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Aktiv für Gesundheit und Chancengleichheit

Kooperative Planung – Partizipativer Praxisansatz zur Gesundheitsförderung und Prävention

14.11.2025

Kooperative Planung ist ein ganzheitlicher Ansatz der Gesundheitsförderung und Prävention, der auf die aktive Beteiligung relevanter Akteur/-innen setzt. Lebensweltexpert/-innen werden gezielt in die Zusammenarbeit mit Entscheidungsträger/-innen und Fachexpert/-innen eingebunden. Ziel dieses partizipativen Prozesses ist die Entwicklung gesundheitsförderlicher und präventiver Strukturen, die sowohl theoretisch fundiert als auch praktisch tragfähig sind.

1) Was ist Kooperative Planung?

Kooperative Planung basiert auf einem ganzheitlichen Beteiligungs- und Befähigungsansatz zur Entwicklung und Implementation von Interventionen der Gesundheitsförderung und Prävention (Rütten 1997). Ziel dieses integrativen Ansatzes ist es, gesundheitsförderliche Strukturen durch die Beteiligung verschiedener Akteur/-innen zu etablieren. Dabei trägt der primär strukturorientierte Ansatz zugleich zur Förderung von Verhaltensänderungen bei, indem er Reflexions-, Austausch- und Lernprozesse anregt. Im Rahmen der kooperativen Planungsgruppe werden Vertreter/-innen der Zielgruppe als Lebensweltexpert/-innen aktiv in die Zusammenarbeit mit Entscheidungsträger/-innen und Fachexpert/-innen eingebunden (siehe Abbildung 1). In moderierten Aushandlungsprozessen entstehen durch die Verbindung von Lebensweltexpertise, Fachwissen und Entscheidungskompetenz legitimierte und passgenaue Angebotsstrukturen, die auf die spezifischen Bedürfnisse und Möglichkeiten der beteiligten Akteur/-innen vor Ort abgestimmt sind. Dabei handelt es sich um ein systematisches Vorgehen mit festgelegten Beteiligungsstrukturen, definierten Prozessschritten und grundlegenden Qualitätsmerkmalen. Diese sind so konzipiert, dass sie bedarfsorientiert an verschiedene Kontexte und Themenfelder anpassbar sind, um akzeptierte, wirksame und nachhaltige Lösungen entwickeln zu können (Rütten et al. 2024).

2) Warum wirkt Kooperative Planung?

Lineare Top-down-Ansätze stoßen zunehmend an ihre Grenzen, wenn es um nachhaltige Verhaltens- und Strukturveränderungen in diversen Settings geht. Erfolgreiche Interventionen der Gesundheitsförderung und Prävention setzen daher verstärkt auf partizipative, kontextsensible Bottom-up-Ansätze, die individuelle, soziale und strukturelle Faktoren berücksichtigen. Entscheidendes Element ist die aktive Beteiligung aller relevanten Akteur/-innen, die gemeinsam an Planung und Umsetzung bedarfsorientierter Lösungen arbeiten (Gelius et al. 2021). Kooperative Planung integriert beide Perspektiven, indem Top-down- und Bottom-up-Prozesse wechselseitig miteinander verschränkt werden.

In der Praxis zeigt sich, dass kooperative Planungsprozesse insbesondere in kommunalen Kontexten erfolgreich umgesetzt werden können. Verschiedene Städte haben Modelle entwickelt, die eine enge Zusammenarbeit zwischen Gesundheitsämtern, Stadtplaner/-innen und der Zivilgesellschaft fördern (Helsper et al. 2020, Frahsa et al. 2012). Dabei werden nicht nur gesundheitliche Belange berücksichtigt, sondern auch soziale, ökologische und ökonomische Aspekte in die Planung integriert. Obwohl die  Wirksamkeit der Kooperativen Planung insbesondere im kommunalen Kontext nachgewiesen werden konnte, ist ihr Einsatz nicht darauf beschränkt. Sie eignet sich für alle Settings, in denen über unterschiedliche Akteursebenen hinweg, gemeinsam an tragfähigen Lösungen gearbeitet werden soll.

3) Welche Schritte umfasst die Kooperative Planung?

Die Kooperative Planung wird in klar strukturierte Phasen und Arbeitsschritte gegliedert, die den Prozess transparent machen und Beteiligung sichern (Gelius et al. 2021). In der einschlägigen Fachliteratur finden sich unterschiedliche Terminologien und Schwerpunktsetzungen, wobei die grundlegende Prozessstruktur vergleichbar bleibt. Typischerweise lassen sich folgende Phasen der Co-Creation (Stock et al. 2021) unterscheiden, die jeweils mit konkreten Arbeitsschritten und Zielen verbunden sind:

  1. Co-Ideation (Entwicklungsphase)
    Es erfolgt die Bildung einer kooperativen Planungsgruppe und die gemeinsame Ideenfindung auf Grundlage einer Bedarfsanalyse. Alle relevanten Akteur/-innen werden aktiv in den Wissensproduktionsprozess eingebunden.
  2. Co-Design (Planungsphase)
    Mit dem generierten Wissen werden konkrete Aktionen, Projekte und Programme geplant, wobei die Perspektiven der beteiligten Akteur/-innen gleichermaßen berücksichtigt werden. In der kooperativen Planungsgruppe werden gemeinsam Prioritäten gesetzt, Aktivitäten, Ziele und Visionen ausgearbeitet und im Konsens verabschiedet.
  3. Co-Implementation (Umsetzungsphase)
    Es findet die gemeinschaftliche Umsetzung des Vorhabens statt. Alle Akteur/-innen arbeiten eng zusammen, um die Inhalte des Vorhabens in die Praxis zu übertragen, Aktivitäten zu erproben und bei Bedarf anzupassen.
  4. Co-Evaluation (Evaluationsphase)
    Daten werden gemeinsam gesammelt, analysiert und interpretiert. Alle Akteur/-innen sind in den Bewertungsprozess eingebunden, um den Erfolg des Vorhabens zu prüfen und Verbesserungsmöglichkeiten zu identifizieren.

4) Praxisimpulse und Netzwerk „Kooperative Planung“

Die Umsetzung kooperativer Planungsprozesse stößt häufig auf institutionelle Barrieren, unterschiedliche Fachkulturen und begrenzte Ressourcen (Rütten et al. 2024). Gerade erfolgreiche Projekte zeigen jedoch, dass durch klare Kommunikationsstrukturen, die kontinuierliche Einbindung relevanter Akteur/-innen sowie durch die Verankerung von erreichbaren Gesundheitszielen in sämtlichen Planungsphasen akzeptierte und tragfähige Lösungen entstehen können (Gelius 2021). Die Kooperative Planung hat sich in der Praxis besonders in der Gesundheitsförderung, Sportentwicklungsplanung, Sozialplanung und Inklusion bewährt. Mit diesem Ansatz ist es gelungen, auch schwer erreichbare Bevölkerungsgruppen (z. B. Menschen mit geringem Bildungsniveau, mit Migrations- und Fluchterfahrung oder in ländlichen strukturschwachen Regionen lebend) erfolgreich und nachhaltig in die Angebots- und Maßnahmenentwicklung einzubeziehen. Die über die Kooperative Planung aufgebauten Zugänge zu schwer erreichbaren Bevölkerungsgruppen konnten an vielen Standorten dauerhaft etabliert und auch für weitere Themen genutzt werden. 

Die Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit Bayern (KGC Bayern) hat mit dem Netzwerk „Kooperative Planung“ eine bundesweite Plattform etabliert, die den inter- und transdisziplinären Austausch und die Vernetzung zum Thema Kooperative Planung fördert. Das praxiszentrierte Netzwerk trägt insbesondere zur Qualitäts- und Weiterentwicklung des kooperativen Planungsansatzes bei, schafft Qualifizierungsmaßnahmen für Akteur/-innen, erhöht die Sichtbarkeit von Kooperativen Planungsprojekten und trägt dazu bei, den Ansatz der Kooperativen Planung in verschiedenen Handlungsfeldern zu verbreiten und für unterschiedliche Zielgruppen zugänglich zu machen. Die  Landeszentrale für Gesundheit in Bayern e.V. (LZG) bietet darüber hinaus Beratungsangebote, Prozessbegleitung und diverse Schulungsformate zur Kooperativen Planung im Präsenz- und Digitalformat an. Eine Praxishilfe zur eigenen Umsetzung erhalten Interessierte durch frei zugängliche Manuale aus den Projekten BIGGESTALT oder KOMBINE sowie das Praxishandbuch Inklusion. Einen praxisnahen Einblick in die Kooperative Planung vermitteln die Good Practice-Videos (Partizipation, Dokumentation und Evaluation sowie und Zielgruppenerreichung) der KGC Bayern.

5) Fazit und Ausblick

Die Kooperative Planung stellt einen zukunftsweisenden Ansatz dar, um Gesundheitsförderung und Prävention nachhaltig zu planen und umzusetzen. Durch die systematische Beteiligung aller relevanten Akteur/-innen entstehen Strukturen, die sowohl bedarfsgerecht als auch langfristig wirksam sind. Obwohl die Kooperative Planung mitunter einen erheblichen Ressourcenaufwand und intensive Abstimmungsprozesse erfordert, führt sie zu nachhaltigen Lösungen, die sich durch ihre hohe Legitimität und breite Akzeptanz als besonders wirksam erweisen. Damit bietet die Kooperative Planung ein erprobtes Verfahren wirksamer Praxis, das einen Rahmen für die Weiterentwicklung partizipativer Formate in Gesundheitsförderung und Prävention setzt. 

 

Literaturverzeichnis

Frahsa, A., Rütten, A., Röger, U., Abu-Omar, K., & Schow, D. (2012). Enabling the powerful? Participatory action research with local policymakers and professionals for physical activity promotion with women in difficult life situations. Health Promotion International, 29(1), 171–184. doi.org/10.1093/heapro/das050. 

Gelius, P., Brandl-Bredenbeck, H.P., Hassel, H. et al. (2021). Kooperative Planung von Maßnahmen zur Bewegungsförderung. Bundesgesundheitsbl 64, 187–198. https://doi.org/10.1007/s00103-020-03263-z

Helsper, N., Dippon, L., Kohler, S., Abu-Omar, K., Pfeifer, K., Rütten, A., & Semrau, J. (2020). KOMBINE–Kommunale Bewegungsförderung zur Implementierung der Nationalen Empfehlungen. B&G Bewegungstherapie und Gesundheitssport, 36(06), 264-265.

Rütten, A., Semrau, J. & Wolff, A.R. Entwicklung gesundheitsförderlicher Strukturen durch kooperative Planung. Präv Gesundheitsf 19, 233–242 (2024). https://doi.org/10.1007/s11553-023-01045-4

Rütten, A. Kooperative Planung und Gesundheitsförderung Ein Implementationsansatz. Z. f. Gesundheitswiss. 5, 257–272 (1997). https://doi.org/10.1007/BF02956335

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  • Berlin

    Engagiert. Inklusiv. Ankommen.

    Kulturelle Teilhabe und freiwilliges Engagement als Schlüssel zur Integration für Menschen mit Fluchtgeschichte und Behinderung

    Der Verein KulturLeben Berlin – Schlüssel zur Kultur e.V. richtet im Rahmen der Veranstaltungen zum 15-jährigen Vereinsjubiläum den Fachtag "Engagiert. Inklusiv. Ankommen: Kulturelle Teilhabe und freiwilliges Engagement als Schlüssel zur Integration für Menschen mit Fluchtgeschichte und Behinderung" aus. Die Veranstaltung bringt internationale Vertreter*innen aus Wissenschaft, Politik, Kultur und Zivilgesellschaft zusammen, ebenso wie Akteur*innen aus Initiativen, Selbstorganisationen und migrantischen Communities. Ziel ist es, wissenschaftliche Erkenntnisse mit Praxiserfahrungen zu verknüpfen und tragfähige Perspektiven für die Zukunft zu entwickeln. Ein zentrales Thema des Fachtags ist die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Flucht- und Migrationsgeschichte und Behinderung.

    Neben Fachvorträgen und Impulsen im Plenum werden auch fünf parallel stattfindende Workshops für kleinere Diskussionsrunden angeboten. Das Programm des Fachtages, weitere Informationen sowie die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie hier.

    Kategorie: Fachtagung
    Veranstalter: KulturLeben Berlin – Schlüssel zur Kultur e.V.
  • Berlin

    Gesundheitsziele Konferenz 2025: Health in All Policies - Kooperation als Erfolgsfaktor

    Am 8. Dezember 2025 laden wir Sie herzlich in die Landesvertretung Brandenburg in Berlin ein, um gemeinsam die Zukunft der Präventionslandschaft in Deutschland zu gestalten. Die Konferenz bringt wichtige Akteur*innen aus Politik, Wissenschaft und Praxis zusammen, um neue Impulse für eine stärkere Verankerung von Gesundheit in allen Politikbereichen zu setzen. Dazu hält Ilka Wölfle (DSV Europa) einen Impuls zum Health in All Policies Ansatz im internationalen Vergleich. Außerdem wird der "Public Health Index - Gesundheitsschutz im internationalen Vergleich" des AOK-Bundesverbandes vorgestellt. Den Höhepunkt der Veranstaltung bildet die Podiumsdiskussion mit hochkarätigen Gäst*innen zur Zukunft der Präventionslandschaft in Deutschland. 

    Zudem erhalten Sie Einblicke in die aktuellen Arbeitsschwerpunkte des Forums Gesundheitsziele zu den Themen Einsamkeit, Gesundheit rund um die Geburt und die Aktualisierung der bisherigen Gesundheitsziele. Die Veranstaltung klingt bei einem Get-Together mit leichtem Catering aus und bietet Raum für Vernetzung und vertiefende Gespräche.

    Den Link zur Anmeldung finden Sie hier .

    Veranstalter: GVG e.V.
  • Hannover

    Wohl.Fühlen in herausfordernden Zeiten

    Präventionsimpulse für die teil- und vollstationäre Pflege

    Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und neuer gesundheitlicher Herausforderungen gewinnen Gesundheitsförderung und Prävention in Pflegeeinrichtungen mehr denn je an Bedeutung. Sie tragen dazu bei, die Lebensqualität der pflegebedürftigen Menschen zu verbessern, ihre Selbstständigkeit zu erhalten, den Pflegebedarf zu reduzieren und können das Gesundheitssystem entlasten.

    Im Mittelpunkt der Fachtagung stehen innovative Ansätze für Prävention und Gesundheitsförderung in der teil- und vollstationären Pflege. Freuen Sie sich auf praxisnahe Impulse und interaktive Workshops zu aktuellen Themen wie Selbstfürsorge und Stressmanagement im Pflegealltag sowie den gesundheitlichen Folgen des Klimawandels und Nachhaltigkeit. Weitere Schwerpunkte sind Ernährung, Gewaltprävention, Bewegung und die Stärkung des psychosozialen Wohlbefindens.

    Eingeladen sind Pflege- und Betreuungskräfte, Leitungs- und Führungskräfte, Praxisanleitende, Auszubildende, Studierende, Träger und alle weiteren Interessierten.

    Die Veranstaltung bildet den Abschluss des Projekts Wohl.Fühlen – Klima und Gesundheit, einer Kooperation der LVG & AFS, der BARMER und der Hochschule Hannover.

    Kategorie: Veranstaltung
    Veranstalter: Landesvereinigung für Gesundheit und Alademie für Sozialmedizin Niedersachsen Bremen e. V.

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