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Aktiv für Gesundheit und Chancengleichheit

Beitrag zum Thema "Gesundheit im Alter ein Menschenrecht"

Claudia Mahler , Deutsches Institut für Menschenrechte
03.04.2018

Das Recht auf Ge­sund­heit endet nicht mit einem bestimmten Höchstalter, son­dern steht allen Menschen auf­grund ihrer Men­schen­wür­de zu. Gerade im Hinblick auf die Rech­te älterer Menschen gibt es hier al­ler­dings Verbesserungspotential zum Schutz älterer Menschen so­wie der Stär­kung des Themas in der Ge­sund­heitspolitik. Dazu bei­tra­gen würde be­son­ders der Zu­schnitt auf die gesundheitlichen Bedarfe älterer Menschen.

Recht auf Ge­sund­heit

Das Men­schen­recht auf ein Höchstmaß an körperlicher und geistiger Ge­sund­heit ist in Art. 12 des Sozialpakts ge­re­gelt. Darüber hinaus ist das Recht auf Ge­sund­heit in weiteren internationalen Konventionen, die bei­spiels­wei­se die Rech­te von Frauen und Menschen mit Be­hin­de­rung genauer aus­ge­stal­ten, eben­falls verankert. Der Expertenausschuss, der für die Einhaltung der Normen des Sozialpakts zu­stän­dig ist, hat für das Recht auf Ge­sund­heit vier Kernelemente in sei­ner Allgemei­nen Be­mer­kung zum Recht auf Ge­sund­heit ausgearbeitet. Ge­sund­heitseinrichtungen, Medikamente und Dienst­leis­tung­en müs­sen ent­spre­chend auch für ältere Menschen verfügbar, zu­gäng­lich und an­nehm­bar sein. Ebenso muss Qua­li­tät geboten wer­den, um die Sub­stanz des Rech­tes auf ein Höchstmaß an körperlicher und geistiger Ge­sund­heit zu er­fül­len.

Für ei­nen menschenrechtlichen An­satz müs­sen Politik und Gesetze mit den beste­henden menschenrechtlichen Verpflichtungen des Staates im Ein­klang sein. Handlungen und Stra­te­gien wer­den an Men­schen­rechten ausgerichtet und an den menschenrechtlichen Vorgaben ge­mes­sen.
Men­schen­rechte und menschenrechtliche Prinzipien müs­sen folg­lich auch Grund­la­ge für die Weiterentwicklungsprozesse in der Senioren- und Ge­sund­heitspolitik sein. Men­schen­rechte sind Ansprüche jedes einzelnen Menschen ge­gen den Staat: auf Ach­tung, Schutz und Ge­währ­leis­tung der menschenrechtlich geschützten Frei­heit­en. Der einzelne Mensch muss da­her als Rechts­trä­gerin bzw. Rechts­trä­ger im Mit­tel­punkt staatlicher Politik ste­hen. Der Men­schen­rechtsansatz verlangt, dass Menschen in verletzlichen Le­bens­la­gen nicht diskriminiert wer­den und die Mög­lich­keit ei­nes selbstbestimmten Lebens haben.

Ältere Personen haben dieselben Men­schen­rechte wie  al­le anderen Menschen, dies folgt aus ihrem Menschensein - ihrer Men­schen­wür­de. Die Men­schen­rechte gel­ten für al­le Menschen un­ab­hän­gig von ihrem Al­ter, ihrer Nationalität, ihrer „Ras­se“, ihrer Ethnizität, ihrer Spra­che, ihres Geschlechts und ihrer sexuellen Ori­en­tie­rung.

Ar­ti­kel 1 der Allgemei­nen Er­klä­rung der Men­schen­rechte (AEMR) von 1948 legt fest, “Alle Menschen sind frei und gleich an Wür­de und Rech­ten ge­bo­ren“.

Die AEMR ist das erste Do­ku­ment der Vereinten Nationen, das die Men­schen­rechte um­fas­send vereint. Einige Jahre spä­ter wurden diese Rech­te in bindende internationale Verträge, den In­ter­na­ti­o­na­len Pakt über bürgerliche und politische Rech­te (UN Zivilpakt)1 und den In­ter­na­ti­o­na­len Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rech­te (UN Sozialpakt)2, gegossen. Diese menschenrechtlichen Verträge wurden ste­tig weiterentwickelt und für unterschiedliche Grup­pen in verletzlichen Le­bens­la­gen eigene menschenrechtliche Verträge geschaffen. So wurden bei­spiels­wei­se für Frauen (Übereinkommen zur Beseitigung je­der Form von Diskriminierung der Frau)3 oder jüngst für Menschen mit Be­hin­de­rung (UN-Behindertenrechtskonvention)4 Konventionen mit ei­nem besonderen Zu­schnitt entwickelt, die die spezifischen Problemlagen der Grup­pe sichtbar ma­chen.

Eine eigene Konvention mit speziellem Zu­schnitt für ältere Menschen gibt es bis­her nicht. Daraus resultiert auch die geringe Sicht­bar­keit von älteren Menschen im der­zeitigen Sys­tem des Men­schen­rechtsschutzes. Dies könnte sich aber durch ein neues In­stru­ment verändern, wie es der­zeit in der Offenen Ar­beitsgruppe der Vereinten Nationen zu den Rech­ten Älterer besprochen wird.

Be­deu­tung für die Ziel­grup­pe der älteren Menschen

Ein erhöhtes Auftreten von chronischen Krank­heit­en und Be­hin­de­rung ist mit zuneh­mendem Le­bens­al­ter fest­stell­bar. Diese vermehrt auftretenden Er­kran­kung­en füh­ren zu fi­nan­zi­ell höheren Be­las­tung­en des Einzelnen und des Ge­sund­heitssektors. Rationalisierungs- und Rationierungsdiskussionen im Gesund­heits­wesen wer­den da­her in Zeiten ei­nes Demografischen Wandels oft mit­ei­nan­der verbunden. Dabei nimmt der Kosten- be­zie­hungs­wei­se Einsparungsfaktor ei­nen hohen Stel­len­wert ein.  Dennoch darf dies nicht da­zu füh­ren, dass medizinische Leis­tung­en für Ältere aus Kostengründen nicht gewährt wer­den. Solche Überlegungen sind aus menschenrechtlicher Sicht be­denk­lich. Diese Be­son­der­heit­en für Ältere wer­den, aber im beste­henden Über­prü­fungsverfahren kaum angesprochen, da we­der Staaten noch zivilgesellschaftliche Organisationen da­rü­ber be­rich­ten und da­her die Probleme Älterer nicht sichtbargemacht wer­den. Daraus resultiert auch, dass die ent­spre­chenden Ausschüsse zur Über­prü­fung der Im­ple­men­tie­rung des Rechts auf Ge­sund­heit bei­spiels­wei­se kaum Emp­feh­lung­en da­zu aus­spre­chen.

Men­schen­rechtsansatz in der Politik für ältere Menschen

Jedem Menschen wird von Sei­ten der Vertragsstaaten aus dem Sozialpakt das Recht auf Ge­sund­heit zuerkannt.  Der Zu­gang zu diesem In­di­vi­du­al­recht muss diskriminierungsfrei gewährt wer­den. Dies deckt sich mit der The­se des 6. Altenberichts5, dass der Vielfältigkeit der Älteren mit individuellen Maß­nah­men im Gesund­heits­wesen begegnet wer­den muss.  Es gilt hierbei klarer einzuschätzen, wel­che Wir­kung und Be­deu­tung vorherrschende und teil­wei­se veraltete und realitätsferne Al­tersbilder auf die medizinische Versorgung haben.

Ebenso ist noch festzustellen, dass sich ältere Menschen ihrer Rech­te nicht be­wusst sind und diese da­her auch nicht einfordern.

Der Staat hat die Verpflichtung, die Bedarfe älterer Menschen in die Aus- und Wei­ter­bil­dung  von Personen im Gesund­heits­wesen und in Pfle­geeinrichtungen zu in­te­grie­ren. Hier wä­re wün­schens­wert, wenn menschenrechtliche Ansätze in die Curricula der Pfle­geausbildung bei­spiels­wei­se in­te­griert würden, da­raus würde sich dann ein Paradigmenwechsel er­ge­ben kön­nen. Sodass der Ältere als Rechts­trä­ger und nicht mehr als Mensch der Für­sor­ge bedarf gesehen wird. So würde die gleiche diskriminierungsfreie Versorgung gewährleistet wer­den. Diese Maß­nah­men müs­sen mit klaren langfristigen Politiken zur Langzeitpflege ein­her­ge­hen. Um die An­wen­dung ei­nes menschenrechtsbasierten An­satzes für das Gesund­heits­wesen in An­spruch neh­men zu kön­nen, muss auch Personal im Ge­sund­heits- und Pfle­gewesen menschenrechtlich geschult wer­den.

Ent­wick­lung­en der UN-Ar­beitsgruppe zur Stär­kung der Rech­te Älterer

Im Jahr 2010 hat die UN-Generalversammlung auf Betreiben von Ar­gen­ti­ni­en und Bra­si­li­en mit der Re­so­lu­ti­on A/Res/65/182 ei­ne Ar­beitsgruppe zur Stär­kung der Men­schen­rechte Älterer (Open ended working group on ageing, OEWG-A) ins Leben gerufen. Das Man­dat beinhaltet die Über­prü­fung und Dis­kus­si­on des beste­henden menschenrechtlichen Rahmens, die Iden­ti­fi­zie­rung und Schließung von Lü­cken so­wie weiterfüh­rende Überlegungen be­züg­lich ei­nes zukünftigen menschenrechtlichen In­stru­mentes zum Schutz Älterer. In den bis­herigen Sit­zung­en wurden viele Lebensbereiche und menschenrechtliche Gefährdungslagen älterer Menschen aus­führ­lich und mehr­fach diskutiert, z. B. Al­tersdiskriminierung, Pfle­ge und Ge­walt ge­gen Ältere, soziale Si­cher­heit, Ge­sund­heit und Au­to­no­mie. Für die ach­te Sit­zung im Ju­li 2017 wurden Veränderungen der Sit­zungsstruktur be­schlos­sen, so dass die Dis­kus­si­on auf zwei Themen be­schränkt wer­den soll und diese im Vorfeld durch Hintergrundpapiere vorbereitet wer­den. Zu den ausgewählten Themen „Al­tersdiskriminierung und Ge­walt“ so­wie „Miss­hand­lung und Vernachlässigung Älterer“ wurden die Staaten im Vorfeld aufgefordert nationale Informationen zu den Hintergrundpapieren zuzuliefern. Die Be­gren­zung der Themen ermöglichte ei­ne Fokussierung, so dass Eckpunkte, identifizierten wer­den konnten, bei­spiels­wei­se haben sich im Be­reich Diskriminierungsschutz viele da­für aus­ge­spro­chen Mehrfachdiskriminierung ex­pli­zit zu fas­sen Anhand der besprochenen Eckpunkte wird in der neun­ten Sit­zung weitergearbeitet wer­den.6 Für die neun­te Sit­zung in 2018 wurden die Themen Langzeit- und Palliativpflege so­wie Au­to­no­mie ausgewählt. Aus Sicht ei­ner Nationalen Men­schen­rechtsinstitution ist das Ziel der Offenen Ar­beitsgruppe ei­ne neue Konvention zu den Rech­ten Älterer zu er­ar­bei­ten, da diese den besten Schutz bietet.

Zudem hat sich die Dis­kus­si­ons­grund­la­ge durch die Ent­wick­lung menschenrechtlicher In­stru­mente auf regionaler Ebe­ne wie bei­spiels­wei­se der Interamerikanischen Konvention zum Schutz der Rech­te älterer Menschen7 und die Ar­beit der Unabhängigen Ex­per­tin für die Rech­te Älterer (seit 2014 im Amt) geändert. Auch diese Ent­wick­lung­en haben zu mehr Klar­heit über den Inhalt der Men­schen­rechte für Ältere beigetragen.

Quellen:

1 Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rech­te, ab­ruf­bar un­ter: http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/Pakte_Konventionen/ICCPR/iccpr_de.pdf.
2 Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rech­te, ab­ruf­bar un­ter: http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/Pakte_Konventionen/ICESCR/icescr_de.pdf  
3 Übereinkommen zur Beseitigung je­der Form von Diskriminierung der Frau, ab­ruf­bar un­ter: http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/Pakte_Konventionen/CEDAW/cedaw_de.pdf
4 Übereinkommen über die Rech­te von Menschen mit Be­hin­de­rung­en, ab­ruf­bar un­ter: http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/Pakte_Konventionen/CRPD_behindertenrechtskonvention/crpd_b_de.pdf
5 https://www.bmfsfj.de/blob/93190/37cc62a3c0c978034dcdc430432c655a/6--altenbericht-eine-neue-kultur-des-alterns-data.pdf
6 Open Ended Working Group on Ageing, https://social.un.org/ageing-working-group/ninthsession.shtml
7 Interamerican Convention on Protecting the Human Rights of Older Persons, http://www.oas.org/en/sla/dil/inter_american_treaties_a-70_human_rights_older_persons.asp

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  • 04.12.2025

    Berlin

    Partizipation im Setting Pflege – Gesundheitsfördernde Organisationsentwicklung gestalten

    Fachtagung PfleBeO

    Am 04. Dezember 2025 findet in Berlin die PfleBeO-Fachtagung statt zum Thema: Partizipation im Setting Pflege – Gesundheitsfördernde Organisationsentwicklung gestalten.

    Pflegeeinrichtungen sind Lebens- und Arbeitsorte zugleich. Die Gesundheit und das Wohlbefinden aller Menschen, die dort leben und arbeiten, stehen gleichermaßen im Fokus einer zukunftsorientierten gesundheitsförderndern Organisationsentwicklung. Die Veranstaltung biete Impulse aus Praxis und Wissenschaft, stellt erfolgreiche Beteiligungsprozesse vor und lädt zum Austausch darüber ein, wie eine gesundheitsfördernde Organisationskultur entstehen kann, die Vielfalt schätzt, Ressourcen stärkt und Mitgestaltung ermöglicht. Im Zentrum dieser Tagung steht die Frage, wie Partizipation und Mitgestaltung in Pflegeeinrichtungen gelingen können. Denn gesundheitsfördernde Veränderungen entfalten ihre Wirkungen besonders dann, wenn die gemeinsam mit allen Beteiligten entwickelt werden.

    Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenfrei. Weitere Informationen zum Programm sowie zur Anmeldung finden Sie hier.

    Kategorie: Fachtagung
    Veranstalter: PfleBeO (Pflegeeinrichtungen - Bewegungsfreundliche Organisationen)
  • Berlin

    Engagiert. Inklusiv. Ankommen.

    Kulturelle Teilhabe und freiwilliges Engagement als Schlüssel zur Integration für Menschen mit Fluchtgeschichte und Behinderung

    Der Verein KulturLeben Berlin – Schlüssel zur Kultur e.V. richtet im Rahmen der Veranstaltungen zum 15-jährigen Vereinsjubiläum den Fachtag "Engagiert. Inklusiv. Ankommen: Kulturelle Teilhabe und freiwilliges Engagement als Schlüssel zur Integration für Menschen mit Fluchtgeschichte und Behinderung" aus. Die Veranstaltung bringt internationale Vertreter*innen aus Wissenschaft, Politik, Kultur und Zivilgesellschaft zusammen, ebenso wie Akteur*innen aus Initiativen, Selbstorganisationen und migrantischen Communities. Ziel ist es, wissenschaftliche Erkenntnisse mit Praxiserfahrungen zu verknüpfen und tragfähige Perspektiven für die Zukunft zu entwickeln. Ein zentrales Thema des Fachtags ist die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Flucht- und Migrationsgeschichte und Behinderung.

    Neben Fachvorträgen und Impulsen im Plenum werden auch fünf parallel stattfindende Workshops für kleinere Diskussionsrunden angeboten. Das Programm des Fachtages, weitere Informationen sowie die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie hier.

    Kategorie: Fachtagung
    Veranstalter: KulturLeben Berlin – Schlüssel zur Kultur e.V.
  • Berlin

    Gesundheitsziele Konferenz 2025: Health in All Policies - Kooperation als Erfolgsfaktor

    Am 8. Dezember 2025 laden wir Sie herzlich in die Landesvertretung Brandenburg in Berlin ein, um gemeinsam die Zukunft der Präventionslandschaft in Deutschland zu gestalten. Die Konferenz bringt wichtige Akteur*innen aus Politik, Wissenschaft und Praxis zusammen, um neue Impulse für eine stärkere Verankerung von Gesundheit in allen Politikbereichen zu setzen. Dazu hält Ilka Wölfle (DSV Europa) einen Impuls zum Health in All Policies Ansatz im internationalen Vergleich. Außerdem wird der "Public Health Index - Gesundheitsschutz im internationalen Vergleich" des AOK-Bundesverbandes vorgestellt. Den Höhepunkt der Veranstaltung bildet die Podiumsdiskussion mit hochkarätigen Gäst*innen zur Zukunft der Präventionslandschaft in Deutschland. 

    Zudem erhalten Sie Einblicke in die aktuellen Arbeitsschwerpunkte des Forums Gesundheitsziele zu den Themen Einsamkeit, Gesundheit rund um die Geburt und die Aktualisierung der bisherigen Gesundheitsziele. Die Veranstaltung klingt bei einem Get-Together mit leichtem Catering aus und bietet Raum für Vernetzung und vertiefende Gespräche.

    Den Link zur Anmeldung finden Sie hier .

    Veranstalter: GVG e.V.

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