Handlungsempfehlungen des Kooperationsverbundes zur Stärkung von Kindern in belasteten Lebenslagen
Gesundheit sozial benachteiligter Kinder und Jugendlicher nachhaltig verbessern!
Die meisten Jungen und Mädchen in Deutschland wachsen gesund auf. 15 bis 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen haben jedoch einen schlechteren Gesundheitszustand oder zumindest größere Risiken, krank zu werden. Diese Kinder und Jugendlichen leben besonders häufig unter schwierigen sozialen Bedingungen. In ihrem Umfeld fehlen oft Anregungen und Unterstützung für ihre Entwicklung. Das kann sich von Geburt an negativ auf die aktuelle und künftige Gesundheit auswirken. Gesundheitliche Probleme wegen Armut können sich im Lauf des Lebens anhäufen. Besonders schwer wiegen Schädigungen schon im Mutterleib und im frühen Kindesalter.
Was bedeutet es, schlechte Gesundheitschancen zu haben?
- Kinder und Jugendliche sind bereits gesundheitlich beeinträchtigt.
- Sie haben geringere Chancen, sich erfolgreich zu entwickeln.
- Sie können weniger als andere Kinder Lebensstile und Schutzfaktoren ausbilden, die sie langfristig stärken.
- Sie erwerben mit geringerer Wahrscheinlichkeit die nötigen Lebenskompetenzen und einen guten Bildungsabschluss. Damit schwinden auch die Chancen auf eine gute Lebensperspektive, auf ein langes Leben in guter Gesundheit.
Je früher Prävention ansetzt, desto eher hilft sie auch gegen gesundheitliche Ungleichheit. Wissenschaftliche Belege zeigen, dass sich selbst Schädigungen in frühen Entwicklungsphasen noch ausgleichen lassen. So kann zum Beispiel eine spätere hohe Schulbildung frühkindliche Benachteiligung abschwächen. Gesundheitsförderung und Prävention können also in jedem Lebensalter wirken. Sie tragen wesentlich dazu bei, dass Jungen und Mädchen all ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten entwickeln können.
Wenn Kinder und Jugendliche gesund aufwachsen sollen, müssen sie in jeder Phase gefördert werden. Sie brauchen Bewegung, Entspannung und gesunde Ernährung, aber auch die umfassende Förderung von Lebenskompetenzen. Die Gesundheitsziele müssen in verschiedenen Lebenswelten oder „Settings“ wirken: Familie/Umfeld, Kindertagesstätte und Schule nennt das Nationale Gesundheitsziel „Gesund aufwachsen“.
Damit Kinder gesund aufwachsen, dürfen neue Präventionsansätze nicht auf eine Altersphase beschränkt bleiben. Gerade sozial benachteiligte Jungen und Mädchen brauchen in ihrer Entwicklung eine Verzahnung gesundheitsfördernder Ansätze längs des Altersverlaufs. Good Practice-Beispiele zeigen, dass solche „Präventionsketten“ besonders effektiv sind. Das Projekt Mo.Ki - Monheim für Kinder etwa begleitet Schwangere, unterstützt junge Familien, fördert den Kindertagesstätten-Besuch sozial benachteiligter Kinder und hilft beim Übergang in Schule bzw. Ausbildung. Das minimiert Risiken und eröffnet neue Perspektiven. Denn für Kinder und Jugendliche ist es besonders belastend, wenn Übergänge scheitern, z.B. zwischen Schwangerschaft und junger Familie, Kindergarten und Schule, Schule und Ausbildung. Gesundheitsförderung braucht einen verlässlichen zeitlichen und fachlichen Rahmen, den Kommunen mit ihren Entscheidungen setzen können. Das sichert Synergien und Zusammenarbeit auch über Altersphasen hinaus. Diesen Rahmen bieten kommunale Präventionsketten. Sie verbessern nachhaltig Gesundheit und Entwicklungschancen und bündeln Ressourcen.
Zwischen Gesundheit und Armut besteht ein enger Zusammenhang: Wenn zum Beispiel Sozial- und Bildungspolitik die soziale Lage der Menschen verbessern, wirkt das unmittelbar gesundheitsförderlich. Politischer Handlungsbedarf sollte auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene zielgerichtet angegangen und die Wirkung ergriffener Maßnahmen überprüft werden. Mittel des Bundes, der Länder, Kommunen und Krankenkassen müssen stärker konzentriert werden, um Kinder, Jugendliche und Familien mit den größten Risiken und sozialen Belastungen wirksam zu fördern.
Die Good Practice-Erfahrungen zeigen: Es gibt schon viele positive Beispiele. Doch sie müssen sich weiter verbreiten. Die Partner des Kooperationsverbundes sind sich darüber einig, dass das Niveau und die Qualität der Gesundheitsförderung in den Einrichtungen insgesamt erhöht werden sollte.
- Professionelle in den Einrichtungen sind gefordert, Eltern und Kindern stets respektvoll zu begegnen und sie an der Gestaltung des Alltags mehr zu beteiligen.
- Institutionen und Träger von Einrichtungen können dazu beitragen, die Einrichtung und ihre Arbeit gesundheitsförderlich zu gestalten. Dazu braucht es Leitbilder, Qualifizierungsangebote, Beteiligungsmöglichkeiten und ausreichende Ressourcen.
- Wichtig ist auch die Perspektive: Gesundheitsförderung sollte nicht als ein zu ergänzendes Thema betrachtet werden. Sie ist Bestandteil und Qualitätsmerkmal individueller Förderung und sollte in der jeweiligen fachspezifischen Ausprägung als solche erkannt und benannt werden.
- Gesundheitsförderung sollte fest zur Aus-, Fort- und Weiterbildung der Professionellen gehören und Bestandteil der relevanten Fachgesetze und -programme sein.
Von einer solchen Verbesserung profitieren alle - Jungen und Mädchen, Eltern und die Mitarbeitenden der Einrichtungen.