Der bundesweite Trend zur Zunahme von Einelternfamilien im Allgemeinen und von allein erziehenden Frauen im Besonderen ist in der Landeshauptstadt München – wie in anderen Großstädten – besonders deutlich ausgeprägt. Ende 2007 waren in München 21,2 Prozent aller Haushalte mit Kindern Alleinerziehenden-Haushalte (26.311 von 123.992 Haushalten mit Kindern). Damit lebten 18,6 Prozent aller Kinder in einem allein erziehenden Haushalt. Orientiert man sich an bundesdeutschen Zahlen, dürften etwa 90 Prozent aller allein Erziehenden weiblich sein. Wie oben erwähnt, gibt es zur Anzahl von Einelternfamilien mit einem behinderten Kind leider keine verlässlichen Angaben. Einen groben Anhaltswert kann aber folgende Modellrechung liefern: Folgt man der letzten Behindertenstrukturstatistik für die Landeshauptstadt München (31.12.2007), leben in München derzeit 2.092 als schwerbehindert anerkannte Kinder und Jugendliche von 0 bis 17 Jahren. Wenn auch 18,6 Prozent dieser Kinder (siehe oben) in Alleinerziehendenhaushalten leben, kann man davon ausgehen, dass in München rund 390 schwerbehinderte Kinder und Jugendliche in einer weiblichen oder männlichen Einelternfamilie betreut werden. Auch wenn es ohne Zweifel männliche allein Erziehende mit einem beeinträchtigten Kind gibt, so ist doch anzunehmen, dass der Anteil der weiblich allein Erziehenden in diesem Fall deutlich über 90 Prozent liegt. Demzufolge dürften in München etwa 370 allein erziehende Frauen mit einem behinderten Kind leben (Sagner/Eberle, 2008).
Der Alltag allein erziehender Mütter von Kindern mit Behinderung ist in vieler Hinsicht sehr belastet: Sorgen ums Geld, die (gescheiterte) Beziehung zum Vater des Kindes, das behinderte Kind mit all seinen besonderen Bedürfnissen nach Zuwendung, Förderung, Therapie und Pflege, die Angst, das Geschwisterkind zu vernachlässigen, dazu der ganz normale Haushalt und häufig noch ein Teilzeitjob. Freundschaften, Hobbys, Freizeit – die vielen so wichtigen Gelegenheiten, um seelisch und körperlich auftanken zu können – finden kaum mehr einen Platz. Viele Frauen leben aufgrund dieser permanenten Dauerbelastung sehr isoliert und ausgegrenzt. Die psychische und physische Dauerbelastung dieser Frauen führt zu Erscheinungen wie Burnout, chronischem Schlafmangel, Erschöpfungsdepression, einem geschwächten Immunsystem und dadurch bedingt größerer Infektanfälligkeit, einseitigen körperlichen Belastungen, chronischen Verspannungen, mangelnder Erholungsfähigkeit, Rückenbeschwerden, Hautkrankheiten, Hörstürzen und arthritischen Erkrankungen. Dies belegen verschiedene Studien (Landesgesundheitsbericht NRW, 2000; VAMV NRW, 1997; Rahab, 2003).
Die von Fröhlich (1993) befragten Mütter behinderter Kinder bezeichneten sich überwiegend als tief erschöpft, als nicht voll leistungsfähig und als in Sorge im Hinblick auf die Zukunft. Fast alle Frauen berichten von wiederkehrenden Phasen tiefen Traurigseins, von Mutlosigkeit und der Unfähigkeit, sich zu etwas „aufzuraffen“, also von depressiven Phasen.
allfabeta setzt hier an und stellt die Bedürfnisse der Frauen in den Mittelpunkt. Als Projekt von allfa_m (Initiative „allein erziehende Frauen in München“) ist es das Ziel von allfabeta, die Frauen in ihrer Lebenssituation zu stärken und somit auch das Wohlbefinden der Familien nachhaltig zu fördern. Kontakt und Vernetzung der Frauen untereinander sind dabei eine zentrale Aufgabe. allfabeta möchte allein erziehenden Frauen mit behinderten Kindern in der Öffentlichkeit mehr Gehör und Aufmerksamkeit verschaffen. Pressearbeit, regionale und überregionale Vernetzung sowie sozialpolitisches Engagement sind deshalb wesentliche Bestandteile der Arbeit des Kontaktnetzes. Damit finden diese Mütter erstmals auf sie zugeschnittene Angebote. Vorbild für allfabeta war die Pionierarbeit der Gruppe „BaMbeKi“. Die „Bayerischen alleinerziehenden Mütter behinderter Kinder“ haben sich im Jahr 2001 bei einer Elternwoche der Erholungs- und Bildungsstätte Langau zusammengefunden.