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11.02.2014

"Von der Integration zur Inklusion" im Gesundheitswesen

Beschluss der Landesgesundheitskonferenz NRW zur Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung von Menschen mit Behinderung

Heike Reinecke, Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen
Jürgen Schiffer, Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter:Behinderung, Gesundheitspolitik, Integration

Am 22. No­vem­ber 2013 hat die Landesgesundheitskonferenz (LGK) des Landes Nordrhein-Westfalen einen umfangreichen Ka­ta­log zur Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung von Menschen mit Be­hin­de­rung be­schlos­sen.

„Wir wol­len die ge­sund­heit­liche Versorgung der Menschen mit Be­hin­de­rung verbessern und durch ein Bün­del von Maß­nah­men da­zu bei­tra­gen, dass un­ser Ge­sund­heits­we­sen wahrhaft inklusiv wird. Das heißt für uns, einen gleichberechtigten Zu­gang von Menschen mit und oh­ne Be­hin­de­rung zum Ge­sund­heits­we­sen herzustellen“, erläutert die Landesgesundheitsministerin Bar­ba­ra Steffens. Damit soll die UN-Behindertenrechtskonvention für den Be­reich Ge­sund­heit umgesetzt wer­den.

Mehr als jede und je­der Siebte in Nordrhein-Westfalen (rund 2,5 Mio. Menschen) weist sta­tis­tischen An­ga­ben zu­fol­ge ei­ne andauernde ge­sund­heit­liche Be­ein­träch­ti­gung bzw. Be­hin­de­rung auf, auch wenn bei le­dig­lich 1,7 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern des Landes ei­ne Schwerbehinderung amt­lich festgestellt worden ist. Da das Le­bens­al­ter der Menschen sta­tis­tisch gesehen steigt, sind auch Menschen mit Be­hin­de­rung­en in wachsender Zahl mit altersbedingten Be­ein­träch­ti­gung­en konfrontiert. Der demographische Wan­del führt zu­dem da­zu, dass altersbedingte Funktionsbeeinträchtigungen ins­ge­samt häufiger wer­den. Krankenhäuser, niedergelassene Ärztinnen und Ärzte und an­de­re im Gesund­heits­wesen Tätige ste­hen da­her vor der Herausforderung, mit ihren Versorgungsleistungen der besonderen Si­tu­a­ti­on, dem Be­darf und den - auch durch Ge­schlecht und kulturellen Hintergrund geprägten - Bedürfnissen der Menschen mit Be­hin­de­rung ge­recht zu wer­den.

Zu den vereinbarten Maß­nah­men des Katalogs ge­hö­ren u.a. der Ab­bau von baulichen, sprachlichen und optischen Zugangsbarrieren im Gesundheitssystem, die Ent­wick­lung von speziellen Versorgungskonzepten, die bessere Ko­or­di­na­ti­on sektor- oder kostenträgerübergreifender Leis­tung­en so­wie die Stär­kung von Pro­blem­be­wusst­sein und individuellen Kompetenzen.

„Wenn in unserem Gesundheitssystem der Mensch im Mit­tel­punkt ste­hen soll, dann muss das selbst­ver­ständ­lich auch für den behinderten Menschen mit seiner spezifischen Si­tu­a­ti­on gel­ten. Die Landesgesundheitskonferenz hat ein kraftvolles Zei­chen für Teil­ha­be und Ge­rech­tig­keit in der gesundheitlichen Versorgung ge­setzt“, so Bar­ba­ra Steffens.

Der nordrhein-westfälische Landesbehindertenbeauftragte Nor­bert Killewald begrüßt die Ent­schlie­ßung: "Ich freue mich, dass die Verantwortlichen aus dem Gesundheitsbereich so um­fang­reich und differenziert Po­si­ti­on beziehen. Das lässt hoffen.“ Die LGK hat sich verpflichtet, spä­tes­tens in zwei Jahren ei­ne erste Erfolgskontrolle durchzuführen.

Aus­bau von Ge­sund­heits­för­de­rung und Prä­ven­ti­on

Der Zu­gang zur Prä­ven­ti­on und Ge­sund­heits­för­de­rung für Menschen mit Be­hin­de­rung­en ist un­ter Umständen mit Hürden versehen. Der Be­schluss der Landesgesundheitskonferenz stärkt ne­ben der Teil­ha­be an der gesundheitlichen Versorgung auch den Aus­bau von Ge­sund­heits­för­de­rung und Prä­ven­ti­on für Menschen mit Be­hin­de­rung­en:

"Die besonderen Belange von Menschen mit Be­hin­de­rung­en sind im Be­reich der Ge­sund­heits­för­de­rung und Prä­ven­ti­on stärker zu be­ach­ten. Leistungserbringer und Kostenträger über­prü­fen vorhandene Maß­nah­men auf ih­re Eig­nung der In­an­spruch­nah­me durch Menschen mit Be­hin­de­rung­en. Nach Mög­lich­keit wer­den diese An­ge­bo­te ent­spre­chend weiterentwickelt und geöffnet so­wie da­rauf hingewirkt, dass sich Menschen mit Be­hin­de­rung­en als Teil­neh­merinnen und Teil­neh­mer angesprochen füh­len kön­nen.“ (Ent­schlie­ßung der Landesgesundheitskonferenz NRW vom 22. No­vem­ber 2013, S. 30)

Neben der Schaf­fung von gesundheitsförderlichen Rah­men­be­din­gung­en für Menschen mit Be­hin­de­rung­en bekräftigt der Be­schluss der Landesgesundheitskonferenz, weitere Hand­lungs­empfeh­lun­gen aktiv voranzubringen. Diese grei­fen wesentliche Stra­te­gien der so­zi­al­la­gen­be­zo­ge­nen Ge­sund­heits­för­de­rung auf:

  • Sicherstellung ei­nes gleichberechtigten wohnortnahen Zugangs
  • Schaf­fung verlässlicher, bedarfs- und bedürfnisgerechter Strukturen
  • Nutzerorientierung, Selbst­be­stim­mung und Par­ti­zi­pa­ti­on fördern
  • Beseitigung von Schnittstellenproblemen
  • Qualifizierung für einen vorurteilsfreien und gleichberechtigten Umgang
  • Ausbau von Ge­sund­heits­för­de­rung und Prävention
  • Unterstützung durch kommunale Gesundheitskonferenzen

Weiterführende Materialien

  • Die vollständige Ent­schlie­ßung der Landesgesundheitskonferenz NRW „Von der In­te­gra­ti­on zur Inklusion. Ge­sund­heit­liche Versorgung von Menschen mit Be­hin­de­rung­en verbessern“ vom 22. No­vem­ber 2013 kön­nen Sie hier herunterladen.
  • Die Pres­se­mit­tei­lung des Ministeriums für Ge­sund­heit, Eman­zi­pa­ti­on, Pfle­ge und Al­ter des Landes Nordrhein-Westfalen (MGEPA) zu die­ser Ent­schlie­ßung fin­den Sie hier.

Die UN-Konvention über die Rech­te von Menschen mit Behinderung

Mit den Hand­lungs­empfeh­lun­gen der Landesgesundheitskonferenz sollen die Ziele der UN-Behindertenrechtskonvention nach­hal­tig umgesetzt wer­den.

Im März 2009 ist die UN-Konvention über die Rech­te von Menschen mit Be­hin­de­rung­en in Deutsch­land in Kraft getreten. Mit ihr wurde ein Paradigmenwechsel in der Politikgestaltung und bei der Ent­wick­lung von Maß­nah­men zur Er­fül­lung des Anspruchs von Menschen mit Be­hin­de­rung­en auf gesellschaftliche Teil­ha­be eingeleitet. Sie ergänzt die all­ge­mein geltenden Menschrechte um die Per­spek­ti­ve von Menschen mit Be­hin­de­rung­en und schafft ei­ne verbindliche Rechtsrundlage. Menschen mit und oh­ne Be­hin­de­rung­en sollen glei­cher­ma­ßen von An­fang an und oh­ne Hindernisse in die Ge­sell­schaft einbezogen wer­den.

Das Übereinkommen über die Rech­te von Menschen mit Behinderungen kön­nen Sie hier nach­le­sen.

Good Practice-Beispiel "Ge­sund­heit und Miteinander ins Viertel!"

"Ge­sund­heit und Miteinander ins Viertel! - Kul­tur, Be­ra­tung und Informationen für Frauen mit und oh­ne Be­hin­de­rung­en" war ein Pro­jekt, wel­ches das Ziel verfolgte, die Le­bens­qua­li­tät von Frauen mit und oh­ne Be­hin­de­rung­en zu verbessern. Hierfür wurden die vielfältigen kulturellen An­ge­bo­te und Mög­lich­keit­en für die Ziel­grup­pe zu­gäng­lich gemacht, Brücken zwi­schen Ämtern und Stadtteilinitiativen und Serviceleistungen ausgebaut, die Hilfe zur Selbst­hil­fe gestärkt und Ämter, Institutionen, Vereine etc. für die Wünsche und Bedürfnisse von Menschen mit Be­hin­de­rung­en sensibilisiert. Durch die partizipative Herangehensweise im Pro­jekt konnte auf die konkreten Bedürfnisse von Frauen mit Be­hin­de­rung eingegangen wer­den. Die Good Practice-Auszeichnung erlangte das Pro­jekt, da es die Kriterien Setting-Ansatz, Par­ti­zi­pa­ti­on und integriertes Handlungskonzept/Vernetzung vorbildlich umsetzte.

Das Pro­jekt wurde initiiert von der Stabs­stel­le für individuelle Chan­cen­gleich­heit von Frauen und Männern der Lan­des­haupt­stadt Stutt­gart. Ausführlichere Informationen fin­den Sie hier.

Weitere Projektbeispiele zum The­ma Inklusion fin­den Sie in der Praxisdatenbank „Gesundheitliche Chancengleichheit“.

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