Die Düsseldorfer Gesundheitskonferenz rief eine Arbeitsgruppe ins Leben, um die bereits bestehenden Überlegungen und Initiativen zusammenzuführen. In dieser Arbeitsgruppe, die vom Jugendamt und Gesundheitsamt moderiert wird, sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Jugendhilfe, der Gesundheitshilfe, den Geburts- und Kinderkliniken, niedergelassene Kinderärztinnen und Kinderärzte, Hebammen, Wohlfahrtsverbände und andere für die gesundheitliche und soziale Versorgung verantwortliche Institutionen Düsseldorfs vertreten. An der Planung und
Entwicklung des Programms waren weiterhin die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie des Universitäts-Klinikums Ulm und die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf beteiligt.
Die Arbeitsgruppe begleitet und unterstützt das Programm „Zukunft für Kinder\", das durch eine frühzeitige individuelle Hilfeplanung, Förderung und Betreuung bei sozial und/oder benachteiligten Kindern dazu beiträgt, drohende Langzeitdefizite zu kompensieren. Dabei wurde insbesondere die Notwendigkeit einer multiprofessionellen Betreuung gesehen, um die unterschiedlichen Aspekte der (beeinträchtigten) Entwicklung der Kinder adäquat erfassen und diese in geeigneter Weise fördern zu können, ohne Kind und Eltern dabei zu überfordern. Das Programm ist niedrigschwellig angelegt und hat eine aufsuchende Arbeitsstruktur.
Das Jugend- und das Gesundheitsamt haben gemeinsam die Aufgabe der Koordination übernommen, sind jedoch in einem Netzwerk mit weiteren Partnern verbunden. Zentrale Kooperationspartner in diesem Zusammenhang sind:
- die Geburts- und Kinderkliniken
- die LVR - Kliniken der Heinrich-Heine-Universität
- die freiberuflichen (Nachsorge-)Hebammen
- niedergelassene Kinderärztinnen und Kinderärzte, Frauenärztinnen und Frauenärzte,
- sozialpädiatrischen Zentren sowie Spezialambulanzen von Kinderkliniken und anderen Fachkliniken,
- Einrichtungen zur Förderung von Motorik (Krankengymnastinnen und Krankengymnasten,
Egotherapeutinnen und Ergotherapeuten) und Sprache (Logopädinnen und Logopäden),
- Einrichtungen zur Frühförderung,
- Wohlfahrtsverbände sowie Gesundheitsamt und Jugendamt mit speziellen Angeboten der
psychosozialen Familienberatung und Familienbildung,
- Kindergärten und Kindertagesstätten mit speziellen Förderangeboten.
Entscheidend für den Programmerfolg ist der Zugang zum Hilfesystem. Um möglichst frühzeitig und systematisiert Kinder in Risikolagen erkennen und unterstützen zu können ist die Anmeldung entweder aus der Geburtssituation heraus oder bereits während der Schwangerschaft oberstes Ziel. Die Teilnahme am Programm ist freiwillig. Für die Anmeldung ist eine Einverständniserklärung der Eltern/Mutter, mit der einer Datenfreigabe verbunden
ist, erforderlich. Durch den Datenschutzbeauftragten des Landes NRW wurden die datenschutzrelevanten Regelungen als vorbildlich eingestuft (vgl. Link auf den 9. Datenschutzbericht der …..)
Für das Programm wurde ein Anmeldebogen entwickelt, in den u. a. medizinische Diagnosen zum Kind analog der ICD10-Codierung eingetragen werden können. Ein weiterer Abschnitt beinhaltet klassische sozialmedizinische Diagnosen zur Mutter; darüber hinaus ist die Weitergabe zusätzlicher Informationen mittels Freitext möglich.
Der ausgefüllte Anmeldebogen und die unterschriebene Einverständniserklärung werden schließlich an die sogenannte Clearingstelle des Programms weitergeleitet. Diese Clearingstelle wurde eigens für das Programm „Zukunft für Kinder“ eingerichtet. Aufgabe der Clearingstelle ist es, während der ersten (ein bis drei) Lebensjahre für Kinder in Lebenslagen mit einem erhöhten medizinischen und/oder sozialen Risiko sowie für deren Mutter/Eltern im individuellen Fall das optimale Gelingen einer koordinierten Nach- bzw. Vorsorge sicherzustellen.
Bei Verdacht auf Vorliegen relevanter sozialer und/oder medizinischer Risikolagen wird als Mindestziel ein Besuchskontakt mit Mutter/Eltern angestrebt. Entweder wird ein Erstkontakt mit Mutter/Eltern in der Klinik vereinbart oder es wird nach der Entlassung zeitnah ein Hausbesuch angeboten. Die vorliegenden sozialen und medizinischen Daten bestimmen, durch welche Berufsgruppe der Erstkontakt gestaltet wird. Im Ergebnis dieses Kontaktes wird gemeinsam mit der Mutter bzw. den Eltern über eine Fortsetzung von Hausbesuchen beraten und entschieden.
Weiterhin wird zusammen mit den beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Klärung vorgenommen, ob, wann und welche weiteren Hilfen für erforderlich gehalten werden und welche Bereiche Träger dieser Hilfemaßnahmen sein sollen.
Die Clearingstelle ist außerdem Anlaufstelle für Eltern, die mit ihren Fragen oder Sorgen Beratung durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Clearingstelle erhalten können. Ziel dieser Beratung ist die Förderung von elterlichen Ressourcen, Problemlösungskompetenz und Gesundheitsbewusstsein.
Auch für Personen, die im Verlauf von Schwangerschaft und Geburt über ihre berufliche Tätigkeit in Kontakt mit Neugeborenen und deren Familien kommen, ist die Clearingstelle ein Unterstützungsangebot. Oft lässt sich nicht mit hinreichender Gewissheit entscheiden, ob die zukünftige Entwicklung eines Kindes als besonders gefährdet anzusehen ist. Auch hier können Hinweise zur situationsbezogenen Einschätzung gegeben und ggf. das geeignete Vorgehen gemeinsam abgestimmt werden.
Angebote im Einzelnen
Die Angebote für Kinder und deren Eltern gründen in ihrem Ansatz auf den Grundprinzipien von Beratung, Begleitung, Förderung, Aktivierung, Entlastung und schließlich Therapie. Zur Erhöhung der Akzeptanz von Angeboten sind diese ressourcenorientiert angelegt und werden auch dementsprechend kommuniziert. Eine Auswahl von konkreten Angeboten - auf die das Gesundheitsförderungsprogramm in Düsseldorf bei Bedarf zurückgreifen kann - fokussiert primär auf das Kind, andere richten sich überwiegend an die Erziehungsberechtigten und weitere nehmen beide in den Blick:
Angebote für das Kind/die Kinder:
- Kinderkrankenpflege, ambulant; Krankengymnastik, Ergotherapie,
- heilpädagogische Maßnahmen (zum Beispiel Frühförderung, Kindertageseinrichtung mit
spezialisierter Förderung),
- Familienbildung (zum Beispiel Spielgruppe, Kind-/Eltern-Gruppe).
Angebote für Mutter/Eltern und Kind(er)
- Hebamme, Nachsorge; Kinderkrankenpflege, ambulant,
- vor Ort individuelle Beratung, Unterstützung und Aktivierung in Lebensfragen,
zum Beispiel: Sozialpädiatrischer Dienst, „Flexible Hilfen\", Familienaktivierungsmanagement „FAM\",
- Förderung elterlicher Kompetenz anhand bewährter Förderungskonzepte, zum Beispiel
Entwicklungspsychologische Beratung für Eltern mit Säuglingen und Kleinkindern (EpB)
- Unterstützung bei der Durchsetzung berechtigter Ansprüche,
- Kostenbeteiligung bei Muttermilchpumpe, Spezialnahrung und Hilfsmittelversorgung (zum Beispiel Brille, Rollstuhl, Pflegebett etc.),
- ungeklärter Status der Krankenversicherung des Kindes,
- Anerkennung einer Pflegestufe und/oder von Schwerbehinderung,
- gesundheitlich nicht tragbare Wohnungssituation, zum Beispiel Behinderung von Kind und/oder
Mutter/Eltern.
- zu geringe Wohnfläche, ungenügende Beheizbarkeit, Strom- bzw. Wasserabschaltung bei
unbezahlten Rechnungen,
- fehlende Sicherheit, zum Beispiel bauliche Mängel, hohe soziale Gefährdung durch das unmittelbare Umfeld (Drogen, Gewalt, Prostitution).
Angebote für Mutter/Eltern
Entlastung:
- Anforderungen im Alltag (vor allem bei der Erziehung und im Haushalt), Termine und
Untersuchungen:
- Hilfestellung bei Schwierigkeiten im Rahmen der Terminvergabe
- Begleitung zu Untersuchungen, Ämtergängen und anderen Erledigungen
- bei inhaltlichen/sprachlichen Verständnisschwierigkeiten Nachbesprechung von Befunden und
Schlussfolgerungen,
Eigene seelische Belastungen:
- offene Ansprache dieser belastenden Empfindungen, gemeinsame Suche nach Auswegen:
- positive (medizinische und/oder psychosoziale) Veränderungen möglich: bei Mutter/Eltern?
Oder außerhalb der Familie?
- Aufzeigen verschiedener Entwürfe für das künftige gemeinsame Leben von Mutter/Eltern und Kind
- Möglichkeiten zur gelegentlichen Betreuung betroffener Kinder in der häuslichen Situation, zum
Beispiel durch andere Bezugspersonen als Mutter/Eltern oder ggf. durch Vermittlung und
Finanzierung anderer Betreuungspersonen (bei entsprechender sozialmedizinischer bzw.
psychosozialer Indikation),
- Betreuung/Unterbringung von betroffenen Kindern in Tageseinrichtung/Tagespflege oder über einen
längeren Zeitraum in Dauerpflege,
- Kur (für Mutter/Eltern).
Das „Grüne Heft\"
Das „Grüne Heft\" stellt innerhalb des Gesundheitsförderungsprogramms ein wesentliches Instrument dar, um für alle angemeldeten Kinder während des ersten Lebensjahres einen verbesserten Standard bezüglich der Häufigkeit der kinderärztlichen Vorsorgeuntersuchungen und der Zuverlässigkeit bei der Wahrnehmung dieses Angebots zu gewährleisten.