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Aktiv für Gesundheit und Chancengleichheit

Kinder- und Familienarmut in Deutschland

Raimund Geene , Berlin School of Public Health
16.10.2012

Der folgende Text ist ein Ausschnitt aus dem Aufsatz "Kinder- und Familienarmut in Deutsch­land". Den vollständigen Aufsatz können Sie hier als PDF-Dokument (389 KB) herunterladen.

Schon 1989 hat Ri­chard Hau­ser den Be­griff der „In­fan­ti­li­sie­rung der Ar­mut“ geprägt (Hauser 1989), und seit Beginn der Kon­gress­reihe zu Ar­mut und Ge­sund­heit 1995 sind die wachsenden so­zi­alen und ge­sund­heit­li­chen Prob­le­me von Kin­dern breit the­ma­ti­siert (Geene 2004). Erst in den letz­ten Jah­ren hat die Kin­der­ar­mut - bei der es ja ge­nauer ge­sagt um die Ar­mut von Fa­mi­lien mit Kin­dern, al­so ei­gent­lich ‚Fa­mi­lia­ri­sie­rung der Ar­mut’ geht - endlich den Weg in das öffentliche Be­wusst­sein und auf die par­tei­po­li­ti­sche Agen­da ge­fun­den, wo­bei sich vor allem ei­ne dra­ma­ti­sche Kin­der­ar­mut im Osten Deutsch­lands zeigt. Doch die er­folg­te The­ma­ti­sie­rung ist durch­aus am­bi­va­lent zu se­hen. PISA-Schock, die schlech­ten Ge­sund­heits­chan­cen ar­mer Kin­der und die Fäl­le von Kin­des­ver­wahr­lo­sung wer­den oft nicht als Alarm­sig­na­le ei­ner so­zi­al aus­ei­nan­der bre­chen­den Ge­sell­schaft dis­ku­tiert, son­dern mit weiterer Ver­ant­wor­tungs­ver­schie­bung hin zu den Eltern be­ant­wor­tet, wie schon But­ter­weg­ge et al. (2004) kri­ti­sie­ren und sich in den ge­sund­heits­po­li­ti­schen Stra­te­gien im­mer wie­der aus­drückt (als Zu­sam­men­stel­lung: RKI/ BZgA 2008). Im fol­gen­den Bei­trag möch­te ich skiz­zie­ren, in wel­chem kul­tu­rel­len Span­nungs­ver­hält­nis die De­bat­te steht, und Ansätze em­pa­thisch ge­präg­ter Fa­mi­lien­för­de­rung auf­zei­gen.

Gesundheitsgefahr Armut

Wenn wir uns der Fra­ge der Kindergesundheit in Deutsch­land un­be­fan­gen nähern, er­schei­nen zu­nächst die Fakten: Kinder sind in Deutsch­land die gesündeste Bevölkerungsgruppe, und ih­re Aus­sicht auf ein langes, gesundes Leben ist so gut wie nie zu­vor in der Ge­schich­te der Mensch­heit. Jun­ge El­tern und ins­be­son­de­re (wer­dende) Mütter kön­nen heute voller Zu­ver­sicht ih­rer Fa­mi­lien­grün­dung ent­ge­gen se­hen. Nie zu­vor war die Kinder- und Müttersterblichkeit so ge­ring wie heute. Und nie zu­vor hatten Kinder und ih­re Eltern der­art gewaltfreie, man könnte fast sa­gen: friedliche Zu­kunfts­per­spek­ti­ven.

Doch gleich­zei­tig sind noch nie so viele Kinder in Deutsch­land in Ar­mut ge­bo­ren. Wie passt die Aus­gangs­si­tua­tion mit den gesellschaftlichen Problemen zu­sam­men? Und was bedeutet es, wenn die soziale La­ge ge­ra­de mit Begriffen wie „Un­ter­schicht“ oder „Prekariat“ als neue Sau durchs Medien-Dorf ge­trie­ben wird?

Dahinter ste­hen erste An­zei­chen einer gesellschaftlichen Einsicht über die Be­nach­tei­li­gung der Kinder, die zu Sor­gen An­lass gibt. Kinder statt Job und da­her Ar­mutsrisiko oder Karrierehindernis, Über­ge­wicht von Kin­dern we­gen Bewegungsmangel in der auto­ge­rech­ten Stadt, Probleme von Ge­walt und Ver­nach­läs­si­gung und zu guter Letzt die Bildungsmisere wer­den schlag­licht­ar­tig be­leuch­tet. Geführt wird die De­bat­te nicht nur in den kleiner wer­denden Krei­sen der Eltern und Fa­mi­lien, son­dern auch da­rü­ber hin­aus - ist sie doch auch im In­te­res­se der kinderlosen Ge­ne­ra­ti­on einer mut­maß­lich „kin­der­ent­wöhn­ten Ge­sell­schaft“ (Schirrmacher 2006), fürchtet diese doch um die eigene Ren­te.

Mit Maß­nah­men wie dem neuen Elterngeld, besserer Kleinkindbetreuung und Bildungsförderung schon im Vorschulalter soll die La­ge von Kin­dern und Eltern verbessert wer­den. Ob dies je­doch Wir­kung zeigt, kann bislang nur be­dingt beantwortet wer­den, et­wa aus der Per­spek­ti­ve einzelner Fach­dis­zip­li­nen wie der Pä­da­go­gik (die für ein Mehr an Pä­da­go­gik eintritt), der Pä­dia­trie (hier wer­den Vor­sor­ge­un­ter­su­chun­gen als Schlüs­sel gese­hen) oder der Psychologie (die aus der Per­spek­ti­ve der Ent­wick­lungs­psy­cho­lo­gie argumentiert). In der Binnenlogik der Fachdisziplinen herrschen je­weils die eigenen Wer­te­sys­teme, und diese sind anbieter- und nicht nutzerzentriert. Nutzerzentriert wä­re die Fra­ge: Wie steht es um die Selbstwahrnehmung der Eltern und ins­be­son­de­re auch der Kinder? Welche In­te­res­sen ver­fol­gen sie, wel­che Schwerpunkte set­zen sie?

Schon im An­satz zeigt sich hier die Pro­ble­ma­tik, dass ei­ne gebündelte Per­spek­ti­ve nicht nur fehlt, ihr wird so­gar im­pli­zit die Be­rech­ti­gung abgesprochen. Denn wie al­le Fachdisziplinen ihren eigenen Geset­zen fol­gen, so se­hen auch die kindheitsbezogenen sich selbst als Maß­stab. Pädagogische, psy­cho­lo­gi­sche oder medizinische An­for­de­rung­en wer­den als Pa­ra­me­ter der Be­schrei­bung des Zu­stan­des der Kinder und Ju­gend­li­chen genommen. Kinder wer­den noch im­mer kaum als selbstständige Personen wahrgenommen, son­dern als zu betreuende. Solch wohlmei­nender Paternalismus übersieht aber die Vielfalt kindlicher Sozialisationsprozesse und die unterschiedlichen Mög­lich­keit­en, sich die­ser zu stel­len. Sie geht aus von ei­nem eher mittelständischen Blick, der die subjektiven Rationalismen von Kin­dern oder auch Eltern, die ge­ra­de in so­zi­al be­nach­tei­lig­ten Le­bens­la­gen als un­selbst­stän­dig und er­zieh­ungs­un­fähig diskreditiert wer­den, nicht zu verstehen mag.

Soziale Belastung statt sozialer Unterstützung

Das in (West-)Deutsch­land dominierende Bild der bürgerlichen Fa­mi­lie sieht die Mut­ter wei­ter­hin als Be­treu­e­rin ih­rer Kinder, als Nach­hilfelehrerin, Chauffeurin durch die Stationen einer verinselten Kind­heit und Spielanimateurin im eigenen Gar­ten hinterm Rei­hen­haus. Allen Emanzipationsbestrebungen zum Trotz und un­ge­ach­tet der angedachten Frauenerwerbsförderung stagniert die Pä­da­go­gik eben­so wie Pä­dia­trie, Prä­ven­ti­on oder die Kinder- und Ju­gend­so­zi­alarbeit bei dem antiquierten Bild. So wird die Un­ter­stüt­zung der Eltern für die Konzepte der Fach­leu­te unhinterfragt vor­aus­ge­setzt. Die völlig anderen Re­a­li­tä­ten der so­zi­al Be­nach­tei­lig­ten, die Mentalitäten und kulturellen Ziele so­zi­al Benachteiligter spie­len in die­ser Kon­zep­ti­on keine Rol­le. Wie junge Frauen oh­ne Hauptschulabschluss die Haus­auf­ga­ben­be­treu­ung ih­rer Kinder über­neh­men, wie Mehrfachmütter in vom So­zi­al­amt finanzierten kleinen Miet­woh­nung­en die Botschaften zur Unfallprävention um­set­zen, wie Migrant/in­nen ih­re Er­näh­rung auf die Optimierte Mischkost um­stel­len, wie die arbeitslosen Eltern die vermeintlichen Di­a­gno­sen des Kin­der­arz­tes ob der befürchteten Entwicklungsrückstände nicht als weitere De­mü­ti­gung der Ge­sell­schaft emp­fin­den, wie junge Mütter den Spa­gat ih­rer Identitäten zwi­schen jugendlichen Subkulturen und Müt­ter­lich­keits­an­spruch hinbekommen - all diese existenziellen Fra­gen sind noch nicht an­ge­kom­men in den Prog­ram­men zur Prä­ven­ti­on von Verwahrlosung und zur För­de­rung des Hu­man­ka­pitals.

Die bürgerliche Il­lu­si­on der schö­nen Kind­heit stößt auf ein besonderes Paradox: Gerade die Mittel- und Oberschichten, die die (ver)öf­fent­lich(t)e Mei­nung re­prä­sen­tie­ren, leiden un­ter die­ser von Frank Schirr­macher (2006) beschriebenen „Kinderentwöhnung“. Doch gleich­zei­tig prägen sie die Bilder und An­for­de­rung­en einer Kind­heit, der sie sich in ihren eigenen Lebenswelten be­reits weit­ge­hend entledigt ha­ben. Den so­zi­al be­nach­tei­lig­ten Bevölkerungsgruppen, die - wie bei­spiels­wei­se türkische Fa­mi­lien oder auch die aus Russ­land ausgesiedelten - wei­ter­hin Kinder be­kom­men und dies in fast un­ver­än­der­ter An­zahl, wird das bildungsbürgerliche Kind­heitsbild hingegen übergestülpt. Diese Dis­kre­panz zwi­schen erlebter Re­a­li­tät und bürgerlichem An­spruch setzt nicht nur die so­zi­al be­nach­tei­lig­ten Eltern, son­dern auch die Kinder un­ter enorme Span­nung und ist letzt­end­lich kaum auflösbar.

Gleichzeitig scheint Handlungsbedarf angezeigt durch die jüngsten Fälle von Kinderverwahrlosung. So sehr das gewachsene öf­fent­liche Be­wusst­sein da­rü­ber zu be­grü­ßen ist, muss gleich­zei­tig festgestellt wer­den, dass Verwahrlosung - frü­her sprach man von „Devianz“ - schon im­mer existiert hat: die Kin­dern und Ju­gend­li­chen zugeschriebene Ab­wei­chung des Idealbildes ist ein jahr­hun­derte­altes Bild, ur­sprüng­lich gar da­von ausgehend, dass Kinder und Ju­gend­li­che per se schlecht und verwahrlost seien, bis sie in engmaschigen Kon­trol­len von Heimen und Mi­li­tär dis­zi­pli­niert wer­den (Schil­ling 2005). Tatsächlich stellt der Kriminologe Chris­ti­an Pfeiffer (2005) in seinen Stu­di­en heraus, dass Verwahrlosung nicht zu­nimmt, son­dern so­gar rück­läu­fig ist. Grund da­für ist vor allem, dass die noch vor 30 Jahren weit ver­brei­te­te Ge­walt in den Fa­mi­lien stark abnimmt, ausgelöst nicht durch Re­pres­si­on, son­dern durch ge­sell­schaft­li­che Lernprozesse. Doch ge­ra­de hier stellt sich dem (bürgerlichen) Wes­ten der (pro­le­ta­ri­sche) Osten als ideale Pro­jek­ti­ons­flä­che - ein Kli­schee, das selbst ostdeutsche Po­li­ti­ker wie der ehe­ma­lige Brandenburgische In­nen­mi­nis­ter Schönbohm oder jüngst in der Dis­kus­si­on um Schwan­ger­schafts­ab­brü­che auch Sachsen-Anhalts Mi­nis­ter­prä­si­dent Böhmer all zu leicht­fer­tig be­die­nen.

Bürgerlich geprägtes Versorgungssystem

Welche Un­ter­stüt­zung liefert das Versorgungssystem in der Pha­se der frühen Kind­heit? Die Vor­sor­ge­un­ter­su­chun­gen beim Kin­der­arzt wer­den zu­nächst von den Eltern aller so­zi­alen Schich­ten wahr­ge­nom­men. Während Mittel- und Oberschichten die Ratschläge des Kin­der­arztes zu­meist gut auf­neh­men und um­set­zen kön­nen, füh­len sich so­zi­al Be­nach­tei­lig­te vielfach nicht verstanden und akzeptiert, die Tipps und An­wei­sung­en sind mit ihrer Lebensrealität oft nicht vereinbar (Meurer/Siegrist 2005 so­wie Wolf-Kühn/Geene 2009).

Vorsorgeuntersuchungen als Pflichtmaßnahme?

Auf diesem Hintergrund befremdet es be­son­ders, wenn sich auch Gesundheits- und Sozialforscher wie Klaus Hurrelmann für Zwangs­maß­nah­men bei jun­gen, so­zi­al be­nach­tei­lig­ten Müttern aus­spre­chen. In An­be­tracht der eklatanten Qualitätsmängel der fachlichen Un­ter­stüt­zung - und an­ders ist diese Dis­kre­panz zwi­schen psychoso­zi­alem Un­ter­stüt­zungsbedarf und medizinischer Leistungserbringung nicht zu be­wer­ten - re­a­gie­ren Eltern wie al­le kritischen Konsumenten: Sie verzichten auf die weitere In­an­spruch­nah­me. Diese mangelnde Be­reit­schaft ist ihr gutes Recht und im Übrigen auch ei­ne legitime Ant­wort auf ein diffuses Sam­mel­su­ri­um moralischer Verhaltensbotschaften und War­nung­en zu Er­näh­rung und plötzlichem Kinds­tod, Vitaminen und Imp­fung­en, Pro­phy­la­xen und The­ra­pien.

Für die Sozial- und Ge­sund­heits­ver­sorgung sollte es An­lass sein, die eigene Leistungserbringung rund um die zentrale, aber auch äu­ßerst kritische Lebensphase der Ge­burt und des Klein­kind­alters grund­sätz­lich in Fra­ge zu stel­len. Es bedarf noch ei­nes lan­gen Weges, die Leis­tung­en den An­for­de­rung­en anzupassen - selbst die ersten Schritte auf diesem Weg sind kaum zu er­ken­nen, denn im­mer wie­der dominiert die ord­nungs­po­li­tische Ori­en­tie­rung: Wird ein Verwahrlosungsfall skandalisiert, müs­sen po­li­tisch und ad­mi­nis­tra­tiv Ver­ant­wortliche mit­un­ter persönliche Konsequenzen zie­hen, weil die Kon­trol­le versagt habe. Die sys­te­ma­ti­sche Un­ter­ver­sor­gung mit präventiven Angeboten hingegen wird in Sonn­tags­re­den beklagt, der ur­säch­liche Zu­sam­men­hang hingegen ignoriert, die Verantwortung nicht realisiert.

Dass dies nicht al­lein ein bundesdeutsches Problem ist, zeigt die von Meurer und Siegrist (2005) für die Bun­des­zen­tra­le für ge­sund­heit­liche Auf­klä­rung (BZgA) erstellte internationale Überblicksstudie zu De­ter­mi­nan­ten der In­an­spruch­nah­me. In Skan­di­na­vi­en und anderen Ländern ist die Versorgung in­zwi­schen stärker auf die Problemlagen der jun­gen Mütter und Väter und ihrer schwierigen so­zi­alen Si­tu­a­ti­on ab­ge­stimmt, mit höherer Betreuungsdichte und lebensnäheren Un­ter­stüt­zungssystemen.

Projekte der frühkindlichen und familiären Stärkung

Dass es solche Un­ter­stüt­zungsstrukturen gibt, zeigt die Vielfalt der Projekte, die sich in der Praxis­da­ten­bank „Ge­sund­heits­för­de­rung bei so­zi­al Be­nach­tei­lig­ten“ ab­bil­den. Von den dort eingestellten 1.000 Projekten in ganz Deutsch­land sind be­reits ei­ni­ge als so ge­nann­te „Good Practice“ identifiziert, die bei­spiel­haft Wege der Un­ter­stüt­zung auf­zei­gen. Bereits an­ge­spro­chen wurden hier die Mag­de­bur­ger „Eltern-AGs“ (Armbruster/Schlabs 2009), in de­nen Mütter und Väter mit fachlicher An­lei­tung zu Selbst­hil­fe­gruppen zusammengeführt wer­den. Ziel ist nicht die Belehrung der Eltern, son­dern vielmehr die Stär­kung ih­rer elterlichen In­tu­i­ti­on. Es geht von ei­nem po­si­ti­ven Elternbild aus, wissend, dass al­le Eltern sich ein glückliches familiäres Zusammenleben wün­schen und da­bei Handlungsmuster ent­wi­ckeln, die ih­ren so­zi­alen Be­din­gung­en ent­spre­chen. Mit der Er­öff­nung weiterer Handlungsperspektiven durch die fachlichen Mentoren und der Knüp­fung ei­nes Netz­wer­kes mit anderen jun­gen Eltern wird diese Grund­be­din­gung konstruktiv aufgegriffen und geformt.

Allen Projekten ist ge­mein­sam, dass sie unkonventionelle Wege su­chen, Eltern anzusprechen und ih­re In­te­res­sen aufzugreifen. Zentral da­für ist der An­satz des Communitybuildings, mit dem über­haupt erst Mög­lich­keit­en zur Kom­mu­ni­ka­ti­on junger Eltern und da­mit erste Grund­la­gen für Entwicklungsprozesse geschaffen wer­den. Statt weiterer paternalistischer Be­treu­ung, der sich viele junge Eltern nach Schul­en­de und Tren­nung aus dem eigenen El­tern­haus ge­ra­de erst entzogen haben, set­zen diese Projekte auf ei­ne Stär­kung elterlichen Selbstbewusstseins und elterlicher In­tu­i­ti­on.

Die unterschiedlichen sozialen und kulturellen Re­a­li­tä­ten als positiven Aus­gangs­punkt zu set­zen ist das zukunftsweisende Kon­zept des Diversity-Managements, das in Deutsch­land ins­ge­samt noch we­nig angekommen ist. Zahlreiche Beispiele aus England, Holland, Frank­reich oder Bel­gi­en zei­gen das Po­ten­zial die­ser Stra­te­gie, ge­ra­de auch in der sozialen und gesundheitlichen Be­glei­tung junger Eltern. Hier versteht sich die Un­ter­stüt­zungsarbeit als Inklusion, al­so als aktives Kennenlernen der elterlichen Wünsche und Ziele.

Auch wenn ei­ne solche Herangehensweise in Deutsch­land noch uto­pisch erscheint, sollte sie doch da­zu die­nen, der weiteren Ent­wick­lung gesundheitlicher und sozialer Un­ter­stüt­zung junger Fa­mi­lien als Ori­en­tie­rung zu die­nen - ge­ra­de auch in der schwierigen Si­tu­a­ti­on des tief greifenden sozialen Wandels in Ost­deutsch­land.

Literaturverzeichnis

  • Butterwegge, C./ Klundt, M./ Zeng, M., (2004): Kinderarmut in Ost- und West­deutsch­land. Wies­ba­den.
  • Geene, R., (2004): Ar­mut und Ge­sund­heit. In: Luber, E./Geene, R., (Hrsg.): Qualitätssicherung und Evidenzbasierung in der Ge­sund­heits­för­de­rung. Frankfurt.
  • Hauser, R., (1989): Ent­wick­lungstendenzen der Ar­mut in der Bundesrepublik Deutsch­land. In: Döring, D./Hauser, R., (Hrsg.), Politische Kul­tur und So­zi­al­po­li­tik. Frankfurt/M./New York.
  • Meurer, A./Siegrist, J., (2005): De­ter­mi­nan­ten des Inanspruchnahmeverhaltens präventiver und kurativer Leis­tung­en im Ge­sund­heitsbereich durch Kinder und Ju­gend­li­che. Rei­he For­schung und Pra­xis der Ge­sund­heits­för­de­rung, Band 25. Köln.
  • Pfeiffer, C., (2005): Weniger Verbrecher, mehr Pa­nik­ma­che. In: Die Zeit (60) 23 vom 10.11.2005, S. 9.
  • RKI Ro­bert Koch In­sti­tut/ BZgA Bun­des­zen­tra­le für ge­sund­heit­liche Auf­klä­rung (Hg.) (2008): Erkennen - Bewerten - Handeln: Zur Ge­sund­heit von Kin­dern und Ju­gend­li­chen in Deutsch­land. Ber­lin.
  • Schil­ling, J., (2005): Soziale Ar­beit. Ge­schich­te, The­o­rie, Profession. Mün­chen.
  • Schirrmacher, F., (2006): Mi­ni­mum. Vom Vergehen und Neuentstehen unserer Ge­sell­schaft. Mün­chen.
  • Wolf-Kühn, N./Geene, R., (2009): Früh­er­ken­nung und Frü­he Hilfen. In: Geene, R./Gold, C. (Hg.): Kinderarmut und Kindergesundheit. Bern.
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  • Vechta

    „Wie können wir gesund alt werden in einer vielfältigen Welt?“

    Tagung im Rahmen der Veranstaltungsreihe zum Neunten Altersbericht

    Die Tagung am 1. Oktober 2025 in Vechta ist Teil einer Veranstaltungsreihe des Bundesministeriums für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMBFSFJ) zum Neunten Altersbericht der Bundesregierung und findet in Kooperation mit der Universität Vechta statt.

    Bei der Veranstaltung sollen zentrale Ergebnisse des Neunten Altersberichts zum Thema Gesundheit und Versorgung vorgestellt und die entsprechenden Handlungsempfehlungen der Altersberichtskommission vor dem Hintergrund unserer vielfältigen Gesellschaft diskutiert werden. In drei Symposien besteht die Möglichkeit, spezifische Themen zur Gesundheitsförderung und Quartiersentwicklung, zur Versorgungssituation in Medizin und Pflege sowie zu den Wechselwirkungen von Wohnen, Mobilität und Gesundheit vertiefend zu besprechen.

    Infos zur Tagung und die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie hier: https://www.neunter-altersbericht.de/gesundheit.

    Kategorie: Tagung
    Veranstalter: Deutsches Zentrum für Altersfragen
  • Berlin

    Barcamp Nachhaltigkeit und Klimaresilienz

    Zusammen stark durch heiße Zeiten - mit Ideen, die bewegen

    Der AWO Bundesverband und die Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG) laden alle Interessierten herzlich zum Barcamp „Nachhaltigkeit und Klimaresilienz“ ein. Beide Organisationen setzen sich seit Jahren für eine klimagerechte und gesunde Zukunft ein – in der Wohlfahrtspflege und darüber hinaus.

    Die AWO hat bereits vor einigen Jahren beschlossen, dass sie mit ihren über 18.000 Einrichtungen vor dem Jahr 2040 klimaneutral werden möchte. Wir sind unglaublich stolz, dass das Thema in den letzten Jahren so an Fahrt aufgenommen und nicht zuletzt dank eurem Engagement bereits zu vielen spannenden Veränderungen in der AWO-Welt und darüber hinaus geführt hat. Projekte wie „klimafreundlich pflegen“, „Hitzeresiliente und Gesundheitsfördernde Lebens- und Arbeitsbedingungen in der stationären Pflege (HIGELA)“ und „KidZ - köstlich in die Zukunft“ waren dabei wichtige Impulsgeber.

    Anlässlich des Abschlusses der beiden letztgenannten Projekte, die AWO und KLUG gemeinsam durchführen und vom BKK Dachverband gefördert werden, wollen wir mit Euch über den Weg der Freien Wohlfahrtspflege zur Klimaneutralität und -resilienz sprechen sowie innovative Methoden und Ansätze aus euren Arbeitsbereichen kennenlernen.

    Hier zur Anmeldung.

    Kategorie: Veranstaltung
    Veranstalter: Arbeiterwohlfahrt Bundesverband
  • Ludwigsburg

    Die gesunde Kommune von morgen

    Am 16.10.2025 findet der Fachtag „Die gesunde Kommune von morgen“ an der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg statt.

    Es geht um die folgenden zentralen Fragen:
    Wie können Kommunen mit klimatischen Belastungen, dichter Bebauung und neuen Risiken wie Cyberangriffen oder großflächigen Stromausfällen umgehen? 

    Welche Verantwortung kommt dem Öffentlichen Gesundheitsdienst dabei zu? 

    Und wie lässt sich Resilienz lokal, konkret und wirkungsvoll verankern?

    Es werden Perspektiven aus Forschung, Verwaltung und Praxis zusammengetragen:
    Mit Beiträgen zur Katastrophenhilfeforschung, zu realen kommunalen Bedrohungslagen und zur strategischen Resilienzplanung.

    In Workshops wird vertiefend zu kinderfreundlicher Stadtentwicklung, digitalen Risiken, dem Community Readiness Assessment und zur Rolle des ÖGD in gesunder Stadt- und Gemeindepolitik gearbeitet.

    Programm, Teilnahmegebühr: 40€; Anmeldung bis 09.10.2025 möglich auf der Website.

    Kategorie: Veranstaltung
    Veranstalter: APOLLON Hochschule der Gesundheitswirtschaft

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