Das Nürnberger Netzwerk Bewegungspädagogik wurde im Frühjahr und Sommer 2006 als eine Kooperation des Gesundheitsamtes Nürnberg, der Aktive Kinderwerkstatt gGmbH, der Fachakademien in Nürnberg (evangelische bzw. städtische Fachakademie für Sozialpädagogik) und der Hengstenberg-Pikler-Gesellschaft e.V. entwickelt. Die Projektleitung liegt bei der Hengstenberg-Pikler-Gesellschaft. Im Anschluss an eine Informationsveranstaltung des Gesundheitsamts Nürnberg im Oktober 2006 für alle Nürnberger Krippen und Kindergärten haben sich insgesamt neun Krippen und elf Kindergärten mit zusammen 777 Kindern für eine Teilnahme an dem Projekt gemeldet.
Die Verzahnung verschiedener Komponenten schafft eine optimale Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung dieser herausfordernden Bewegungsarbeit. Dazu gehört sowohl Alltagserfahrung als auch Selbsterfahrung der ErzieherInnen (z.B. im Rahmen des Sportunterrichts an den Fachakademien), der Erfahrungsaustausch zwischen den Kindergärten und krippen und die fachliche Reflexion über die Arbeit mit den eingesetzten Bewegungsmaterialien, bei der PädagogInnen bzw. TherapeutInnen mitwirken, die in der Regel telefonisch zur Verfügung stehen. Nach sechs Monaten entscheiden die Einrichtungen dann darüber, ob sie mit dem Material weiterarbeiten wollen.
Die Bewegungsentfaltung der Kinder in den beteiligten Krippen und Kindergärten wird gefördert. Die Schulung der Selbstsicherungsfähigkeit der Kinder beugt Unfällen vor, indem sie durch Gleichgewichtstraining beispielsweise lernen, wie sie sich verhalten, wenn es wacklig wird, wie sie fallen sollen und wie sie mehr Sicherheit und Stabilität bekommen. Die ErzieherInnen erhalten eine bewegungspädagogische Weiterbildung im Rahmen eines eintägigen Einführungskurses, der die Grundlagen des Spiel- und Bewegungskonzepts nach Hengstenberg und Pikler erarbeitet. Weiterhin gibt es einen Vertiefungstag, an dem sich die TeilnehmerInnen weiter in den pädagogischen Ansatz einarbeiten, ihre Erfahrung vertiefen und sich über die in der Einrichtung gemachten Erfahrungen austauschen können. Hier werden Impulse für die weitere Arbeit gegeben, zum Beispiel mit Eltern. Der Ansatz wird durch spezielle Bewegungsmaterialien und Qualifikation des Personals in die Struktur der Einrichtungen eingebunden. Das Projekt soll außerdem den Bewegungsmangel bei Kindern verhindern, die Entwicklung fördern sowie Beruhigung und Konzentration schenken. Es ist kommunikationsfördernd, gleicht Defizite aus, stärkt das Selbstbewusstsein und kommt jedem Kind zugute. Der von Hengstenberg entwickelte Bewegungsansatz möchte Kinder dazu anregen, selbstständig ihre Bewegungsfähigkeiten entdecken und entwickeln zu können. Kindergärten und -krippen, die sich die Ausstattung nicht leisten können, werden von einer privaten Stiftung unterstützt. Derzeit werden sieben Innenstadt-Einrichtungen mit größtenteils sozial benachteiligten Kindern gefördert.
Die Elemente der ersten Projektphase bestehen aus zwei ganztägigen Fortbildungen für jeweils zwei ErzieherInnen der beteiligten Kindergärten und Krippen sowie der Organisation von Austauschtreffen. Die Kindergärten können das Bewegungsmaterial ausleihen. Die Geräte haben einen Wert von jeweils ca. 1.750 bzw. 2.500 Euro, die Leihgebühr beträgt für Kindergärten 500 Euro, für Krippen 350 Euro. Bei Übernahme der Geräte wird die Leihgebühr voll auf den Kaufpreis angerechnet. Es besteht die Möglichkeit, dass der Gemeindeunfallversicherungsverband Bayern, die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege sowie die Techniker Krankenkasse den überwiegenden Anteil der Kosten übernehmen. Die Evangelische Fachakademie für Sozialpädagogik wird ebenfalls mit den Bewegungsmaterialien auf Leihbasis für zwei Jahre ausgestattet, damit der Ansatz in den Unterricht für ErzieherInnen an den beiden Fachakademien einbezogen wird. SchülerInnen der Fachakademie können Praktika in Einrichtungen des Projekts absolvieren. Eine Evaluation wird über das Institut für Sportwissenschaft und Sport der Universität Erlangen durchgeführt. Hierfür werden in vier Testkindergärten und vier Kontrollkindergärten jeweils ca. zehn Kinder im Alter zwischen vier und fünf Jahren (insgesamt 57 bzw. 53 Kinder) zweimal sportmotorischen Tests unterzogen. Außerdem wird eine Prozess- und Strukturevaluation des Projekts durch Befragung des pädagogischen Personals durchgeführt. Eine zusätzliche Dokumentation erfolgt über eine Dissertation und zwei Diplomarbeiten, wobei die durch die Fachhochschule betreute Diplomarbeit speziell die Netzwerkentstehung bei den Krippen dokumentieren und unterstützen soll.
Ein Informationsaustausch ist über Info-Briefe an die Einrichtungen gewährleistet.
Von den Einrichtungen gibt es überwiegend positive Rückmeldungen, die meisten werden mit den Materialien zukünftig weiterarbeiten. Erfolge, die durch die Verwendung der Bewegungsmaterialien erzielt wurden, sind beispielsweise, dass Kinder sich selbst sehr gut einschätzen können und sich oft mehr zutrauen. Die Kinder überfordern sich nicht, erkennen ihre Grenzen, sind ausdauernd beim Überwinden neuer Herausforderungen und haben eine große Frustrationstoleranz bei Misserfolgen.