensstilen älterer Menschen orientieren, um so das bürgerschaftliche Engagement sowie die Akzeptanz des Projektes zu erhöhen. Wichtige Erfolgsfaktoren sind eine breite politische Unterstützung und die Beteiligung möglichst vielfältiger Akteure.

NAIS in Bruchsal wählt nicht speziell die Gruppe der Älteren als Zielgruppe, sondern richtet sich an alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt, egal ob jung oder alt, und will ein Gesamtkonzept für alle bieten. Dadurch werden auf nicht-stigmatisierende Weise auch sozial benachteiligte Gruppen erreicht. Dies geschieht insbesondere auch durch die Implementierung spezieller Angebote im Projektgebiet Soziale Stadt. Alle Angebote sind zugänglich für die Bewohnerinnen und Bewohner der Kernstadt und der fünf Stadtteile. Außerdem wird bei allen Angeboten des Projekts auf Niedrigschwelligkeit geachtet. Diese hat verschiedene Facetten.

Ein wichtiger Ansatz ist es, Angebote zu den Menschen zu bringen. Hierzu zählen beispielsweise ein Bewegungsangebot für Hochbetagte an der Stirumschule im Gebiet „Soziale Stadt“ und präventive Hausbesuche. Ziel der präventiven Hausbesuche ist es, durch vertrauliche Direktansprache Bedarfe zu erkennen, Vereinsamungstendenzen vorzubeugen und passende Hilfen zu vermitteln. Die Umsetzung erfolgt mit Unterstützung der Ehrenamtlichen durch eine Steuerung des hauptamtlichen Projektleiters und der Quartiersmanager. Wichtig ist hierbei auch, dass die Angebote sehr geringe Kosten bei den Nutzern verursachen, um finanziellen Hindernissen für eine Teilnahme vorzubeugen. Die Öffnung der Stadtbibliothek an Markttagen ist eine weitere Maßnahme, die es wenig mobilen Menschen ermögicht, einen Marktbesuch mit einem Bibliotheksbesuch zu verbinden und durch die Angebote der Bibliothek „geistig fit und aktiv“ zu bleiben.

Das Projekt „Neues Altern in der Stadt“ war während der Förderung durch die Bertelsmann Stiftung in die drei Phasen Analyse, Aktion sowie Abschluss und Transfer unterteilt. In Bruchsal besteht das Projekt in seiner praktischen Umsetzung auch nach Ende der Förderung Ende November 2007 weiter bzw. man macht sich erst richtig auf den Weg. Der Gemeinderat hat im Frühjahr 2009 die Sanierung des Haus der Begegnung zum Familienzentrum als weiteren Baustein beschlossen. Dafür werden Mittel von 3,2 Mio. Euro eingesetzt.

Die Analysephase
Zunächst galt es in Bruchsal die Probleme zu erkennen und zu benennen, die die Bürgerinnen und Bürger beschäftigen und die der Verbesserung bedürfen. In einem ersten Schritt wurde offen zu einer „Zukunftswerkstatt“ eingeladen, in der die rund 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmer herausarbeiteten, was sie an Bruchsal stört und was verbessert werden muss, aber auch, was ihnen an ihrer Stadt gefällt. Aus dieser Zukunftswerkstatt entstand der ehrenamtliche Initiativkreis NAIS. Hier engagieren sich für die Bruchsaler Seniorenpolitik und -arbeit relevante Aktive aus Politik, den Wohlfahrtsverbänden, der Stadtverwaltung, Einrichtungen und Institutionen sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger (insgesamt 25 Personen). Der Initiativkreis entwickelt auf einer breiten kommunalen Datenlage Handlungsempfehlungen, um Themenfelder mit einem hohen Handlungsbedarf zu ermitteln.

Hierzu wurde das Verfahren der Szenariotechnik in 9 Sitzungen angewandt Es handelt sich um ein Denkmodell, in dem positive Extremszenarien (wie könnte Bruchsal im besten Fall in 20 Jahren aussehen) und negative Extremszenarien (wie könnte Bruchsal im schlimmsten Fall in 20 Jahren aussehen) vorgegeben werden und die Beteiligten diese Szenarien gemeinsam ausmalen. Das Negativszenario sollte die Bruchsaler Akteurinnen und Akteure, Bürgerinnen und Bürger für die Problematik der Bruchsaler Seniorenpolitik sensibilisieren und deutlich machen, wie die Zukunft in Bruchsal im negativsten Fall aussehen könnte. Das Positivszenario hingegen sollte Chancen und Möglichkeiten einer zukunftsorientierten Seniorenpolitik aufzeigen.

Ein real mögliches visionäres Zukunftsmodell war das Ziel; die Beurteilungskriterien sowie notwendige (Daten-) Erhebungen wurden vorab erarbeitet bzw. erhoben. Die Ergebnisse wurden jährlich in einer Bürgerversammlung vorgestellt.

Zunächst identifizierte der Initiativkreis NAIS die Schwierigkeiten und Probleme älterer Bruchsalerinnen und Bruchsaler und konnte daraus ein Leitbild für die zukünftige Umsetzung der Seniorenpolitik erarbeiten. Als übergeordnete Idee entstand das Leitbild „2020: Bruchsal – eine innovative Stadt mit Wirtschaftskraft, in der sich Alt und Jung wohlfühlen und füreinander da sind“.
Es wurden Leitlinien in vier verschiedenen Bereichen entwickelt:
1. Seniorengerechte Infrastruktur statt Barrieren,
2. Integration statt Isolation,
3. gegenseitige Wertschätzung statt Missachtung,
4. Wohlstand und Wohlfühlen statt materieller Not.

Aus diesen Leitideen kristallisierten sich Projektideen heraus: ein Mehrgenerationenhaus in der Bruchsaler Kernstadt, die Projekte „Fit bis ins hohe Alter“, „Pflegebedürftigkeit geht mich an“, ein Bürgerhaus sowie ein Seniorenwegweiser.

Als Schwerpunktthemen wurden Gesundheitsförderung und Prävention ermittelt, da Gesundheit einer der entscheidenden Einflussfaktoren in den Szenarien war und der Haupteinflussfaktor für Lebensqualität ist.

Der Initiativkreis war die ganze Zeit offen für Menschen, die mitarbeiten wollten, so dass auch neue Bürgerinnen und Bürger hinzukommen konnten. Die Teilnehmerzahl bewegte sich daher zwischen 25 und 30 Personen.

Verschiedene Projektideen sind bzw. werden nun bereits Realität: Die inhaltliche Konzeption für das Mehrgenerationenhaus ist in der Zwischenzeit abgeschlossen. Derzeit werden die zu erwartenden Kosten ermittelt. Der \'Wegweiser – Nicht nur für Senioren\' wurde erstellt und bei der \'Mach mit Meile\' im September der Öffentlichkeit präsentiert. Das Konzept Präventive Hausbesuche ist erstellt, eine Vielfalt präventiver Angebote – auch schon für 2009 - umgesetzt bzw. konzipiert. Im Gebiet soziale Stadt wurden Bewegungsangebote geschaffen, im Jugendbereich engagiert sich seit Spätsommer 2008 ein Quartiersmanager und bietet kreative, sowie Sportangebote, ergänzt durch schulunterstützende Maßnahmen an. Ein Mittagstischangebot wurde im Haus der Begegnung eingerichtet. Ein Beratungsangebot (Beraterladen) durch Ehrenamtliche ist entstanden.

Die Aktionsphase
In der Aktionsphase sollten die identifizierten Leitlinien und Projektideen unter dem Gesichtspunkt der Gesundheitsförderung und Prävention konkretisiert werden. Es entstanden fünf Arbeitsgruppen, die sich jeweils mit einem Themenfeld näher beschäftigten. Diese Gruppen wurden nicht extern moderiert, sondern von gewählten AG-Sprecherinnen und -Sprechern vor Ort: extern von Thomas Altgeld als Berater für die Stadtverwaltung zum Thema Gesundheit, intern von Volker Falkenstein als städtischem Projektleiter sowie vom ehrenamtlichen Tandempartner Rolf Freitag.

1. Bewegung und Ernährung
Als Ziel setzte sich diese Arbeitsgruppe die bessere Vernetzung und Bewerbung vorhandener Angebote, Regeltermine und Aktivitäten in den Bereichen Bewegung, Sport, Tanz und Ernährung. Zusätzlich sollen diese bestehenden Angebote niedrigschwellig bekannt gemacht werden; Anzeigen in Zeitungen und dem Bruchsaler Amtsblatt, Flyer und eine eigene Internetplattform (www.neues-altern.de) sollen dies ermöglichen. Weitere neue Angebote wie Kochkurse an öffentlichen Orten mit großen Küchen sollen entstehen. Erste Kooperationen mit der AOK und dem Ernährungsamt des Landkreises haben bereits erfolgreich stattgefunden. Hier soll die Verbindung von Ernährung, Ernährungsberatung und geselligem Zusammensein im Vordergrund stehen. Eine weitere Idee ist ein Kochzirkel, der im Quartier generationenübergreifende Essenseinladungen in der Nachbarschaft initiiert. Bei all diesen Angeboten wird darauf geachtet, dass die Zugangsschwellen für ältere Menschen möglichst niedrig gehalten werden (Information, Angebote vor Ort, niedrige Kosten).

Geplant sind 2009 weiter generationenübergreifende Koch- und Bewegungsprogramme, Kooperationen mit der AOK, Ärzten und Therapeuten, Vereinen und die Auflistung von Mittagstischangeboten.

Seit den Sommerferien gibt es auch einen Mittagstisch für Kinder und ältere Bedürftige. Dieser erreicht im Haus der Begegnung im Projektgebiet Soziale Stadt etwa 30 Personen (Schüler und ältere Bedürftige) am Tag.

2. Pflege ist mehr
In dieser Arbeitsgruppe sind Bürgerinnen und Bürger Bruchsals damit beschäftigt, eine verbesserte Zusammenarbeit der Pflegeeinrichtungen vor Ort zu initiieren, besonders aber dazu anregt, sich mit dem Thema Pflegeeinrichtungen auseinanderzusetzen. Dadurch, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erfahren, wie die Arbeit tatsächlich aussieht und wie „es in einem Pflegeheim wirklich zugeht“, wird darüber hinaus ein neues Image von Pflege geschaffen. Es wird in Zukunft auch rechtliche Aufklärung zum Thema Pflege geben. Im Jahr 2009 werden Angebote aus der Seniorenbegegnungsstätte in Absprache mit den Einrichtungen zu den Menschen gebracht, eine neue Form von Begegnung und Offenheit wird so möglich.

3. Geistig Fit und Aktiv
Auch diese Arbeitsgruppe hat sich zum Ziel gesetzt, eine bessere Vernetzung und darüber hinaus eine Angebotsoptimierung zu erreichen und gegebenenfalls neue Projekte zu starten. Zu den Erfolgen zählt unter anderem, dass die Angebote der Stadtbibliothek ab 2009 verbessert werden, unter anderem durch weitere Öffnungsstunden am Mittwochvormittag beim Wochenmarkt. Eine Seniorenbegegnungsstätte wird unterstützt in der Vorträge, therapeutische Angebote, geselliges Beisammensein, Spiel und Spaß stattfinden und wo ältere Menschen zum Beispiel den Umgang mit dem Computer erlernen. Die Begegnungsstätte verzeichnet derzeit im Durchschnitt 150 Besucherinnen und Besucher, das Internetcafé etwa 50. Das CappuKino – ein Projekt mit dem ansässigen Kino – führt Menschen zusammen, die das Kino sonst nicht besuchen und oft alleine leben, wie Nachfragen gezeigt haben. Es erreicht mittlerweile bei den einzelnen Filmen jeweils bis zu 200 Zuschauer. Darüber hinaus hat sich eine Gruppe gebildet, die anschließend zusammen essen geht – ein neuer großer Treff, auch um neue oder geplante Angebote zu bewerben.

Weiter werden Lesestunden beim Altenzentrum angeboten. Die Musik- und Kunstschule führt dort ein generationenübergreifendes Theaterprojekt durch.

Ein noch zu erreichendes Ziel ist die Einrichtung mobiler Angebote wie einer Bibliothek auf Rädern.

4. Präventive Hausbesuche
Die Einrichtung eines Quartiersmanagements, das präventive Hausbesuche für ältere, sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen organisiert und vornimmt, soll Barrieren vorhandener Angebote abbauen und den Zugang zur Gruppe der sozial Benachteiligten, besonders auch zu Migrantinnen und Migranten, erleichtern. Hierfür wurde bereits von der NAIS AG ein Konzept ausgearbeitet. Dieses soll ab Januar 2009 im Projektgebiet Soziale Stadt als bundesweites Pilotprojekt umgesetzt werden. Ein Netzwerk aus Quartiersmanagement – kommunale Projektsteuerung – Ehrenamtsbeteiligung – NAIS Netzwerk mit Unterstützung des Landkreises soll helfen, neue Wege aufzuzeigen.

5. Wegweiser
Diese Arbeitsgruppe hat den \'Wegweiser - Nicht nur für Senioren\' erarbeitet, der alle relevanten Themen und Angebotsstrukturen vor Ort abdeckt. Außerdem wurde eine Internetplattform mit der Adresse www.neues-altern.de eingerichtet. Dort kann der Wegweiser auch digital heruntergeladen werden. Da nur Internetuser diese Plattform nutzen können, entsteht eine Vernetzung mit der Arbeitsgruppe „Geistig fit und aktiv“ und deren Angebotsidee Computerkurse für Ältere. In diesem Zusammenhang ist auch die Homepage des Kreisseniorenrates des Landkreises Karlsruhe www.ksr-ka.de entstanden, die für die Bevölkerung ergänzende Informationen bereithält. Herr Freitag als Tandem des Projektleiters ist Vorsitzender des Kreisseniorenrates für führt so die Themen mit Unterstützung des Landkreises auch auf Kreisebene zusammen.

Parallel zu diesen Arbeitsgruppen wurde zu zwei Unternehmensforen eingeladen, mit dem Ziel, ein Bruchsaler Aktionsbündnis - „Fit für den demographischen Wandel – mit leistungsfähigen MitarbeiterInnen“ - zu gründen. Das Interesse der ansässigen Unternehmen ist sehr hoch und der Austausch konnte mit Beteiligung der AOK, der Wirtschaftsförderung und der AG Sport in Bruchsal verstetigt werden. Die 40 eingeladenen Unternehmen (Teilnahme je Treffen ca. 25 Unternehmen, die zusammen rund 6000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vertreten) tauschen sich aus und lernen voneinander. Kooperationsmöglichkeiten werden ausgelotet, eine Internetplattform ist auch hier angedacht. Krankenkassen, die kommunale Wirtschaftsförderung und die Arbeitsgemeinschaft Sport sind wichtige Netzwerkspartner, um eine Win Win Situation für alle zu schaffen. Im Frühjahr 2009 steht ein weiteres Treffen an mit dem Ziel, konkrete Unterstützungsvereinbarungen zu treffen.

Abschluss- und Transferphase
In dieser Phase wurden die Projektergebnisse und Methoden zusammengefasst, ausgewertet und veröffentlicht. Diese Zusammenfassung soll auch anderen Kommunen zur Verfügung stehen. Das Handbuch der Bertelsmann Stiftung soll bis Sommer 2009 erscheinen.

Das Bruchsaler Projekt „Neues Altern in der Stadt“ besteht in seiner praktischen Umsetzung und mit seinen Arbeitsgruppen und Arbeitskreisen auch nach Beendigung der Förderung durch die Bertelsmann Stiftung im November 2007 weiter. Notwendige Gemeinderatsbeschlüsse bestehen, um eine Nachhaltigkeit und Verstetigung zu erreichen.

Empfehlungen zur Übertragbarkeit
- Ein zentraler Punkt bei der Einführung vergleichbarer Projekte ist es, von Anfang an darauf zu achten, dass haupt- und ehrenamtlich Tätige zusammenarbeiten.
- Unabhängig von der angewandten Technik (Szenariotechnik, Zukunftswerkstatt...) ist darauf zu achten, dass ein partizipativer Prozess - nicht nur von Haupt- und Ehrenamtlichen, sondern auch mit den Betroffenen - in Gang kommt. Die Bürger, für welche die Maßnahmen ja letztendlich gedacht sind, müssen in jeder Phase des Projekts beteiligt sein. Andernfalls besteht die Gefahr, dass an ihren Bedürfnissen vorbei geplant wird.
- Der gesamte Prozess von den ersten Überlegungen bis zur Implementierung sollte möglichst von einer Moderatorin / einem Moderator moderiert werden, die / der von allen Beteiligten akzeptiert wird. Damit wird gewährleistet, dass Bürgerinnen und Bürger verschiedenster Disziplinen und Herkunft respektvoll, effektiv und erfolgreich zur Erreichung des gemeinsamen Ziels beitragen. Klare Spielregeln sind eine weitere Voraussetzung. Eine externe Begleitung kann deshalb von Vorteil sein.
- Die Hauptamtlichen brauchen Zeit, die sie ausschließlich für das Projekt zur Verfügung haben. Sie müssen auch zu Samstags- und Sonntagsarbeit bereit sein und eigene Motivation mitbringen.
- Das Projekt braucht politische Rückendeckung. Eine politische Willenserklärung bzw. ein Gemeinderatsbeschluss ist anzustreben.
- Die Verwaltungsspitze muss das Vorgehen zu 100% tragen und Entwicklungsspielräume zulassen.
- Der Prozess muss dokumentiert sein. Es ist sinnvoll, eine Vernetzungsmatrix zu erstellen. Diese hilft dabei, den roten Faden für alle Interessierten erkennbar zu machen und bewahrt bei einer externe Betrachtung durch nachvollziehbare Schritte und belegbare Ergebnisse mit einer wissenschaftlichen externen Überprüfung vor einer oberflächlichen und unsachlichen Diskussion.


Good Practice in

Partizipation

Das komplette Projekt mit seinen Ideen und Ergebnissen ist in einem durchgängig partizipativem Prozess mit und durch die Bruchsaler Bevölkerung weiterentwickelt und durchgeführt worden. Immer wieder wurde die gesamte Bevölkerung Bruchsals in offenen Briefen und mit Befragungen angesprochen, sich aktiv am Projekt zu beteiligen. Auch nach Abschluss der Planungsphase stehen alle Gremien der breiten Bevölkerung offen. Die Prioritätenliste aus der das Thema Gesundheitsförderung und Prävention hervorgegangen ist, wurde aus diesem Prozess entwickelt.

Zum Projekt gehörte eine Befragung der Bruchsaler Öffentlichkeit, in der mit einem Rücklauf von 40 Prozent bzw. rund 1200 Personen eine hohe Beteiligung zu verbuchen war. Zu Projektbeginn wurden alle Bürgerinnen und Bürger von der Stadt Bruchsal zu einer Zukunftswerkstatt eingeladen, in der sie äußern konnten, was sie sich für die Zukunft wünschen und was ihnen aktuell an der Stadt Bruchsal nicht gefällt. Aus dieser Zukunftswerkstatt entstand ein Bürgerinitiativkreis, der sich mit den ermittelten Themen beschäftigte und Leitbilder für das Projekt und die Stadt entwickelt hat. Dies geschah in demokratischen Verfahren. Im Zuge dieser Leitbildfindung wurde eine Bürgerversammlung einberufen, um mit möglichst hoher Beteiligung der Bruchsalerinnen und Bruchsaler deren Visionen und Wünsche zu ermitteln, um diese anschließend im erweiterten Initiativkreis zu bearbeiten und in Ideen für eine Umsetzung zu formen. Zur Bearbeitung der einzelnen Themen haben sich ehrenamtliche Arbeitsgruppen konstituiert.

Jeder hat die Möglichkeit, seine Meinung zu äußern. Die Verfahren stimmen immer alle Interessierten gemeinsam miteinander ab. Die Treffen, sowohl die der Arbeitsgruppen als auch des erweiterten Initiativkreises, stehen in ihrer Struktur allen Interessierten aller Altersgruppen offen. So wird eine Vielfalt an Meinungen und Ideen gesammelt und in die Bearbeitung aufgenommen. Die kommunale Projektleitung sichert die sozialpolitisch notwendige Feinabstimmung und Vorbereitung der Beschlüsse.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bewerten die Angebote, wie zum Beispiel Koch- und Bewegungskurse. Je nachdem, wie gut die Angebote angenommen werden, müssen sie weiter aktualisiert, verbessert und verändert werden. Da die Ehrenamtlichen sehr hohe Ansprüche an ihr Projekt stellen, arbeiten sie stark ergebnisorientiert und stellen auch hohe Ansprüche an sich selbst und ihre Arbeit in den jeweiligen Arbeitsgruppen.

Bruchsal hat diesen teilweise sehr aufwändigen Weg als den für die Stadt richtigen Weg erlebt, denn so ließ sich eine ausgewogene Mischung zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen erreichen, die Hand in Hand zusammenarbeiten. Die Initiative findet große Akzeptanz in der Bevölkerung, es handelt sich um „unser Bruchsaler Projekt“. Auch erleichtert die Mitarbeit der Ehrenamtlichen viele Zugänge. So werden mehr Menschen, und dabei besonders sozial Benachteiligte, erreicht (insgesamt monatlich ca. 600-700).

Integriertes Handeln

Bruchsal ist es mit dem Projekt NAIS gelungen, eine Vielfalt an Menschen, Organisationen und Angeboten zu vernetzen. Es entstanden kontinuierliche Beziehungen, in denen gemeinsam die Projektinhalte und Projektziele erarbeitet werden. Nur die fachliche Lenkung übernehmen weiterhin Experten.

Zu den Kooperationspartnern gehören unter anderem der Kreisseniorenrat, die Lebenshilfe Bruchsal-Bretten, das evangelische Altenzentrum, die Volkshochschule, ortsansässige Ärzte, die AOK Mittlerer Oberrhein, die DAK, die kommunale Wirtschaftsförderung zum Thema Betriebliche Altersvorsorge, zahlreiche Bruchsaler Firmen, die Musik- und Kunstschule, die Käthe-Kollwitz-Schule, die AWO, der ASB, der Caritasverband, Diakonie, DRK, die AG Sportvereine, das Cineplex Bruchsal, Stadtbibliothek ehrenamtliche Bruchsaler Seniorengremien, kirchliche Institutionen und der ortsansässige Handel.

Diese Kooperationspartner finden Themen und erarbeiten Umsetzungsmöglichkeiten an einem Runden Tisch beziehungsweise in Arbeitskreistreffen. Ein weiterer aktueller Ansatz ist die begonnene Zusammenarbeit mit dem ortsansässigen Handel. In Kooperation mit dem Kreisseniorenrat sowie dem städtischen Seniorenrat können einzelne Geschäfte in Kürze eine Zertifizierung als „Seniorenfreundlicher Handel“ erhalten.

In Bruchsal ist es also gelungen, Akteure aus nahezu allen Bereichen des öffentlichen Lebens an einen Tisch zu bekommen und gemeinsam über Projektinhalte und Projektziele zu sprechen und zu verhandeln. Eine solch vielfältige Kooperation erleichtert die Ideenfindung ebenso wie die gemeinsame Zielüberprüfung. Unterschiedliche Interessen werden wahrgenommen und ins Projekt integriert. Aus diesem Grund stößt das Projekt NAIS in Bruchsal auf große Akzeptanz und Unterstützung, was den Fortbestand auch über die Förderung durch die Bertelsmann Stiftung gewährleistet.

Qualitätsmanagement

Durch die enge Zusammenarbeit mit dem Projektmanagement der Bertelsmann Stiftung, das auch weiter beratend zur Seite steht, wissenschaftlicher Begleitung und Evaluation von Instituten und Experten bis 2007 sowie der externen Begleitung durch den Geschäftsführer der Landesvereinigung Gesundheit Niedersachsen Thomas Altgeld bestand und besteht eine regelmäßige externe Überprüfung der einzelnen Projektinhalte und Projektziele. Zusätzlich tauschen sich die Mitglieder der einzelnen Arbeitsgruppen regelmäßig aus, prüfen den Erfolg der Angebote und überarbeiten, ergänzen und erneuern sie gegebenenfalls. In einem jährlichen Bürgerforum werden den Bruchsalerinnen und Bruchsalern die aktuellen Aktivitäten vermittelt. Über diese Information hinaus findet auch hier ein Austausch statt, in dem weitere Wünsche und der Grad an Zufriedenheit bei den Bürgerinnen und Bürgern erfasst werden. Auch eine jährliche Projektdokumentation zur Vorlage beim Gemeinderat überprüft, inwieweit die Ziele erreicht wurden. Die Qualitätssicherung während der Förderungsphase hat die Bertelsmann Stiftung überwacht.


Literatur

Bertelsmann Stiftung (2006). Neues Altern in der Stadt. Leitbildentwurf für Szenarien für Bruchsal 2020, Gütersloh, Verlag Bertelsmann-Stiftung.

www.bertelsmann-stiftung.de/bst/de/media/xcms_bst_dms_20160_20161_2.pdf



Bertelsmann Stiftung (2008). NAIS - Neues Altern in der Stadt. Abschlussbericht für Bruchsal. Gütersloh, Verlag Bertelsmann-Stiftung.

Bertelsmann Stiftung (Hrsg.): Initiieren–Planen–Umsetzen, Handbuch kommunale Seniorenpolitik, erscheint 2009

Laufzeit des Angebotes

Beginn: November 2005

Abschluss: kein Ende geplant


Welche Personengruppe(n) in schwieriger sozialer Lage wollen Sie mit Ihrem Angebot erreichen?

  • Personen mit sehr niedrigem Einkommen (z.B. Personen im Niedriglohnsektor, Personen mit niedrigen Rentenbezügen)
  • Personen mit gesundheitsbelastenden und / oder prekären Arbeitsbedingungen
  • Personen in strukturschwachen Wohnregionen / Quartieren
  • Sozial isolierte und / oder vereinsamte Personen
  • Angehörige von Personen mit erhöhtem Unterstützungsbedarf

Das Angebot richtet sich insbesondere an folgende Altersgruppen

  • Altersgruppenübergreifend
  • 66 bis 79 Jahre

Das Angebot umfasst geschlechtsspezifische Angebote für

  • Keine geschlechtsspezifischen Angebote

Multiplikatorinnen und Multiplikatoren

Ehrenamtlich Aktive des Seniorenrates, Engagierte der Wohlfahrtsverbände


Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartner

Sportvereine, Seniorenrat, Wohlfahrtsverbände, Kirchen, Ärzte, Einrichtungen, Landesernährungszentrum, Firmen


Schwerpunkte des Angebotes

  • Bewegungs- und Mobilitätsförderung
  • Ernährung
  • Pflegebedürftigkeit (Prävention, Unterstützung)
  • Soziale Teilhabe (Integration, Inklusion)
  • Kommunale Strategie / Netzwerkarbeit

Das Angebot wird hauptsächlich in folgenden Lebenswelten umgesetzt

  • Familienzentrum
  • Pflegestützpunkt / Seniorenbüro
  • Pflegeheim / Tagespflegeeinrichtung / betreutes Wohnen

Qualitätsentwicklung

Was machen Sie, um die Qualität Ihres Angebotes weiterzuentwickeln?

Regelmäßige Angebotsüberprüfung - Weiterentwicklung mit Expertenrücksprache

Wie dokumentieren Sie Ihre Arbeit? (z.B. Konzepte, Handreichung)

Quelle der Veröffentlichung/URL: Abschlussbericht Analyseverfahren 2005-2007

Es ist kein Ergebnisbericht vorhanden.

Die Qualitätsentwicklung und Ergebnissicherung sind nicht in ein Qualitätsmanagementsystem eingebunden.


Stand

29.01.2024

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