Den Rahmen zur Umsetzung des Projektes „Sozial integrativer Triathlon Berlin-Hohenschönhausen“ bildeten die folgenden vier Module:
- Modul „Organisation und Durchführung eines Sozial integrativen Triathlons“
- Modul „Netzwerkarbeit“
- Modul „Sport- und Bewegungsangebote für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche“
- Modul „Ausbildung von Übungsleiterinnen und Übungsleitern“
Alle Module griffen ineinander und ermöglichten die Umsetzung einer Gesamtkonzeption des „Sozial integrativen Triathlon Berlin-Hohenschönhausen“.
Höhepunkte des Projektes „Sozial integrativer Triathlon Berlin-Hohenschönhausen“ sind die seit 2009 einmal im Jahr stattfindenden Triathlonevents, die eine große öffentliche Aufmerksamkeit erzielen. Während der Projektlaufzeit erhöhte sich die Zahl der Teilnehmenden von 78 im Jahr 2009 auf über 240 im Jahr 2011. Vor dem Hintergrund des beschriebenen tiefgreifenden demographischen, ökologischen und sozialen Wandels in den ausgewählten Stadtteilen (vgl. Hintergrund) ermöglicht der jährliche Triathlon Beteiligungsformen für Engagement und Partizipation und bietet damit Identifikationspotential für den eigenen Bezirk. Die Attraktivität des Quartiers wird mit solch einem Event erhöht. Neben den direkten lokalen Kooperationspartnern (vgl. Integriertes Handlungskonzept/Vernetzung) werden die Bewohnerschaft sowie ortansässige Unternehmen in den Triathlon eingebunden und so Potentiale zivilgesellschaftlichen Engagements im Quartier eröffnet.
Der Triathlon wird als offener Lauf für alle Interessierten angeboten. Daraus ergibt sich eine heterogene Zusammensetzung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, der durch drei verschiedene Läufe begegnet werden soll. Folgende Streckenlängen und Staffelvarianten werden angeboten:
- 100m Schwimmen – 2,5 km Radfahren – 1,2 km Laufen (auch in Staffeln absolvierbar)
- 250 m Schwimmen – 3,5 km Radfahren – 1,2 km Laufen (Schülertriathlon)
- 250 m Schwimmen – 3,5 km Radfahren – 1,2 km Laufen (Volkstriathlon)
Seit dem Jahr 2010 steht zusätzlich ein Ragazzi-Lauf (Kinder unter 6 Jahren) zur Auswahl.
Der Triathlon wird mit Unterstützung von Sponsorengeldern umgesetzt. Während des Triathlon unterstützen ehrenamtliche Helfer und Helferinnen, die meist aus dem Gebiet Hohenschönhausen kommen, die einzelnen Stationen rund um den Triathlon (Auf- und Abbau, Wasserbereich, Wechselzone, Rad- und Laufstrecke, Versorgung u.v.m.).
Die eigentliche Projektarbeit aber findet zwischen den Triathlonevents statt. Großer Wert wird auf den Aufbau von Vernetzungsstrukturen gelegt, die die Einbindung relevanter Stadtteilakteure in die Organisation und Durchführung des Events ermöglichen (vgl. Integriertes Handlungskonzept/Vernetzung).
Insbesondere für die Einrichtung von Sport- und Bewegungsangeboten für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche nutzte das Institut für Sportwissenschaft der HU Berlin die Studierenden des Faches Sportwissenschaft als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren des Projekts. Im Rahmen eines Blockseminars wurden zwischen 20 und 35 Studierende für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen qualifiziert. Im Sommersemester 2012 fand der siebte Durchgang des Programms statt. Im theoretischen Teil des Seminars erwerben die Studentinnen und Studenten erforderliche Kompetenzen zum Thema Gesundheit und Sport, machen sich mit dem Projektgebiet, mit Sozialraumanalysen, der Problematik von Soziallagen, kulturellen Besonderheiten, Geschlechtsspezifika und der Jugendhilfelandschaft vertraut und entwickeln erforderliche Kompetenzen, um in ausgewählten Handlungsfeldern bedarfsgerechte, sozialraumorientierte Sport- und Bewegungsangebote umzusetzen. Darüber hinaus werden Bewegungs- und Gesundheitskonzepte insbesondere für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche besprochen und für das Projektgebiet entwickelt. Im Praxisteil des Seminars werden die erworbenen Kenntnisse in Jugendfreizeiteinrichtungen und Schulen des Bezirks umgesetzt und einrichtungsbezogene Handlungskonzepte zu den Themen Sport, Bewegung und Gesundheit konzipiert. So konnten während der Projektlaufzeit am Sonderpädagogischen Förderzentrum und an der Gutenberg-Schule (Sekundarschule) zwei Arbeitsgemeinschaften außerhalb des Curriculums aufgebaut werden. An der Gutenberg-Oberschule konnte ein niedrigschwelliges Sport- und Bewegungsangebot (hauptsächlich Trendsportarten) für ein Schuljahr für 8 bis 12 Schülerinnen und Schüler vorgehalten werden. Auch im Sonderpädagogischen Förderzentrum konnte eine Arbeitsgemeinschaft installiert werden, die insbesondere im Vorfeld auf die Teilnahme am Triathlon vorbereitet (Rollstuhlsport, Übungen für die Wechselzonen während des Triathlons) und fest in den Ganztagsbetrieb integriert ist. Im Laufe der Projektzeit konnten anfangs drei 7. Klassen und später drei 7. und 8. Klassen das Angebot wahrnehmen. Über die Projektlaufzeit wird das Sport- und Bewegungsangebot für ca. 12 Schülerinnen und Schülern im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft durchgeführt.
Um positiv auf den Triathlon einzustimmen, werden zuerst leicht zugängliche Trendsportarten wie beispielsweise Flag-Football, Takeshi oder Parcours angeboten. Dieses spannende und abwechslungsreiche Angebot soll den Kindern und Jugendlichen Spaß an der Bewegung vermitteln. Nach einiger Zeit werden die Trendsportangebote mit klassischen Ausdauer-, Bewegungs- und Koordinationsangeboten verbunden. Damit werden die Kinder und Jugendlichen an den jährlich stattfindenden Triathlon herangeführt und zur Teilnahme motiviert. Für die Kinder und Jugendlichen besteht die Möglichkeit, sich als Staffel am Triathlon zu beteiligen, wobei dann Laufen, Schwimmen und Fahren auf jeweils eine Teilnehmerin oder einen Teilnehmer verteilt wird. In den Schulen wurde teilweise schon in den Arbeitsgemeinschaften der Triathlon als Staffel geübt.
In die Vorbereitung und Durchführung des integrativen Triathlons werden die Studierenden der Humboldt-Universität direkt eingebunden. Sie übernehmen die Ansprache der Kinder und Jugendlichen als Zielgruppe des Triathlons und bieten in den Schulen und Jugendfreizeiteinrichtungen im Stadtteil Sport- und Bewegungsangebote an, bei denen ebenfalls diverse Themen rund um Sport, Bewegung und Gesundheit angesprochen werden. In der vorlesungsfreien Zeit wird das Angebot vom Sportverein Pfeffersport e.V. abgesichert. Im Wintersemester 2012/13 wird das Seminar „Sport- und Bewegungsangebote“ weiterhin angeboten und in Abstimmung mit ausgewählten Jugendfreizeiteinrichtungen umgesetzt.
Um die körperliche Leistungsfähigkeit der Kinder und Jugendlichen bewerten zu können, wurde in Kooperation des Projektes „Sozial integrativer Triathlon Berlin-Hohenschönhausen“ mit dem Seminar „Motorische Defizite im Kindes- und Jugendalter (Psychomotorik)“ in 2010 bei den 8. Klassen der Gutenberg-Oberschule in Hohenschönhausen der Deutsche-Motorik-Test (DMT) (http://www.sport.uni-karlsruhe.de/dmt) durchgeführt und gleichzeitig wurden die 8. Klassen zum „Aktivitätsniveau“ mittels eines Fragebogens befragt. Zeitgleich wurden Schülerinnen und Schüler der 8. Klassen der John -F.- Kennedy Oberschule (gymnasiale Stufe) in Zehlendorf nach dem Aktivitätsniveau befragt, um beide Schulen, die sich in sozial recht unterschiedlich strukturieren Gebieten befinden, vergleichen zu können. Im Rahmen zweier Seminare am Institut für Sportwissenschaft werteten die Studierenden die Ergebnisse aus.
Die Ergebnisse zeigten, dass Mädchen sich signifikant weniger sportlich betätigen als Jungen. Mädchen aus dem Einzugsgebiet Hohenschönhausen waren zudem signifikant mehr übergewichtig bis stark übergewichtig (11,5 Prozent und 7,7 Prozent) als Schülerinnen aus der John-F.-Kennedy-Oberschule (3,7 Prozent und 1,7 Prozent). Auch zeigten sich Unterschiede im Sportengagement beider Schultypen bzw. Einzugsgebiete. Gefragt, wie oft sportlich aktiv die Schülerinnen und Schüler in der letzten Woche für mindestens eine Stunde am Tag waren, gaben 79,2 Prozent der Gutenberg-Mädchen an, mindestens 0 bis 2 Tage in der Woche aktiv zu sein. Dagegen gaben nun 42,6 Prozent der John-F.-Kennedy-Oberschule an 0 bis 2 Tage in der Woche aktiv zu sein. Des Weiteren wurde festgestellt, dass viele Mädchen starke Einschränkungen in ihren motorischen Fähigkeiten und in der Körperkoordination aufweisen. Vor diesem Hintergrund ist die Einbindung des Mädchensportzentrums Pia Olymp, der als ein starker und vor allem zuverlässiger Kooperationspartner in Hohenschönhausen über vielerlei personelle und sachliche Ressourcen verfügt, in das Projekt von hoher Bedeutung.
Bei Pia Olymp beschränkt sich der Zugang auf Mädchen und junge Frauen. Dort können die sozialen und geschlechtsspezifischen Bedingungen dieser Zielgruppe berücksichtigt werden. Darüber hinaus ist Pia Olymp Teil der lokalen Freizeitorganisation „Verein Kietz für Kids Freizeitsport e.V.“. Damit ergeben sich enge Kontakte zu andere Freizeitsportangeboten, die durch den Freizeitsportverein unterstützt werden. Pia Olymp fungiert als Schnittstelle für die Mädchen anderer Jugendfreizeiteinrichtungen, in dem sie in den lokalen Gremien (z.B. Gemeinwesenarbeit, Arbeitskreis Jugendfreizeiteinrichtungen, AG 78, usw.) für die Sport- und Bewegungsangeboten und für die Teilnahme am jährlichen Triathlon werben. Die Teilnahme am Triathlon ist ein internes Projekt der Mädchensporteinrichtung geworden. Neben der Motivierung zur Teilnahme begleitet die Einrichtung die Gestaltung eigener Plakate für den Triathlon.
Insgesamt wurde das Sportangebot von den Mädchen der Einrichtung gut angenommen. Die Kinder und jungen Frauen waren zwischen 5 und 20 Jahren alt und kamen hauptsächlich aus dem Einzugsgebiet Neu Hohenschönhausen. Einige der Mädchen besuchen die Förderschule im Bezirk. Zu Pia Olymp kommt regelmäßig ein fester Stamm von 12 bis 20 Mädchen. Perspektivisch kann Pia Olymp ein Partner sein, um mädchenbezogene Bewegungs- bzw. Gesundheitsförderung dauerhaft im Sozialraum zu etablieren.
Ein weiterer Partner aus dem Kinder- und Jugendfreizeitbereich (bzw. der Kinder- und Jugendhilfe) für die Etablierung und Umsetzung von Sport- und Bewegungsangeboten und die aktive Teilnahme beim Triathlon ist das Holzwurmhaus. Hier werden insbesondere vor allem Lückekinder und junge Erwachsene begleitet.
Seit dem Sommersemester 2010 werden während der Vorlesungszeit die Sport- und Bewegungsangebote in den Jugendfreizeiteinrichtungen durch Studierende (bei Pia Olymp ausschließlich durch Studentinnen) im 14-tägigen Rhythmus angeboten. In der vorlesungsfreien Zeit werden die Bewegungsangebote vom Sportverein Pfefferwerk e.V. abgesichert.
Das Institut für Sportwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin begleitete wissenschaftlich das Projekt (DMT, Aktivitätsfragebogen, Vergleich mit anderen Schulformen und Bezirken) und evaluiert Teilbereiche der Projektarbeit (z.B. Befragung der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, Befragung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, Befragung der Sponsoren der jährlichen Triathlons). Somit können auch Erkenntnisse für die Übertragbarkeit auf andere Stadtteile gewonnen werden.