14.04.2009
Gesund essen mit Hartz IV? - Diskussion zwischen Ministerin Aigner und Deutschem Ethikrat
Können Familien, die von Hartz IV leben, ihre Kinder gesund ernähren? Über diese Frage diskutieren derzeit Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Wissenschaftler/innen und der Deutsche Ethikrat. Letztere meinen, eine gesunde Ernährung von Kindern mit Hartz IV sei unmöglich. Demgegenüber betont Aigner gegenüber Medien, es mangele vor allem am Wissen über gesunde Ernährung.
Derzeit erhalten Kinder unter sechs Jahre 60 Prozent des Hartz IV-Regelsatzes eines Erwachsenen. Sie können davon täglich für 2,59 Euro essen. Das reicht nicht, betont Mathilde Kersting, Wissenschaftlerin am Dortmunder Forschungsinstitut für Kinderernährung, gegenüber Medien. Nach Kerstings Berechnungen klafft eine Differenz von rund 40 Prozent zwischen den Kosten für eine optimale Ernährung und den Hartz IV-Sätzen für Kinder.
Demgegenüber hält Bundesministerin Ilse Aigner die Hartz-IV-Sätze für ausreichend. Es stimme zwar, dass besonders ärmere Kinder oder Migranten-Kinder Übergewicht hätten. Dies liege aber nicht an mangelnder staatlicher Unterstützung, sondern an lückenhaften Kochkenntnissen und zu wenig Wissen über gesunde Ernährung, sagt Aigner gegenüber Medien.
Dieser Ansicht widerspricht Eckhard Nagel, Mitglied des Deutschen Ethikrats. Mitten im Überfluss seien viele Kinder in Deutschland heute mangelernährt, so Nagel gegenüber Medien. Sie nähmen zwar genügend Kalorien zu sich, äßen aber ungesund. Nagel plädiert dafür, öffentliche Gelder für Schulessen bereitzustellen. Es müsse ein „Signal“ geben, dass der Staat für die Gesundheit der Kinder Verantwortung übernehme.
Wohlfahrtsverbände wie der Deutsche Caritas Verband oder der Paritätische Wohlfahrtsverband fordern seit langem eine Anhebung der Hartz IV-Sätze für Kinder. Diese hatte erst unlängst das Bundessozialgericht verworfen und zur Neuverhandlung an das Bundesverfassungsgericht verwiesen (siehe dazu die Aktuelle Meldung vom 28.01.2009).
Den Zusammenhang zwischen bestimmten Krankheiten, Soziallage und Ernährung bei Kindern und Jugendlichen zeigen zahlreiche Studien, etwa die KiGGS-Studie des Robert Koch-Instituts. In der Praxisdatenbank finden sich zahlreiche Projekte, über die sozial benachteiligte Kinder, Jugendliche und ihre Familien Unterstützung finden. Einige Beispiele:
Gesund groß werden (Berlin)
Fit und stark fürs Leben (Magdeburg)