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Aktiv für Gesundheit und Chancengleichheit

Gesundheit fördern, Krankheit verhindern

Hanna Permien , Deutsches Jugendinstitut e.V.
26.03.2012

Der folgende Text ist ei­ne gekürzte Fas­sung des Artikels Ge­sund­heit för­dern, Krank­heit ver­hin­dern, der 2011 im Bul­le­tin des Deut­schen Jugendinstituts  DJI Impulse veröffentlicht wurde. Die voll­stän­di­ge Aus­ga­be des Bul­le­tins 2-2011 und da­mit die gesamte Fas­sung des Artikels kön­nen Sie hier als PDF-Dokument (2,6 MB) herunterladen.

Begreift man Ge­sund­heit le­dig­lich als »Abwesenheit von Krankheit« - und diese Vorstellung ist weit verbreitet -, so erscheint Prä­ven­ti­on als die ein­zig logische Stra­te­gie zur Si­che­rung von Ge­sund­heit. Prä­ven­ti­onsprogramme kön­nen sehr er­folg­reich sein: Sie haben we­sent­lich da­zu beigetragen, et­wa die Häufigkeit von In­fek­ti­ons­krank­heit­en zu re­du­zie­ren. Sie ori­en­tie­ren sich in der Re­gel an bestimmten Ge­sund­heitsnormen und ar­bei­ten mit von Ex­per­ten entwickelten Me­tho­den, um ih­re Ziele zu er­rei­chen. Diese Programme ge­hen zu­dem nicht sel­ten von eher eindimensionalen Ursache-Wirkungs-Zu­sam­men­hän­gen aus. Das Ziel ist über­wie­gend, einzelne Menschen zu mehr gesundheitsdienlichem Ver­hal­ten zu mo­ti­vie­ren. Für einen Teil der angestrebten Ziele rei­chen diese re­la­tiv schlich­ten Konzepte auch meist aus. Sie haben zu­dem den Vorteil, dass die Programme handhabbar und zu­min­dest in ih­ren unmittelbaren Wir­kung­en über­prüf­bar blei­ben.

Die Lebensbedingungen berücksichtigen

Doch die Reich­wei­te von Prä­ven­ti­on ist be­grenzt. Sozial Be­nach­tei­lig­te haben viel mehr Ge­sund­heits­prob­leme als an­de­re Be­völ­ke­rungs­gruppen, und das gilt schon für Kinder. Auch wenn sie ge­sund­heit­liche Normen wie et­wa »Mund­gesund­heit« voll ak­zep­tie­ren, tun sie viel weniger für ih­re Zähne als so­zi­al Bes­ser­ge­stel­lte (RKI 2008). Hier zeigt sich das bekannte »Prä­ven­ti­onsdilemma«. Um die­ses Di­lem­ma zu über­win­den, muss mehr gezielte Prä­ven­ti­on betrieben wer­den. Neben der Verhaltens-Prä­ven­ti­on ist zu­dem verstärkt Verhältnis-Prä­ven­ti­on zu leis­ten. Generell gilt je­doch: Prä­ven­ti­onsprogramme haben zwar ih­ren Sinn in der Re­duk­ti­on von Krank­heitsrisiken, aber sie rei­chen nicht aus, um Ge­sund­heit zu för­dern. Vielmehr muss Prä­ven­ti­on ergänzt wer­den durch ei­ne breit angelegte Ge­sund­heits­för­de­rung. Denn Ge­sund­heit, so die Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sa­ti­ (WHO), ist weit mehr als Ab­we­sen­heit von (körperlicher) Krank­heit: Sie umfasst körperliches, seelisches und so­zi­ales Wohl­be­fin­den. In der »Ottawa Charta« der WHO (1986) wird zu­dem ausgeführt, dass die Menschen selbst in ih­rem All­tag Ge­sund­heit herstellen, in­dem sie für sich und an­de­re sor­gen und Kon­trol­le über ih­re Lebensumstände aus­üben kön­nen. Deshalb fordert die WHO aus­drück­lich, »dass die Ge­sell­schaft, in der man lebt, Be­din­gung­en herstellt, die allen ih­ren Bürgern Ge­sund­heit ermöglichen«.

Schutzfaktoren aktivieren

Der pathogenetische An­satz der Prä­ven­ti­on muss al­so ergänzt wer­den durch die Salutogenese. Diese fragt nicht da­nach, was krank ma­chen könnte - son­dern wie Menschen trotz unvermeidlicher ge­sund­heit­licher) Be­las­tung­en mög­lichst ge­sund blei­ben, al­so ihr Wohl­be­fin­den be­wah­ren kön­nen. Ge­sund­er­hal­tung in diesem Sinne braucht die Chan­ce auf Selbst­be­stim­mung und Par­ti­zi­pa­ti­on und die Stär­kung von persönlichen, so­zi­alen und kulturellen Res­sour­cen, zusammengefasst un­ter Begriffen wie »Hand­lungs­befähigung«. Zentral ist die Herstellung ge­sundheitsförderlicher Lebensverhältnisse für al­le Men­schen - und da­mit geht es um »Befähigungsgerechtigkeit« - ge­ra­de auch für so­zi­al Be­nach­tei­lig­te (Deutscher Bun­des­tag 2009). Dieser For­de­rung liegt die Er­kennt­nis zu­grun­de, dass ge­sund­heit­liche) Risikofaktoren und Be­las­tung­en durch die Aktivierung vorhandener Res­sour­cen aus­ge­gli­chen wer­den kön­nen, die als »Schutzfaktoren« wirk­sam wer­den.

Eine zentrale Stra­te­gie der Ge­sund­heits­för­de­rung ist der auf die Lebenswelt der Ad­res­sa­tin­nen und Adressaten bezogene Setting-An­satz. Da die ent­spre­chen­den An­ge­bo­te so­wohl verhältnis- wie verhaltensbezogen sind, kön­nen sie auch so­zi­al Be­nach­tei­lig­te gut er­rei­chen. Dies ist be­son­ders wich­tig, da Prä­ven­ti­ons­pro­gram­me von »Risikogruppen« oft nicht genutzt wer­den und le­dig­lich die »Fitten noch fitter ma­chen«. Zudem zei­gen sich schon bei He­ran­wachsenden in den letzten Jahrzehnten deutliche Veränderungen von akuten zu chronischen Er­kran­kung­en und von somatischen hin zu psychosomatischen und psychoso­zi­alen Stö­rung­en und Ver­haltensauffälligkeiten. Das umfassende bio-psycho-so­zi­ale Mo­dell der WHO entspricht diesen »neuen Mor­bi­di­tä­ten«, die die Er­gän­zung von Prä­ven­ti­on durch Ge­sund­heits­för­de­rung un­be­dingt ver­lan­gen. Denn diese Probleme ha­ben oft viele und kei­nes­wegs ein­deu­tige Ursachen. Der »so­zi­ale Gra­di­ent« - al­so die we­sent­lich stär­kere ge­sund­heit­liche Be­las­tung von niedrigen ge­gen­über höheren so­zi­alen Sta­tus­grup­pen, die sich be­reits in frühem Al­ter zeigt - verweist aber ein­deu­tig auf die wich­tige Rol­le von Le­bens­stil, Le­bens­ver­hält­nis­sen und sub­jek­tiv erlebter Le­bens­qua­li­tät für die Ent­ste­hung von Prob­le­men.

Erkrankungen können weitreichende negative Auswirkungen haben

Weiter gilt: Verschiedene Be­ein­träch­ti­gung­en tre­ten zu­sam­men auf und verstärken sich ge­gen­sei­tig. Besonders be­trof­fen sind wie­de­rum so­zi­al benachteiligte Heranwachsende, vor allem solche mit Mi­gra­tions­hintergrund. Sie haben deut­lich weniger Res­sour­cen, um aus diesen »Teufelskreisen« aus­zu­bre­chen (RKI 2008). Zudem verlaufen viele die­ser Stö­rung­en chro­nisch oder zie­hen Fol­ge­er­kran­kun­gen nach sich, haben al­so un­ter Umständen negative Aus­wir­kung­en auf das ganze weitere Leben und die Mög­lich­keit­en der Lebensgestaltung. Zu be­den­ken ist auch, dass starre Ge­sund­heits­nor­men und ent­spre­chen­de Prä­ven­tions­prog­ram­me Probleme verstärken oder gar das eigentliche Problem sein kön­nen.

Aus all dem folgt, dass sich viele Probleme nicht iso­liert von­ei­nan­der und nicht iso­liert von anderen Men­schen und den Le­bens­ver­hält­nis­sen lö­sen las­sen. Es kann al­so nicht um die (gar nicht so seltene) Aneinanderreihung segmentierter, iso­lierter Prä­ven­ti­ons­pro­gram­me ge­hen, die sich mal auf Über­ge­wicht und ge­sun­de Er­näh­rung, mal auf Rauchen und Al­ko­hol, mal auf Mund­ge­sund­heit oder Stress­re­duk­tion beziehen. Sie re­du­zie­ren den Menschen be­zie­hungs­wei­se sei­nen Körper qua­si auf sei­ne »Ri­si­ko­faktoren«. Dies wird we­der den neuen Morbiditäten noch den Menschen in ihrer le­bens­welt­li­chen Verankerung und ihrem Be­dürf­nis nach Selbst­be­stim­mung ge­recht noch ihren Problemen, die oft ganz wo­an­ders oder viel tiefer lie­gen. Noch viel problematischer ist es, wenn das »Fördern und For­dern« des »aktivierenden Sozialstaats« auch auf Prä­ven­ti­on bezogen und deren Scheitern al­lein dem Einzelnen angelastet und die­ser dann »fallengelas­sen« wird - frei nach dem Mot­to von Herbert Achternbusch: »Du hast keine Chan­ce - aber nutze sie!«.

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  • Berlin

    Engagiert. Inklusiv. Ankommen.

    Kulturelle Teilhabe und freiwilliges Engagement als Schlüssel zur Integration für Menschen mit Fluchtgeschichte und Behinderung

    Der Verein KulturLeben Berlin – Schlüssel zur Kultur e.V. richtet im Rahmen der Veranstaltungen zum 15-jährigen Vereinsjubiläum den Fachtag "Engagiert. Inklusiv. Ankommen: Kulturelle Teilhabe und freiwilliges Engagement als Schlüssel zur Integration für Menschen mit Fluchtgeschichte und Behinderung" aus. Die Veranstaltung bringt internationale Vertreter*innen aus Wissenschaft, Politik, Kultur und Zivilgesellschaft zusammen, ebenso wie Akteur*innen aus Initiativen, Selbstorganisationen und migrantischen Communities. Ziel ist es, wissenschaftliche Erkenntnisse mit Praxiserfahrungen zu verknüpfen und tragfähige Perspektiven für die Zukunft zu entwickeln. Ein zentrales Thema des Fachtags ist die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Flucht- und Migrationsgeschichte und Behinderung.

    Neben Fachvorträgen und Impulsen im Plenum werden auch fünf parallel stattfindende Workshops für kleinere Diskussionsrunden angeboten. Das Programm des Fachtages, weitere Informationen sowie die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie hier.

    Kategorie: Fachtagung
    Veranstalter: KulturLeben Berlin – Schlüssel zur Kultur e.V.
  • Berlin

    Gesundheitsziele Konferenz 2025: Health in All Policies - Kooperation als Erfolgsfaktor

    Am 8. Dezember 2025 laden wir Sie herzlich in die Landesvertretung Brandenburg in Berlin ein, um gemeinsam die Zukunft der Präventionslandschaft in Deutschland zu gestalten. Die Konferenz bringt wichtige Akteur*innen aus Politik, Wissenschaft und Praxis zusammen, um neue Impulse für eine stärkere Verankerung von Gesundheit in allen Politikbereichen zu setzen. Dazu hält Ilka Wölfle (DSV Europa) einen Impuls zum Health in All Policies Ansatz im internationalen Vergleich. Außerdem wird der "Public Health Index - Gesundheitsschutz im internationalen Vergleich" des AOK-Bundesverbandes vorgestellt. Den Höhepunkt der Veranstaltung bildet die Podiumsdiskussion mit hochkarätigen Gäst*innen zur Zukunft der Präventionslandschaft in Deutschland. 

    Zudem erhalten Sie Einblicke in die aktuellen Arbeitsschwerpunkte des Forums Gesundheitsziele zu den Themen Einsamkeit, Gesundheit rund um die Geburt und die Aktualisierung der bisherigen Gesundheitsziele. Die Veranstaltung klingt bei einem Get-Together mit leichtem Catering aus und bietet Raum für Vernetzung und vertiefende Gespräche.

    Den Link zur Anmeldung finden Sie hier .

    Veranstalter: GVG e.V.
  • Hannover

    Wohl.Fühlen in herausfordernden Zeiten

    Präventionsimpulse für die teil- und vollstationäre Pflege

    Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und neuer gesundheitlicher Herausforderungen gewinnen Gesundheitsförderung und Prävention in Pflegeeinrichtungen mehr denn je an Bedeutung. Sie tragen dazu bei, die Lebensqualität der pflegebedürftigen Menschen zu verbessern, ihre Selbstständigkeit zu erhalten, den Pflegebedarf zu reduzieren und können das Gesundheitssystem entlasten.

    Im Mittelpunkt der Fachtagung stehen innovative Ansätze für Prävention und Gesundheitsförderung in der teil- und vollstationären Pflege. Freuen Sie sich auf praxisnahe Impulse und interaktive Workshops zu aktuellen Themen wie Selbstfürsorge und Stressmanagement im Pflegealltag sowie den gesundheitlichen Folgen des Klimawandels und Nachhaltigkeit. Weitere Schwerpunkte sind Ernährung, Gewaltprävention, Bewegung und die Stärkung des psychosozialen Wohlbefindens.

    Eingeladen sind Pflege- und Betreuungskräfte, Leitungs- und Führungskräfte, Praxisanleitende, Auszubildende, Studierende, Träger und alle weiteren Interessierten.

    Die Veranstaltung bildet den Abschluss des Projekts Wohl.Fühlen – Klima und Gesundheit, einer Kooperation der LVG & AFS, der BARMER und der Hochschule Hannover.

    Kategorie: Veranstaltung
    Veranstalter: Landesvereinigung für Gesundheit und Alademie für Sozialmedizin Niedersachsen Bremen e. V.

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