Gesundes Aufwachsen – JETZT! Psychische Gesundheit und Teilhabe von Kindern und Jugendlichen stärken
23. Jahrestreffen des Kooperationsverbundes Gesundheitliche Chancengleichheit
Donnerstag, 9. Oktober 2025, in Berlin
Die Tagesordnung finden Sie hier. Die Pressemitteilung im Anschluss der Veranstaltung finden Sie hier.
Vielfache Berichte und Stellungnahmen der letzten Jahre zeigen: Die Anzahl junger Menschen, die unter psychischen Problemen leiden, nimmt stetig zu. Der Klimawandel und seine Folgen, die Auswirkungen der Corona-Pandemie, globale Konflikte, Digitalisierung und wirtschaftliche Unsicherheiten wirken sich auf das psychische Wohlbefinden junger Menschen aus. 27 Prozent der Jugendlichen beschreiben ihre Lebensqualität als schlecht (Schülerbefragung der Bosch-Stiftung). Dabei zeigen sich immer auch große sozioökonomische Ungleichheiten.
Petra Rattay (Robert Koch-Institut) betonte in ihrem Eingangsvortrag, dass Kinder aus Ein-Eltern-Familien und Familien mit geringem Einkommen besonders häufig von psychischen Belastungen betroffen sind. Entscheidend sei, die aktuell bestehende Kinderarmut von 15 bis 21 Prozent grundsätzlich zu verringern – nicht nur ihre Folgen. Laurette Rasch (Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe, AGJ) unterstrich den Bedarf, die Kinder- und Jugendhilfe stärker als Akteurin, die einen großen Einfluss auf Gesundheit nimmt, zu positionieren. Kinder und Jugendliche müssten in all ihren Lebenswelten erreicht werden – über Kita und Schule hinaus –, durch Beteiligung und Peer-to-Peer-Ansätze sowie durch kompetente Ansprechpersonen für gesundheitliche Themen an ihrer Seite.
Angesichts der komplexen Herausforderungen und der fortbestehenden, sich sogar verschärfenden sozialen Ungleichheiten wird deutlich, dass auf allen Ebenen Handlungsbedarf besteht – sowohl hinsichtlich der strukturellen Förderung psychischer Gesundheit als auch bei deren praktischer Umsetzung. Eine ressortübergreifende Zusammenarbeit ist dabei unerlässlich: Von der kommunalen Ebene bis hin zu den Bundesländern gilt es, Transparenz zu schaffen, Synergien zu nutzen und den kontinuierlichen Austausch zu fördern. Gesundheitsförderung muss als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden und gestaltet werden, wobei den Bedingungen des Aufwachsens als Grundlage für eine resiliente und demokratische Gesellschaft besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden muss.
Der Fachtag zeigt: Um nachhaltige Veränderungen zu bewirken, braucht es einen entschlossenen Schulterschluss aller beteiligten Akteur*innen aus Wissenschaft, Praxis und Politik.
Begrüßung
- Anja Lehnhardt, Ministerium für Gesundheit und Soziales des Landes Brandenburg
Impulsvorträge
- Soziale Ungleichheit und Gesundheit von Kindern und Jugendlichen
Petra Rattay, Robert Koch-Institut - Gesundheitsförderung als Thema der Kinder- und Jugendhilfe
Laurette Rasch, Arbeitsgemeinschaft der Kinder- und Jugendhilfe
wieder erhältlich: “Das SGB VIII in Bildern – Das Sozialgesetzbuch für Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene und Familien”: https://shop.agj.de/sgb-viii-in-bildern
Austauschforen
- 1: Kommunen mit integrierter Strategie zur Kinder- und Jugendgesundheit | Mitschrift
Fortschreibung der Leitlinie Gesundheit der Landeshauptstadt München: ressortübergreifende Zusammenarbeit im Handlungsfeld Kinder- und Jugendgesundheit | Steckbrief | Präsentation
Laura Geiger, Gesundheitsreferat der Landeshauptstadt München
Regionale Fachkräfte für psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen als etabliertes Angebot zur Stärkung der Gesundheit in Bremen und Bremerhaven | Steckbrief | Präsentation
Julia Strunz, Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen Bremen
- 2: Strategische Zusammenarbeit in Bundesländern
Seelisches Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen in Hamburg - Informieren - Vernetzen - Beteiligen - Beraten | Steckbrief | Präsentation
Petra Hofrichter & Maria Gies, Hamburgische Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung (HAG)
Runder Tisch „Förderung der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen ab 10 Jahren in Hessen“ | Steckbrief | Präsentation
Dr. Katharina Böhm, HAGE – Hessische Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung
- 3: Bewegung und Sport | Mitschrift
MOVE FOR HEALTH & MOVE FOR ALL - Bewegungskampagnen zur psychischen Gesundheit und zur Chancengleichheit für Kinder und Jugendliche | Steckbrief | Präsentation
Dr. Jaana Eichhorn & Heike Hülse, Deutsche Sportjugend
MINIFIT: Gesunder Start ins Leben | Steckbrief | Präsentation | Plakat
Marina Häßlein & Annika Ilg, mhplus Krankenkasse
- 4: Suchtprävention und Gesundheitsförderung | Mitschrift
Strukturen auf Bundesebene | Steckbrief | Präsentation
Gabriele Sauermann, Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen
Zusammenarbeit auf Landesebene | Steckbrief
Andrea Hardeling, Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesstellen für Suchtfragen
Abschlussdiskussion als "Fishbowl"
Gesund aufwachsen: Wissenschaft, Praxis und Politik im Schulterschluss
Zu Beginn der Abschlussdiskussion sprach die Moderatorin Alexandra Kramm mit Quentin Gärtner (Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz), Jonathan Möller (Fachreferent der BARMER) und Stefan Pospiech (Geschäftsführer von Gesundheit Berlin-Brandenburg), im Verlauf kamen wechselnde Teilnehmende aus dem Publikum hinzu. Gärtner betonte, dass junge Menschen mit ihren Sorgen und Bedürfnissen von der aktuellen Bundesregierung kaum gehört würden, obwohl ihre Lebensqualität in den letzten Jahren deutlich gesunken sei. Er verwies auf eine Generation, die durch eine „Superdiversität“ geprägt ist – also durch sehr unterschiedliche Lebensrealitäten, soziale Hintergründe und Zukunftsperspektiven. Als positives Beispiel wurde das Kinder- und Jugendparlament der Stadt Offenbach genannt, das zeigt, wie politische Teilhabe junger Menschen auf kommunaler Ebene erfolgreich gestaltet werden kann.
Die Diskussionsrunde formulierte klare Forderungen und Handlungsempfehlungen:
- Es braucht eine verlässliche soziale und gesundheitliche Infrastruktur, in der Kommunen, Schulen, Krankenkassen, Vereine und Politik gemeinsam Verantwortung übernehmen.
- Gesundheitsförderung muss als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden werden, die verbindlich finanziert und gesetzlich verankert ist.
- Soziale Infrastruktur ist als verbindlicher Teil der Daseinsfürsorge anzuerkennen.
- Prävention sollte in positiven, lebensnahen Bildern gezeichnet werden, wobei Kinder und Jugendliche Expertinnen und Experten ihrer eigenen Lebenswelt sind.
- Mehr Sichtbarkeit, Allianzen („Banden bilden“) und Lobbyarbeit für Kinder und Jugendliche wurden als zentrale Strategien genannt, um politische Aufmerksamkeit zu erzeugen.
- Schulen sollten dabei zu Orten werden, an denen Freude, Teilhabe und psychische Gesundheit im Mittelpunkt stehen – nicht nur Leistung.
Materialien zum Thema der Veranstaltung
- Kooperationsverbund: Themenblatt „Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen im Schulalter" (2024), 4 Seiten, www.gesundheitliche-chancengleichheit.de/fileadmin/user_upload/pdf/Newsletter/Themenblatt_1-2024_bf.pdf
- Arbeitsgemeinschaft der Kinder- und Jugendhilfe (2023): Diskussionspapier „Mentale Gesundheit Jugendlicher sichern – systemübergreifend handeln! https://www.jugendgerecht.de/downloads/2023_Denkwerkstatt_JugendgerechteGesundheitspolitik_Diskussionspapier1.pdf
- Arbeitsgemeinschaft der Kinder- und Jugendhilfe (2024): „Gemeinsames Handeln befördern – Kooperationen für Gesundes Aufwachsen des Gesundheitssystems und der inklusiven Kinder- und Jugendhilfe“, www.agj.de/fileadmin/files/positionen/2024/AGJ-Positionspapier_Gemeinsames_Handeln_bef%C3%B6rdern.pdf
- Ratschlag Kinderarmut (2024) „Gemeinsamer Appell des Ratschlag Kinderarmut: Vom Kooperationsverbot zum Kooperationsgebot!“, www.nationale-armutskonferenz.de/wp-content/uploads/Ratschlag-2024_gemeinsamer_Appell_final_240905.pdf
- UNICEF: Child Well-Being in an Unpredictable World (2025), www.unicef.org/innocenti/reports/child-well-being-unpredictable-world?trk=public_post_comment-text
- Der Paritätische, „Ungleichheit von Anfang an. Bericht zu Armut und Kita-Betreuung“ (2025), www.der-paritaetische.de/alle-meldungen/aktuelle-studie-belegt-kita-politik-zementiert-soziale-ungleichheit
- Mental-Health-Kampagne der Bundesschülerkonferenz „UNS GEHTS GUT?“ (seit Mai 2025), https://bundesschuelerkonferenz.com/uns-gehts-gut