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16.09.2025

Gesund in Berlin – Stadtteile im Blick: Was wirkt, was bleibt, was haben wir gelernt?

Carlotta Richter, Gesundheit Berlin-Brandenburg e. V.

Nachdem die erste Förderperiode von Gesund in Berlin – Stadtteile im Blick (GiB) im Zeitraum 2021 bis 2024 vergangenes Jahr geendet hat, liegt nun der ausführliche Evaluationsbericht vor. Doch was genau wurde eigentlich untersucht? Und was haben wir dabei gelernt? Der Artikel gibt einen Überblick.

Was ist GiB? 

„Gesund in Berlin – Stadtteile im Blick“ (GiB) ist ein Programm, in dem die gesetzlichen Krankenkassen, sechs Berliner Senatsverwaltungen und Akteur*innen der Berliner Bezirke zusammenarbeiten. Koordiniert durch die Landesarbeitsgemeinschaft Gesundheit Berlin-Brandenburg, verbindet es ressortübergreifende Kooperation auf Landes- und Bezirksebene mit einer lokalen Bedarfsanalyse und Entscheidungskompetenz vor Ort. Ziel ist es, Gesundheitsförderung in sozial benachteiligten Quartieren zu stärken. Dafür werden gesundheitsförderliche Angebote für besonders vulnerable Zielgruppen entwickelt und ausgebaut. Um dies zu erreichen, werden lokale Akteur*innen gezielt gestärkt und eine ressortübergreifende Zusammenarbeit gefördert.  

Mehr Informationen zu GiB und den umgesetzten Projekten finden Sie hier:
Homepage GiB - Gesund in Berlin - Stadtteile im Blick / Gesundheitsförderung Berlin 

Vergleichbare Projekte laufen auch in anderen Bundesländern: 
Niedersachsen - Gesundheit im Quartier | Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen e. V. 
Thüringen - Agethur: Förderprogramm Mittelpunkt Gesundheit 

Was wurde evaluiert? 

In einer Kombination aus qualitativen Interviews, quantitativen Befragungen und einer ausführlichen Dokumentenanalyse führte das IGES-Institut eine Struktur-, Prozess- und Ergebnisevaluation durch. Im folgenden Artikel werfen wir einen Blick auf die wichtigsten Ergebnisse dieser Bewertung. 

Das Steuerungsgremium auf Landesebene  

Eine zentrale Rolle für die strategische Ausrichtung von GiB spielt das Steuerungsgremium auf Landesebene. Hier kommen wichtige Akteur*innen, wie die ARGE GKV-Bündnis für Gesundheit, die QPK¹ sowie Vertreter*innen der Senatsverwaltungen, zusammen, um das Programm gemeinsam weiterzuentwickeln.  

Die Entscheidungsprozesse im Gremium wurden als sehr effizient erlebt. Besonders hervorgehoben wurde die vertrauensvolle Zusammenarbeit der Teilnehmenden und die Beteiligung verschiedener Ressorts, die als bereichernd empfunden wurde.  

Gleichzeitig wurde sichtbar, dass personelle Fluktuation an einigen Stellen zu Herausforderungen führte. In Zukunft sollen weitere Senatsverwaltungen gezielt eingebunden und die Kommunikation mit der Bezirksebene verbessert werden.  

In der zweiten Förderperiode ab 2025 wurden diese Punkte bereits insofern aufgegriffen, dass nun auch die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Umwelt und Klimaschutz als förderndes Mitglied hinzugewonnen werden konnte. 

Vor Ort vernetzt: Die bezirklichen Fachrunden 

Eine der Säulen der lokalen Umsetzung von GiB bilden die bezirklichen Fachrunden – Gremien, die in allen zwölf Berliner Bezirken eingerichtet wurden. Hier kommen unter anderem Vertreter*innen aus dem Gesundheitsamt und anderen Ämtern, dem Quartiersmanagement und Stadtteileinrichtungenzusammen, um konkrete Entscheidungen zu treffen: Welche Zielgruppen sollen adressiert werden? Welche Handlungsschwerpunkte sind besonders relevant? Und welche Träger eignen sich für die Umsetzung vor Ort? 

Die Fachrunden erwiesen sich vielerorts als wirkungsvolles Instrument: Gut vorbereitet und moderiert gelang es, unterschiedliche lokale Akteur*innen zusammenzubringen und bestehende Netzwerke gezielt zu nutzen. Auf belastbaren Daten basierende Bedarfsanalysen ermöglichten praxisnahe Einschätzungen, die in den meisten Fällen zur Auswahl eines passenden Trägers für neue Aktivitäten vor Ort führten. 

Entwicklungspotential zeigt sich hier in Bezug auf eine klarere Rollenverteilung innerhalb der Runden und die regelmäßigere Beteiligung aller relevanten Akteur*innen in den jeweiligen Bezirken. Dies wurde in GiB II direkt aufgenommen – so sind die Fachrunden nun deutlich mehr an der Planung und Begleitung der Projekte beteiligt. 

Konzeption und Umsetzung der Stadtteilprojekte: Bedarfsnah, aber nicht ohne Hürden 

Die Stadtteilprojekte stehen im Zentrum von GiB. Durch sie sollen die identifizierten Bedarfe vor Ort direkt angegangen werden. Grundlage für ihre Konzeption und Beantragung sind die Einschätzungen aus den bezirklichen Fachrunden. Dabei wurde in GiB I zwischen zwei Fördersträngen unterschieden: Förderstrang I orientiert sich an thematischen Schwerpunkten, die auf Landesebene festgelegt wurden. Förderstrang II hingegen basiert auf lokal gesetzten Bedarfen. 

Als besonders wirkungsvoll erwies sich der Ansatz, die Bedarfe in den bezirklichen Fachrunden zu ermitteln und diesen Gremien die Entscheidungskompetenz für die Auswahl der Projektträger zu übertragen. Dies spiegelte sich nicht nur in den positiven Prozessbewertungen wider, sondern auch in der erfolgreichen Ansprache von Zielgruppen, die sonst nur schwer zu erreichen sind.  

Etwas weniger effizient erwies sich hingegen der Ansatz, Inhalte und Träger der Projekte zentral vorzugeben. Hier zeigte sich, dass der Umsetzungserfolg stark von der Passung der vor Ort ansässigen Träger zu den Landesschwerpunkten abhing, und dass es bei der Anpassung an lokale Gegebenheiten häufiger zu Schwierigkeiten kam. 

Für beide Förderstränge gilt: Künftig sollen die bezirklichen Fachrunden noch stärker in die inhaltliche Ausgestaltung der Projekte eingebunden werden.  

Nachhaltigkeit: Bleibt GiB auch langfristig wirksam? 

Ein zentrales Ziel von GiB ist es, nicht nur kurzfristige Projekte anzustoßen, sondern dauerhafte Strukturen in den Stadtteilen aufzubauen.  

In Bezug auf Förderstrang I ergab sich, dass einige Projekte durch die Anbindung an andere bezirkliche Programme oder Finanzierungsquellen durchaus eine Chance auf Fortführung haben. Für die Projekte in Förderstrang II gilt das nur für einzelne Projekte. Hier fehlt es insbesondere an Möglichkeiten der Anschlussfinanzierung, aber auch der Fachkräftemangel und die oft kurzen Projektlaufzeiten wirken sich negativ auf die Nachhaltigkeit aus.  

Die Erkenntnis ist klar: Gute Projektideen allein reichen nicht aus, es braucht auch strukturelle und finanzielle Voraussetzungen, um erfolgreiche Ansätze langfristig zu sichern und so Nachhaltigkeit zu gewährleisten.  

Im Rahmen der zweiten GiB-Förderperiode wird hier bereits gegengesteuert: Einige Projekte aus dem Förderstrang II sollen gezielt weiterentwickelt werden. So entsteht die Chance, mehr//weitere erfolgreich erprobte Maßnahmen zu verstetigen und langfristig in den Stadtteilen zu verankern. 

Fazit  

Die erste umfassende Evaluation von „Gesund in Berlin – Stadtteile im Blick“ zeigt: GiB leistet einen wichtigen Beitrag für soziallagenbezogene Gesundheitsförderung in den Berliner Stadtteilen. Die Kombination aus ressortübergreifender Steuerung, lokaler Steuerung und niedrigschwelligen Angeboten trägt wesentlich dazu bei, gesundheitlichen Ungleichheiten in belasteten Quartieren entgegenzuwirken. Es sind viele bedarfsgerechte, praxisnahe Projekte entstanden und es ist gelungen, auch schwer erreichbare Zielgruppen anzusprechen. Gleichzeitig zeigt sich, dass die strukturelle Verankerung solcher Ansätze noch ausgebaut werden kann. Insbesondere personelle Engpässe und fehlende Anschlussfinanzierungen stehen der langfristigen Wirkung mancher Projekte im Weg. 

Doch GiB ist auf dem richtigen Weg: Die Erfahrungen aus der ersten Förderperiode liefern wertvolle Impulse für die Weiterentwicklung. Wenn es gelingt, nachhaltige Strukturen noch weiter abzusichern, kann das Programm weit mehr sein als eine zeitliche Fördermaßnahme – nämlich ein Modell für wirksame, quartiersnahe Gesundheitsförderung mit Zukunft! 

Den ganzen Bericht finden Sie hier: Evaluation des Programms „Gesund in Berlin – Stadtteile im Blick“ (GiB)  

¹Qualitätsentwicklung, Planung und Koordination des öffentlichen Gesundheitsdienstes 

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