Scharfe Kritik an Ausschluss von Kindern aus dem Krankenkassenschutz
Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins Spiegel haben in Deutschland zehntausende Kinder keinen vollen Krankenversicherungsschutz. Weil viele Geringverdiener die Kassenbeiträge nicht bezahlen können und im Rückstand sind, verlieren auch ihre Familienangehörigen ihren Behandlungsanspruch. Scharfe Kritik daran kam vom Paritätischen Wohlfahrtsverband und vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte.
Dem Spiegel zu Folge ergibt sich der nicht greifende Versicherungsschutz für Familienangehörige aus einer Neuregelung innerhalb der Gesundheitsreform. Demnach deckt bei Beitragsrückständen die Krankenversicherung auch bei Ehepartner und Kindern eines Versicherten nur noch Notfälle sowie die Behandlung akuter und schmerzhafter Erkrankungen ab. Laut Spiegel hatte das Bundesgesundheitsministerium in einem Rundschreiben klargestellt, dass sich die Aussetzung bestimmter Versicherungsleistungen auch auf die Angehörigen erstreckt, wodurch die Regelung erst breitere Bekanntheit erlangte.
Als völlig überzogen und gesundheits- und armutspolitisch unverantwortlich kritisierte sie der Paritätische Wohlfahrtsverband und forderte die Bundesregierung auf, gesetzliche Korrekturen vorzunehmen, um die gesundheitliche Versorgung der betroffenen Menschen wieder zu gewährleisten. Dass lediglich Bezieher von Sozialhilfe und Hartz IV als Härtefälle gelten und von dieser Regelung ausgenommen sind, ist nach Ansicht des Verbandes unzureichend. Gleiches müsse auch für überschuldete Menschen mit gepfändetem Einkommen gelten oder für Personen, die ein Verbraucherinsolvenzverfahren durchlaufen. Insbesondere Kinder seien jedoch grundsätzlich von den Sanktionen auszunehmen. Der ohnehin besorgniserregende Zusammenhang von Einkommensarmut und Gesundheit werde so weiter zementiert, sagte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider. Der Gesetzgeber sei aufgefordert, diese völlig überzogenen Regelungen unverzüglich zu korrigieren.
„Laut UN-Kinderrechtskonvention haben alle Kinder ein Recht auf optimale medizinische Versorgung. Tatsächlich gibt es aber in Deutschland Kinder, die nur eine Minimalversorgung bekommen. Der Gesetzgeber bestraft mit seiner Regelung Kinder für die Versäumnisse bzw. den Versicherungsstatus ihrer Eltern. Dies ist ein unhaltbarer Zustand und im Sinne des Kinderschutzes nicht vertretbar", sagte Dr. med. Wolfram Hartmann, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). "Für illegal hier lebende Ausländer und auch für Bundesbürger ohne Krankenversicherung gibt es zwar in einigen Großstädten Spezialambulanzen. In diesen sind Pädiater jedoch nicht vorgesehen. Das bedeutet: in vielen Fällen sind Kinder ohne Versicherungsschutz medizinisch noch viel schlechter versorgt als Erwachsene ohne Versicherungsschutz."
Zahlreiche Projekte in unserer Praxisdatenbank befassen sich mit sozial benachteiligten Kindern und unterstützen sie und ihre Familien. Hier einige Beispiele:
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Gesundheit jetzt - in sozialen Brennpunkten
Sozialräumliche Angebote für Familien mit besonderem Unterstützungsbedarf
Download Stellungnahme des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes
Download Stellungnahme des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte