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05.04.2017

Programm "Präventionsketten in Niedersachsen": Die ersten acht Kommunen starten

Antje Richter-Kornweitz, ehem. Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen Bremen e.V.

Schlagwörter:Präventionsketten, Strukturaufbau

Acht niedersächsische Kom­mu­nen star­ten in der ersten Förderphase des Pro­gramms „Präventionsketten in Nie­der­sach­sen: Gesund auf­wach­sen für al­le Kinder!“. Sie al­le verbindet das Ziel, ei­ne integrierte kommunale Stra­te­gie, kurz: „Präventionskette“, auf- bzw. auszubauen.

In der ersten Ko­hor­te sind die beiden kreisfreien Städte Delmenhorst und Wil­helms­ha­ven, die Landkreise Göttingen, Ol­den­burg und Os­na­brück so­wie die Re­gi­on Hannover mit den drei Kom­mu­nen Barsinghausen, Garbsen und Seelze vertreten.

Ihnen wer­den in den kommenden Jahren weitere drei Ko­hor­ten mit ins­ge­samt bis 30 weiteren niedersächsischen Kom­mu­nen fol­gen.

Das Pro­gramm ist auf die umfassende Teil­ha­be von Kin­dern bis zum Al­ter von zehn Jahren ausgerichtet. Im Mit­tel­punkt ste­hen da­bei ins­be­son­de­re die Al­ters­grup­pen ab dem Über­gang in die Kindertagesbetreuung bis zum En­de der Grundschulzeit. Das Vorhaben wird von der Landesvereinigung für Ge­sund­heit und Aka­de­mie für Sozialmedizin Nie­der­sach­sen e.V. (LVG & AFS) durchgeführt, durch Stiftungsmittel der Auridis gGmbH gefördert und steht un­ter der Schirm­herr­schaft der Niedersächsischen Mi­nis­te­rin für Soziales, Ge­sund­heit und Gleich­stel­lung. Es hat ei­ne Gesamtlaufzeit von sechs­ein­halb Jahren und endet im De­zem­ber 2022.

Die beteiligten Kom­mu­nen er­hal­ten ei­ne finanzielle För­de­rung für drei Jahre, die un­ter anderem die anteilige För­de­rung ei­ner Personalstelle für die Ko­or­di­na­ti­on der Präventionskette umfasst.

Merkmale von Präventionsketten

Prä­ven­ti­onsketten füh­ren als integrierte Konzepte zur Ge­sund­heits­för­de­rung und Prä­ven­ti­on die kommunalen Aktivitäten für Heranwachsende und ih­re Fa­mi­lien über die verschiedenen Al­ters­grup­pen und Lebensphasen hinweg zu­sam­men. Sie um­fas­sen Ak­teu­rin­nen und Akteure, An­ge­bo­te und Maß­nah­men so­wie be­reits bestehende Netzwerke zur För­de­rung, Un­ter­stüt­zung, Be­ra­tung, Bil­dung, Be­treu­ung, Par­ti­zi­pa­ti­on und zum Kin­der­schutz. Prä­ven­ti­onsketten sind auf Strukturbildung in Kom­mu­nen ausgerichtet und als intersektoraler und interprofessioneller An­satz zu verstehen.

Prä­ven­ti­onsketten wer­den als ein In­stru­ment der Armutsprävention eingesetzt. Zwar lautet der An­spruch, Kin­dern, Ju­gend­li­chen und Fa­mi­lien aller Bevölkerungsgruppen den Zu­gang zu An­ge­bo­ten und Maß­nah­men öffentlicher Institutionen und freier Träger zu er­mög­li­chen, vorrangig ist es je­doch, den Zu­gang so­zi­al benachteiligter Menschen zum An­ge­bot zu gewährleisten. Ein weiteres wichtiges Ziel ist die Si­che­rung der Übergänge zwi­schen An­ge­bo­ten, Institutionen und Settings. Der An­spruch lautet, um­fas­sende Lebens- und Teilhabechancen zu er­mög­li­chen und individuelle, familiäre und so­zi­ale Eigenressourcen zu stär­ken.

Zu den Be­son­der­heit­en einer Prä­ven­ti­onskette gehört die Lebenslauforientierung, eng verbunden mit der Aus­rich­tung an Praxisfeldern, die in Kind­heit und Ju­gend re­le­vant sind. Ebenfalls hervorzuheben ist, sich nicht vorrangig an „Zu­stän­dig­keit­en“ auszurichten oder so­gar aus Anbieterperspektive heraus zu den­ken, son­dern sich vielmehr an der Fra­ge „Was braucht das Kind?“ zu ori­en­tie­ren. In diesen Kon­text gehört auch der An­spruch, der Verwirklichung von Par­ti­zi­pa­ti­on und Lebensweltorientierung bei der Sich­tung und Ent­wick­lung von An­ge­bo­ten hohe Priorität zuzuordnen.

Die Aktivitäten in Nie­der­sach­sen

Die Beteiligung am Pro­gramm „Prä­ven­ti­onsketten in Nie­der­sach­sen“ erfordert ei­nen politischen Be­schluss der Kom­mu­ne zum Auf- bzw. Aus­bau ei­ner Prä­ven­ti­onskette. Dieser sollte spä­tes­tens zum En­de des ersten Förderjahres vorliegen. Die vorherige, d.h. be­reits vor Antragstellung stattfindende, Ab­stim­mung der Be­wer­bung zwi­schen maß­geb­lich beteiligten Fach­be­reichen wie Ge­sund­heit, Ju­gend, Soziales, Bil­dung gilt als weitere Voraussetzung. Je nach kommunaler Struk­tur sollten da­ran auch weitere Ressorts - wie bei­spiels­wei­se die Stadtentwicklung - beteiligt wer­den.

Die Auf­ga­ben der Kom­mu­nen beim Auf- und Aus­bau der Prä­ven­ti­onsketten um­fas­sen folgende vertraglich zugesicherte, zentrale Aktivitäten:

  • die För­de­rung der intensiven fachübergreifenden Ko­o­pe­ra­ti­on der kommunalen Stel­len, die Kinder bis zum 10. Le­bens­jahr bei ei­nem gelingenden Aufwachsen be­glei­ten, durch die Ein­rich­tung von Steuerungsgruppen und kommunale Koordinierungsstellen,
  • die För­de­rung der aktiven Beteiligung von Fachkräften, zivilgesellschaftlichen Ak­teu­rin­nen und Akteuren so­wie von Kin­dern und Fa­mi­lien,
  • die Bestandsanalyse und Bedarfserhebung der lo­kalen Si­tu­a­ti­on un­ter Ein­be­zie­hung relevanter Grup­pen - auch bei der Wei­ter­ent­wick­lung der lo­kalen Stra­te­gie zur Ge­sund­heits­för­de­rung und Prä­ven­ti­on,
  • ·die Durch­füh­rung ei­nes Monitorings ent­lang lo­kal entwickelter Wirkungsmodelle, um laufende Prozesse des Aufbaus von Prä­ven­ti­onsketten zielbezogen auszurichten so­wie zeit­nah und trans­pa­rent zu do­ku­men­tie­ren.

Die beteiligten Kom­mu­nen er­hal­ten ne­ben der finanziellen Un­ter­stüt­zung ei­ne um­fas­sende Be­ra­tung und Be­glei­tung durch die Landeskoordinierungsstelle „Prä­ven­ti­onsketten in Nie­der­sach­sen“, angesiedelt bei der LVG & AFS. Deren vertraglich zugesicherten, zentralen Auf­ga­ben um­fas­sen:

  • die Be­ra­tung von Netzwerkkoordinatorinnen und -koordinatoren und kommunalen Steuerungsgruppen,
  • die Fort­bil­dung für Fachkräfte und Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger (Fachtagungen, Workshops, kollegiale Be­ra­tungsverfahren…) und die Durch­füh­rung von Netzwerktreffen,
  • die Un­ter­stüt­zung der zuständigen Stel­len auf Ebe­ne des Landkreises oder der kreisfreien Stadt durch Mo­de­ra­ti­on bzw. In­for­ma­ti­on von fachlichen und politischen Gremien,
  • die Vermittlung der für ein Monitoring des Prozesses nö­ti­gen Kompetenzen und ei­ne Be­glei­tung bei der Durch­füh­rung.

Die Mehr­zahl der Be­wer­bung­en in der ersten Förderphase wurde in Ab­spra­che mit dem Öffentlichen Ge­sund­heitsdienst aus dem Fach­be­reich Kinder- und Ju­gendhilfe initiiert. Neben den vertraglich vorgegebenen sind u.a. folgende weitere Aktivitäten als erste, grundlegende Ziel­set­zung­en für die kommenden drei Jahre zu verstehen:

  • Strategische Verankerung und Aus­wei­tung der bestehenden Aktivitäten in Ge­sund­heits­för­de­rung und Prä­ven­ti­on u.a. über die Altersphase von 0-3 Jahren hinaus
  • Verankerung der Prä­ven­ti­onskette an be­reits bestehenden familienun­terstützenden Ein­rich­tungen
  • Aktive Ge­stal­tung der Übergänge und Si­che­rung der Zugänge zu den Angeboten zur Ge­sund­heits­för­de­rung und Prä­ven­ti­on für be­son­ders vulnerable Grup­pen
  • Verstärkung der aufsuchenden präventiven Ar­beit

Bewerbungsstart für die zwei­te Förderphase steht bevor

Zwischen dem 1. Mai und dem 21. Au­gust 2017 kön­nen die Be­wer­bung­en für die zwei­te Förderphase eingereicht wer­den. Auch dann kön­nen wie­der bis zu zehn Kom­mu­nen durch den Projektbeirat ausgewählt wer­den. Antragsberechtigt sind die Jugendämter und Gesundheitsämter der niedersächsischen Landkreise und kreisfreien Städte. Andere Stel­len der kommunalen Verwaltung kön­nen sich ge­ge­be­nen­falls nach vorheriger Rücksprache be­wer­ben.
Eine Fachveranstaltung am 17. Mai 2017 in Hannover soll ne­ben der In­for­ma­ti­on über das Pro­gramm und die Bewerbungsbedingungen auch Fachdiskussion und Trans­fer för­dern. Neben Vortrag und Dis­kus­si­on wer­den verschiedene Workshops zu Themen rund um Präventionsketten angeboten.

Li­te­ra­tur bei der Verfasserin

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