Konto und Gesundheit im Minus
Überschuldete Menschen sind häufiger krank, nehmen aber gleichzeitig das Gesundheitssystem weniger in Anspruch. Für diesen Zusammenhang liefert eine regionale Studie der Universität Mainz deutliche Hinweise.
Im Vergleich zur nicht überschuldeten Bevölkerung ist ein zwei- bis dreifach größeres Risiko feststellbar, an bestimmten Krankheiten zu leiden, vor allem an psychischen Erkrankungen und an Gelenk- und Wirbelsäulenerkrankungen. Gleichzeitig meide aber ein Großteil der Betroffenen wegen der Praxisgebühr Arztbesuche oder kaufe aus Geldmangel verschriebene Medikamente nicht, wie die Forschungsarbeit ergab.
"Die Studie zeigt am Beispiel von Rheinland-Pfalz erstmals quantitativ den Gesundheitszustand von überschuldeten Privatpersonen in Deutschland auf“, so Studienleiter Professor Stephan Letzel, Direktor des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin bei der Vorstellung von „Armut, Schulden und Gesundheit“ (ASG-Studie) am Mittwoch in Mainz. Die Daten der Untersuchung stammen aus einer anonymen schriftlichen Befragung von 666 Erwachsenen, die in Kooperation mit 53 Schuldnerberatungsstellen in Rheinland-Pfalz durchgeführt wurde. In Deutschland ist von 2,9 Millionen überschuldeten Haushalten auszugehen, das sind mehr als sieben Prozent aller Haushalte.
Die Autor/innen der Studie betonen, dass es sich bei der Überschuldungsproblematik nicht ausschließlich um ein ökonomisches oder juristisches Problem der Betroffenen handelt, sondern dass gerade gesundheitliche und soziale Probleme dominieren und eine Einschränkung insbesondere bei der gesundheitlichen Versorgung vorliegt. Sie raten dringend dazu, fächerübergreifende Präventionsprogramme einzurichten, in die die Sozialdienste der Schuldnerberatungsstellen, der Arbeitslosenberatungsstellen und der medizinische Bereich unter Beteiligung des öffentlichen Gesundheitsdienstes einzubeziehen seien. Besondere Verantwortung beim Thema Überschuldung und Gesundheit sehen die Forscher/innen auch bei den Krankenkassen.
Der BKK-Bundesverband unterstützt im Rahmen seiner Initiative zur Verminderung sozial bedingter Ungleichheit „Mehr Gesundheit für alle“ breits die Entwicklung eines Präventionsprogramms am Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universität Mainz.
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin Johannes Gutenberg-Universität Mainz