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Aktiv für Gesundheit und Chancengleichheit

Arm und selber schuld? Die AWO räumt mit diesem Vorurteil auf!

28.05.2017

Im Fokus: Zusammenhang von Armut und Gesundheit

Mitte März 2017 veröffentlichte die Arbeiterwohlfahrt (AWO) eine Analyse, die institutionellen Armutsursachen auf den Zahn fühlt. Der provokative Titel „Selber schuld?“ wurde mit Bedacht gewählt, um darauf aufmerksam zu machen, dass in Zeiten der Ökonomisierung des Sozialen, neoliberale Erklärungsmuster in der Gesellschaft immer noch wirken: Von Armut betroffene Menschen werden als nutzlos, wertlos und ineffizient deklariert. Diesen Vorurteilen möchte die AWO mit dem Positionspapier entgegentreten, indem sie die Ursachen für Armut auf der strukturellen Ebene aufzeigt und schließlich klare Positionen für eine umfassende Armutsbekämpfung und -vermeidung offen legt.

Ziel der Analyse

„Der Fokus darf aber nicht länger auf dem individuellen Verhalten liegen, sondern muss sich auf den Wandel der Verhältnisse konzentrieren. Armut und Reichtum werden immer dauerhafter und gleichzeitig sinkt die gesellschaftliche Durchlässigkeit. Die soziale Lage vererbt sich und es wird für die Betroffenen immer schwieriger, diese Situation, die aus vielen benachteiligenden Faktoren besteht, zu überwinden. Die Folge ist, dass immer mehr Menschen abgehängt werden“ heißt es in der Einleitung der Analyse.   

Für die AWO sind steigende Armut und wachsende Ungleichheit nicht akzeptabel, weil daraus einerseits die Schwächung der gesellschaftlichen Wirtschaftsleistung resultiert und andererseits von Armut Betroffene einen schlechteren Gesundheitszustand aufweisen, weniger Bildung erzielen und geringere politische und soziale Teilhabe. Deshalb werden aus der Analyse politische Forderungen abgeleitet, die zum Wandel der Verhältnisse und zu einer echten Armutsbekämpfungspolitik führen sollen. In dem Analysepapier wird Armut in Verbindung mit sämtlichen Fachthemen des AWO Bundesverbandes betrachtet: Gesamtgesellschaftliche Situation (Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik), Gesundheit, Familie und Kinder, Bildung (Kita, Schule, Übergang von Schule zu Beruf), Alter (Rente, Pflege), Ausländerrecht, Wohnungslosigkeit, Sozialraum, Straffälligenhilfe und Bürgerschaftliches Engagement. Darüber hinaus wurden zwei weitere Themenfelder identifiziert, die so weit wie möglich quer durch alle Kapitel Beachtung finden: Inklusion (Behinderung und Migration) sowie Gleichstellung und Geschlechtergerechtigkeit. Frauen, Menschen mit Behinderungen und Menschen mit Migrationshintergrund werden strukturell benachteiligt, beispielsweise auf dem Arbeitsmarkt. Deshalb wird in einigen Beiträgen intensiv auf die Ursachen dafür eingegangen, denn darin liegen auch die Gründe, warum diese Gruppen stärker als andere von Armut betroffen oder bedroht sind. Im Folgenden wird der Zusammenhang von Armut und Gesundheit näher beleuchtet.

Krank­heit erhöht das Ri­si­ko arm zu sein

Menschen, die er­kran­ken, haben ein erhöhtes Ri­si­ko, auch fi­nan­zi­ell in ei­ne Not­la­ge zu ge­ra­ten. Besonders dort, wo Menschen be­reits vor ei­ner Er­kran­kung in schwierigen fi­nan­zi­ellen Verhältnissen gelebt haben, vermag es das Sozialsystem in sei­ner derzeitigen Aus­ge­stal­tung nicht, Menschen im Krank­heitsfall aus­rei­chend abzusichern.

Ar­mut erhöht das Ri­si­ko krank zu wer­den

Der Zu­sam­men­hang zwi­schen Krank­heit bzw. Ge­sund­heit und Ar­mut ist vielschichtig. So trifft ins­be­son­de­re auch zu, dass Ar­mut krank macht. Seit Jahren gibt es gesicherte Erkenntnisse da­rü­ber, dass sich soziale Un­gleich­heit in gesundheitlicher Un­gleich­heit niederschlägt1. Hierzu ge­hö­ren u.a. alleinerziehende Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund2. Es gibt viele Ursachen da­für, dass Ar­mut krank macht. Diese sind auf unterschiedlichen Ebe­nen zu fin­den. Einerseits auf der Mikroebene - dem individuellen Verhalten, aber an­de­rer­seits auch in den Lebensverhältnissen im Allgemeinen, al­so den ökonomischen, sozialen und ökologischen Rah­men­be­din­gung­en. Des Weiteren verursachen zu­sätz­lich die unzureichenden Versorgungsstrukturen diese traurige Beziehung und in diesem Punkt muss man die Fra­ge nach dem Zu­gang zum Ge­sund­heitssystem stel­len.

Schlussfolgerungen

Die Vielschichtigkeit des Problems kann al­lein nicht auf der individuellen Ebe­ne - bspw. über Beratungsstellen - ge­löst wer­den. Die großen strukturellen Defizite müs­sen auf politischer Ebe­ne erkannt und abgebaut wer­den.

Damit Krankheit nicht arm macht, hier eine Auflistung der AWO-Forderungen in Stichpunkten:

  • Angemessene Ausgestaltung des Arbeitslosengeldes II
  • Armutssichere Ausgestaltung der Erwerbsminderungsrente
  • Anpassungen im Leistungskatalog für Menschen mit Behinderung
  • Gerechte Ausgestaltung der Gesetzlichen Krankenversicherung

AWO-Positionen, um von Ar­mut Be­trof­fe­ne vor Krank­heit zu schüt­zen:

  • Verbesserung der Datenlage
  • Soziale Neu­ge­stal­tung der Zuzahlungsregelungen und Lö­sung­en für selbstständige Beitragsschuldnerinnen und -schuldner
  • Barrierearme Patientenberatung
  • konzertierte ge­sund­heit­liche För­de­rung aller Kinder
  • Gute Gesundheitsversorgung geflüchteter Menschen
  • Umsetzung ei­ner gesundheitsförderlichen Gesamtpolitik

Ge­sund­heit­liche Un­gleich­heit als Fol­ge so­zi­aler Un­gleich­heit zu be­sei­ti­gen, lautet das Ziel. Aber Gesundheitspolitik al­lein kann dies nicht er­rei­chen.  Nur ei­ne gesundheits-förderliche Gesamtpolitik im Sinne der WHO-Charta vermag durch ihr Zu­sam­men­spiel die not­wen­dige Kraft da­zu zu ent­fal­ten. Denn not­wen­dig im Sinne von Ge­sund­heits­för­de­rung und Ar­mutsreduktion sind ei­ne faire So­zi­al­po­li­tik so­wie ei­ne so­zi­al gerechte Bildungs-, Arbeitsmarkt-, Wohnungs- und Verkehrspolitik.

Fazit

Aus Sicht der AWO ist so­mit für ei­ne wirkliche Ar­mutsbekämpfung ei­ne Querschnitts- und Gesamtstrategie drin­gend er­for­der­lich. Angesichts der fragmentierten und versäulten Politiklandschaft, die bis­her aus­schließ­lich mit­tels einzelner Maß­nah­men und punk­tu­ell bzw. pro­gram­ma­tisch die Symptome von Ar­mut bekämpft, muss ein neuer ganzheitlicher Weg beschritten wer­den. Wir dür­fen es nicht länger zu­las­sen, dass trotz wirt­schaft­lich guter La­ge wei­ter­hin so viele Leute abgehängt und aus­ge­schlos­sen wer­den. Die Bun­des­re­gie­rung muss die Be­kämp­fung von Ar­mut und sozialer Un­gleich­heit als gesamtgesellschaftliche Auf­ga­be an­se­hen. Das Sozialstaatsprinzip verpflichtet die Bun­des­re­gie­rung, für soziale Ge­rech­tig­keit zu sor­gen.

Li­te­ra­tur

(1) AWO Bundesverband e. V. (Hrsg.), 2017: Selber schuld? Ana­ly­se der AWO von institutionellen und strukturellen Armutsursachen.
(2) Lampert, Tho­mas/Mielck, An­dre­as, 2008: Ge­sund­heit und soziale Un­gleich­heit. Eine Herausforderung für Politik und Pra­xis. In: Ge­sund­heit und soziale Un­gleich­heit, Jg. 8, Heft 2, 7-16 und Ro­bert Koch-Institut, 2015: Ge­sund­heit in Deutsch­land. Ge­sund­heitsberichterstattung des Bundes. Ber­lin. 148 -156
(3) Statistisches Bun­des­amt, 2014: Be­völ­ke­rung und Erwerbstätigkeit. Be­völ­ke­rung mit Migrationshintergrund - Ergebnisse des Mi­kro­zen­sus 2013. Fachserie 1, Rei­he 2.2. Wies­ba­den.

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  • Hannover

    Wohl.Fühlen in herausfordernden Zeiten

    Präventionsimpulse für die teil- und vollstationäre Pflege

    Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und neuer gesundheitlicher Herausforderungen gewinnen Gesundheitsförderung und Prävention in Pflegeeinrichtungen mehr denn je an Bedeutung. Sie tragen dazu bei, die Lebensqualität der pflegebedürftigen Menschen zu verbessern, ihre Selbstständigkeit zu erhalten, den Pflegebedarf zu reduzieren und können das Gesundheitssystem entlasten.

    Im Mittelpunkt der Fachtagung stehen innovative Ansätze für Prävention und Gesundheitsförderung in der teil- und vollstationären Pflege. Freuen Sie sich auf praxisnahe Impulse und interaktive Workshops zu aktuellen Themen wie Selbstfürsorge und Stressmanagement im Pflegealltag sowie den gesundheitlichen Folgen des Klimawandels und Nachhaltigkeit. Weitere Schwerpunkte sind Ernährung, Gewaltprävention, Bewegung und die Stärkung des psychosozialen Wohlbefindens.

    Eingeladen sind Pflege- und Betreuungskräfte, Leitungs- und Führungskräfte, Praxisanleitende, Auszubildende, Studierende, Träger und alle weiteren Interessierten.

    Die Veranstaltung bildet den Abschluss des Projekts Wohl.Fühlen – Klima und Gesundheit, einer Kooperation der LVG & AFS, der BARMER und der Hochschule Hannover.

    Kategorie: Veranstaltung
    Veranstalter: Landesvereinigung für Gesundheit und Alademie für Sozialmedizin Niedersachsen Bremen e. V.
  • Berlin

    Public Health in Krisen und Katastrophen

    Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Public Health e.V.

    Krisen und Katastrophen nehmen immer mehr Einfluss auf unseren Alltag, egal ob Pandemien, Hitzewellen, Überschwemmungen, geopolitische Konflikte oder Angriffe auf kritische Infrastrukturen. Diese und vergleichbare Ereignisse stellen eine Bedrohung für das Leben und die Gesundheit breiter Bevölkerungsgruppen dar. Angesichts dessen steht Public Health - als Wissenschaft und Praxis - vor der gewaltigen Aufgabe, unsere gemeinsame Lebensgrundlage und die Gesundheit der Bevölkerung auch unter zunehmend unsicheren Bedingungen zu schützen und zu erhalten. Gemeinsam wollen wir überlegen, welche Strukturen, Strategien und Kompetenzen erforderlich sind, um aktuellen und zukünftigen Krisenlagen im Gesundheitswesen qualifiziert begegnen zu können. 

    Das ausführliche Programm und Informationen zur Anmeldung finden Sie hier.

    Kategorie: Jahrestagung
    Veranstalter: Deutsche Gesellschaft für Public Health e.V.
  • 18.03.2026

    online

    Difu-Dialog

    Kommunale Hitzevorsorge – Strategien, Partner, Praxisbeispiele

    Mit fortschreitendem Klimawandel steigen auch die gesundheitlichen Risiken von Hitzewellen in Deutschland. Besonders gefährdet sind vulnerable Gruppen wie ältere Menschen, chronisch Kranke und sozial Benachteiligte. Hitzevorsorge und Hitzeschutz beschäftigen viele Kommunen, denn städtische Hitzeinseln verschärfen die Belastung. Maßnahmen auf individueller, kommunaler und gesamtgesellschaftlicher Ebene sind zwingend notwendig, um Städte langfristig lebenswert zu erhalten. Doch wo stehen die Kommunen in Deutschland bei diesem Thema und wie können sie sich auf Hitzewellen vorbereiten? Welche Akteur:innen sind bei der Umsetzung von Maßnahmen wichtige Partner:innen? Und welche guten Beispiele und Learnings gibt es aus Deutschland und Europa?

    Weitere Informationen und den Link zur Anmeldung finden Sie hier.

    Kategorie: Veranstaltung
    Veranstalter: Deutsches Institut für Urbanistik

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Die Geschäftsstelle des Kooperationsverbundes Gesundheitliche Chancengleichheit erreichen Sie jederzeit hier.

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