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Aktiv für Gesundheit und Chancengleichheit

Was überkommunale Daseinsfürsorge konkret bedeutet

Meinolf Noeker , Landschaftsverband Westfalen-Lippe
07.02.2019

Vernetztes Denken und Handeln des Landesverbandes Westfalen-Lippe

Im Rahmen des 16. Jahrestreffens des Ko­o­pe­ra­ti­ons­ver­bun­des Ge­sund­heit­liche Chan­cen­gleich­heit am 30. November 2018 konnte der Bei­tritt des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) zum Verbund offiziell besiegelt wer­den. Prof. Dr. Mei­nolf Noeker, Krankenhausdezernent des LWL, stellte im Interview die bedeutende Rolle der Kommune zur Herstellung gesundheitlicher Chancengleichheit heraus.

Fra­ge des Moderators:

Fühlen Sie sich nach den Aus­füh­rung­en auf diesem „Ko­o­pe­ra­ti­onstreffen“ in Ihrem Be­schluss, dem Ko­o­pe­ra­ti­ons­ver­bund Ge­sund­heit­liche Chan­cen­gleich­heit beizutreten, bestärkt?

Prof. Dr. Mei­nolf Noeker:

Ja, au­ßer­or­dent­lich! Wir haben, glaube ich, ei­ne hohe Iden­ti­tät zwi­schen dem Grundanliegen des Ko­o­pe­ra­ti­ons­ver­bun­des und den Anliegen, die wir seit Jahrzehnten im Landschaftsverband Westfalen-Lippe als un­se­re kommunale Iden­ti­tät und Phi­lo­so­phie vertreten. Wir über­neh­men in den Landschaftsverbänden als überkommunale Or­ga­ni­sa­ti­on Auf­ga­ben, von de­nen die Kom­mu­nen in weiser Voraussicht vor Jahrzehnten festgelegt haben, dass sie sehr viel bes­ser durch interkommunale Vernetzung zu or­ga­ni­sie­ren sind. Wir bear­bei­ten und verantworten zum Bei­spiel Auf­ga­benbereiche des Sozialen, vor al­lem der Teil­ha­be und der Ein­glie­de­rung, der überörtlichen Jugendhilfe so­wie der psy­ch­iat­rischen stationären wie ambulanten Krankenhausversorgung in ge­mein­samer, überkommunaler Verantwortung. Die Ziel­set­zung ei­nes vernetzten Denkens und Handelns und die Grundphilosophie ei­ner Aus­rich­tung an ge­sund­heit­licher Chan­cen­gleich­heit tei­len wir mit dem Ko­o­pe­ra­ti­ons­ver­bund.

Im Sozialbereich sind wir vom Landesgesetzgeber NRW in sei­nem Ausführungsgesetz zum Bundesteilhabegesetz (BTHG) als der zuständige Träger definiert worden, um den Auf­trag des Gesetzes umzusetzen, ambulante und stationäre Wohnformen zusammenzuführen und auch einheitlich zu fi­nan­zie­ren. Bei uns im LWL ist die Ge­schäfts­stel­le der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Sozialhilfeträger der Bundesrepublik (BAGüS) an­säs­sig.

Im Be­reich der Jugendhilfe sind wir aktiv als überörtlicher Jugendhilfeträger. Ich darf Ihnen hierzu auch mei­ne Kol­le­gin Frau Dr. Bruchmann vorstellen. Dort stüt­zen wir die Ar­beit der örtlichen Jugendhilfeträger im Be­reich Wei­ter­bil­dung durch ei­ne Vielzahl von Fortbildungsmaßnahmen. Wir wir­ken in angemessener Wei­se kontrollierend, um fachliche Standards im In­te­res­se der betroffenen Kinder und Ju­gend­li­chen zu si­chern. Wir ko­or­di­nie­ren und sti­mu­lie­ren mit vielen innovativen Projekten zum Bei­spiel die Wei­ter­ent­wick­lung der Suchthilfe be­son­ders im präventiven und sekundärpräventiven Be­reich.

Im Be­reich der psy­ch­iat­rischen Krankenhausversorgung, die ich vertrete, haben wir elf erwachsenenpsy­ch­iat­rische so­wie vier kinder- und jugendpsy­ch­iat­rische Kli­niken. Psychiatrische The­ra­pie, soziale und gesellschaftliche Teil­ha­be, frühe Prä­ven­ti­on in der Jugendhilfe dür­fen wir nicht iso­liert den­ken. Wir er­ken­nen dies an einzelnen, schwie­rig verlaufenden Bi­o­gra­phien, die über die Sys­temgrenzen hinausweisen. Sie star­ten vielleicht mit Sozialpädagogischer Familienhilfe in Verantwortung der Jugendhilfe, er­hal­ten in Krisenphasen ei­ne The­ra­pie in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, kön­nen sich pri­vat und be­ruf­lich nicht wirk­lich sta­bi­li­sie­ren und benötigen auch im Erwachsenalter psy­ch­iat­rische oder suchttherapeutische Be­hand­lung an ei­ner Kli­nik. Bei ei­nem wei­ter­hin schweren Verlauf ist die In­te­gra­ti­on in den ersten Ar­beits­markt gefährdet, die Wohnsituation ist kri­tisch, Be­ra­tung, An­lei­tung und Un­ter­stüt­zung blei­ben er­for­der­lich. Es entwicklet sich seelische Be­hin­de­rung mit Teil­ha­bebedarf zum Bei­spiel in Form des Ambulant betreuten Wohnens nach BTHG. Und in fortgeschrittenem Al­ter kann - wie bei psy­ch­iat­risch ge­sun­den Menschen auch - ei­ne so­ma­tische Pflegebedürftigkeit hinzutreten. Für Personen mit ei­ner solchen Bi­o­gra­phie mit psy­ch­iat­rischer Mor­bi­di­tät und / oder seelischer Be­hin­de­rung haben wir im LWL spezialisierte Pflegeheime, in de­nen das Personal so­ma­tisch wie psy­ch­iat­risch qua­li­fi­ziert ist. Solche, im Ein­zel­fall si­cher langwierigen und extremen Verläufe zei­gen den­noch et­was Grundsätzliches auf: Wir haben in der Bundesrepublik zwar zwölf Sozialgesetzbücher, be­kom­men aber ge­sund­heit­liche Chan­cen­gleich­heit und Patientennutzen nur realisiert, wenn wir die Leis­tung­en der einzelnen Sozial­leistungsträger in­te­griert den­ken!
Im LWL wer­den diese Leis­tung­en übergreifend angeboten, das er­leich­tert Ko­o­pe­ra­ti­on über ei­nen verengten Blick der eigenen Zuständigkeitsdefinitionen und Abgrenzungszäune hinaus.

In ei­nem wei­teren Punkt spiegelt sich die Grundphilosophie des „Ko­o­pe­ra­ti­ons­ver­bun­des Ge­sund­heit­liche Chan­cen­gleich­heit“ mit un­se­rer Phi­lo­so­phie kommunalen Denkens. Wir rich­ten uns an dem tradierten und treffsi­cheren Be­griff der Daseinsfürsorge aus. Als Träger psy­ch­iat­rischer Krankenhäuser sind wir nicht un­ter­wegs, um Pro­fit für An­teils­eig­ner zu ma­chen. Natürlich müs­sen auch wir wirt­schaft­lich klug struk­tu­rie­ren, den­ken und ar­bei­ten - nicht zu­letzt aus Verantwortung für den Steu­er­zah­ler und den Beitragszahler.  Aber das Geld, das wir er­wirt­schaf­ten, geht au­to­ma­tisch wie­der zu­rück: in ei­ne Wei­ter­ent­wick­lung der psy­ch­iat­rischen Versorgung. Wir sind fi­nan­zi­ell ein mehr oder weniger geschlossenes Sys­tem. Wenn wir spar­sam sind, ge­win­nen wir Spielräume und Res­sour­cen für patientengerechte Investitionen. Ge­sund­heit­liche Chan­cen­gleich­heit bedeutet für uns, dass wir sehr da­rauf ach­ten, dass wir Pa­ti­en­tin­nen und Patienten nicht da­nach se­lek­tie­ren, wie ist die wirt­schaft­liche Ertragskraft und Revenue bei dem ei­nen oder bei dem anderen Patienten. Wir pi­cken kei­ne Ro­si­nen heraus. Wir fra­gen nicht, wie nied­rig ist vielleicht der klinische Auf­wand, den wir für ei­nen bestimmten Patienten be­trei­ben, mit der Konsequenz, dass wir ihn bevorzugt auf­neh­men. Oder um­ge­kehrt: Bei ei­nem Patienten mit komplexen Risikofaktoren, dass wir diesen mög­lichst schnell wei­ter verweisen. Ohne Ansehen der Person schau­en wir pri­mär nach Dring­lich­keit, Be­darf und Bedürfnissen. So definiert sich ein Kli­en­tel, um das wir uns in wohlverstandener Daseinsfürsorge be­son­ders gut und vorrangig kümmern müs­sen.

Wir wis­sen, dass wir letzt­lich al­le nur ge­mein­sam nach vorne kom­men. Der Diskussionsverlauf hier hat mir noch mal gezeigt, dass wir ei­ne sehr hohe Über­ein­kunft in den grundlegenden Zielen und Phi­lo­so­phien haben. Deswegen freut es mich au­ßer­or­dent­lich, dass ich heute hier den LWL als neues Mit­glied vertreten darf.

Applaus

Moderator:

Herzlichen Dank. Ich fand es beeindruckend, wie Sie dargestellt haben, wel­che Verantwortung Kom­mu­nen tra­gen, ge­sund­heit­liche Chan­cen­gleich­heit herzustellen!

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  • Hannover

    Wohl.Fühlen in herausfordernden Zeiten

    Präventionsimpulse für die teil- und vollstationäre Pflege

    Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und neuer gesundheitlicher Herausforderungen gewinnen Gesundheitsförderung und Prävention in Pflegeeinrichtungen mehr denn je an Bedeutung. Sie tragen dazu bei, die Lebensqualität der pflegebedürftigen Menschen zu verbessern, ihre Selbstständigkeit zu erhalten, den Pflegebedarf zu reduzieren und können das Gesundheitssystem entlasten.

    Im Mittelpunkt der Fachtagung stehen innovative Ansätze für Prävention und Gesundheitsförderung in der teil- und vollstationären Pflege. Freuen Sie sich auf praxisnahe Impulse und interaktive Workshops zu aktuellen Themen wie Selbstfürsorge und Stressmanagement im Pflegealltag sowie den gesundheitlichen Folgen des Klimawandels und Nachhaltigkeit. Weitere Schwerpunkte sind Ernährung, Gewaltprävention, Bewegung und die Stärkung des psychosozialen Wohlbefindens.

    Eingeladen sind Pflege- und Betreuungskräfte, Leitungs- und Führungskräfte, Praxisanleitende, Auszubildende, Studierende, Träger und alle weiteren Interessierten.

    Die Veranstaltung bildet den Abschluss des Projekts Wohl.Fühlen – Klima und Gesundheit, einer Kooperation der LVG & AFS, der BARMER und der Hochschule Hannover.

    Kategorie: Veranstaltung
    Veranstalter: Landesvereinigung für Gesundheit und Alademie für Sozialmedizin Niedersachsen Bremen e. V.
  • Berlin

    Public Health in Krisen und Katastrophen

    Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Public Health e.V.

    Krisen und Katastrophen nehmen immer mehr Einfluss auf unseren Alltag, egal ob Pandemien, Hitzewellen, Überschwemmungen, geopolitische Konflikte oder Angriffe auf kritische Infrastrukturen. Diese und vergleichbare Ereignisse stellen eine Bedrohung für das Leben und die Gesundheit breiter Bevölkerungsgruppen dar. Angesichts dessen steht Public Health - als Wissenschaft und Praxis - vor der gewaltigen Aufgabe, unsere gemeinsame Lebensgrundlage und die Gesundheit der Bevölkerung auch unter zunehmend unsicheren Bedingungen zu schützen und zu erhalten. Gemeinsam wollen wir überlegen, welche Strukturen, Strategien und Kompetenzen erforderlich sind, um aktuellen und zukünftigen Krisenlagen im Gesundheitswesen qualifiziert begegnen zu können. 

    Das ausführliche Programm und Informationen zur Anmeldung finden Sie hier.

    Kategorie: Jahrestagung
    Veranstalter: Deutsche Gesellschaft für Public Health e.V.
  • 18.03.2026

    online

    Difu-Dialog

    Kommunale Hitzevorsorge – Strategien, Partner, Praxisbeispiele

    Mit fortschreitendem Klimawandel steigen auch die gesundheitlichen Risiken von Hitzewellen in Deutschland. Besonders gefährdet sind vulnerable Gruppen wie ältere Menschen, chronisch Kranke und sozial Benachteiligte. Hitzevorsorge und Hitzeschutz beschäftigen viele Kommunen, denn städtische Hitzeinseln verschärfen die Belastung. Maßnahmen auf individueller, kommunaler und gesamtgesellschaftlicher Ebene sind zwingend notwendig, um Städte langfristig lebenswert zu erhalten. Doch wo stehen die Kommunen in Deutschland bei diesem Thema und wie können sie sich auf Hitzewellen vorbereiten? Welche Akteur:innen sind bei der Umsetzung von Maßnahmen wichtige Partner:innen? Und welche guten Beispiele und Learnings gibt es aus Deutschland und Europa?

    Weitere Informationen und den Link zur Anmeldung finden Sie hier.

    Kategorie: Veranstaltung
    Veranstalter: Deutsches Institut für Urbanistik

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Leitfaden zur Erstellung von Artikeln

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