Debatte um Bekämpfung von Kinderarmut
Auf Bundesebene wird eine familien- und steuerpolitische Diskussion um Kindergeld und Kinderfreibetrag geführt. Dabei geht es um zwei verteilungspolitische Kernfragen: den Ausgleich zwischen Steuerpflichtigen mit und ohne Kindern sowie Verteilungsfragen zwischen Arm und Reich.
Laut 2. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung von 2005 sind Kinder die größte Gruppe unter den Sozialhilfeempfängern. Nach Berechnungen des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes (DPWV) leben seit der Einführung des ALG II 1,5 Millionen Kinder in Deutschland auf Sozialhilfeniveau. Insgesamt leben laut DPWV 14,2 Prozent der Kinder in Armut.
Gegenstand der aktuellen Diskussion in den Parteien ist der Kinderfreibetrag. Er geht auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zurück, das den Schutz der Familie verlangt. Danach ist allen Eltern ein Ausgleich für ihre finanziellen Belastungen zu gewähren. Der Bundesverfassungsgericht sieht dies durch eine Kombination aus steuerfreiem Existenzminimum, dem Kinderfreibetrag, und dem Kindergeld gewährleistet. Freibeträge sind jedoch unter Aspekten der Verteilungsgerechtigkeit umstritten: Derzeit haben Eltern ab einem Jahreseinkommen von rund 32.000 Euro (Ledige) beziehungsweise 64.000 Euro(Verheiratete) je nach individuellem Steuersatz zum Teil deutlich mehr von der Berücksichtigung des Kinderfreibetrages als vom Kindergeld in Höhe von 154 Euro monatlich.
Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Joachim Poß erklärte gegenüber Medien am Montag, 21. August 2006: "Gerechter wäre ein einheitliches Kindergeld ohne ergänzende Kinderfreibeträge". Die vom Verfassungsgericht geforderten Steuerfreibeträge kämen in erster Linie Spitzenverdienern zugute, so Poß. Mit den freiwerdenden Steuermitteln könnten seiner Meinung nach öffentliche Betreuungsangebote finanziert werden.
In der CDU wird hingegen ein Familiensplitting diskutiert. Auf diesem Weg soll eine gerechte Besteuerung von Familien und Steuerpflichtigen mit Kindern sichergestellt werden. Davon könnten auch unverheiratete Eltern profitieren. Laut tageszeitung vom Mittwoch, 23. August 2006, wandte sich die CDU gegen die von Poß vorgeschlagenen Änderungen, da sie nicht finanzierbar seien. "Die Erhöhung des Kindergeldes für alle kostet weitaus mehr als durch die Abschaffung des Kinderfreibetrages eingespart werden könnte", erklärte CDU-Finanzexperte Michael Meister. Der Ersatz des Steuerfreibetrages durch eine reine Kindergeldlösung mache eine deutliche Anhebung des Kindergeldes nötig, so Meister weiter.
Die FDP reagierte auf die Vorschläge von Poß mit einer Pressemitteilung am Montag, 21. August 2006. Die familienpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion Ina Lenke erklärte, dass statt einer Kürzung der steuerlichen Kinderfreibeträge den Eltern die echten Kosten für Kinder von der Lohn- und Einkommenssteuer freigestellt werden sollten. Die derzeitigen steuerlichen Kinderfreibeträge deckten das notwendige Existenzminimum der Kinder keinesfalls ab. Deshalb fordert die FDP, die Kinderfreibeträge den Erwachsenenfreibeträgen anzugleichen.
Die kinder- und jugendpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE., Diana Golze, fordert in einer Pressemitteilung vom 22. August 2006 eine Erhöhung des Kindergeldes zur Familien- und Kinderförderung. Dies könne durch eine Erhöhung des Kindergeldes auf 250 Euro für alle und eine Mehrzahlung an Kindergeld für gering Verdienende, durch die Gewährleistung eines steuerfreien Existenzminimums in angemessener Höhe und die Abschaffung des Ehegattensplittings herbeigeführt werden, so Golze.