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19.05.2011

Migrationshintergrund und Gesundheit - der Versuch eines Perspektivwechsels

Gesundheit ist der kleinste gemeinsame Nenner in allen Kulturen

Rolf Reul, Landkreis Marburg-Biedenkopf Fachbereich Gesundheitsamt

Schlagwörter:Migration, Ressourcen

Bereits seit mehreren Jahrzehnten steigt die Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland an. Im Jahr 2008 waren es 19% der Gesamtbevölkerung. In Hessen leben fast 1,5 Millionen Menschen, deren Herkunft in anderen Ländern wurzelt - teils in zweiter oder dritter Generation. Dieser Bevölkerungsgruppe die gleichen gesundheitlichen Chancen und einen besseren Zugang zum Gesundheitssystem zu ermöglichen, stellt eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung dar und ist darüber hinaus ein wichtiger Beitrag zur Integration. Eine Reihe von Studien belegen, dass hierbei noch erheblicher Handlungsbedarf besteht.

Auf Grund dieser Entwicklung organisierte der Regionale Knoten Hessen am 24. November 2010 in Frankfurt eine Fachtagung mit dem Titel „Migrationshintergrund als gesundheitliche Ressource“. Dies war eine Kooperationsveranstaltung zwischen der Türkisch-Deutschen Gesundheitsstiftung, dem Hessischen Sozialministerium und der HAGE - Hessische Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitserziehung e.V. Die Zielgruppen für die Veranstaltung waren unter anderem die Mitarbeiter/innen von Migrantenvereinigungen, Fachkräfte und Verantwortliche der Jugendhilfe, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Kindertagesstätten, Schulen, Gemeinwesenarbeit und Stadtentwicklung, des Gesundheits-, Sport-, Sozial- und Verwaltungsbereichs.

Vor dem Hintergrund, dass Gesundheitsförderung und Prävention in Deutschland sich noch immer stark an den Defiziten ausrichten, was häufig zu einer Stigmatisierung von Zielgruppen führt, hatte die Veranstaltung das Ziel die Gesundheitspotenziale bei Menschen mit Migrationshintergrund hervorzuheben. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten motiviert werden neue Handlungsansätze zu entwickeln, die die individuellen Gesundheitsressourcen berücksichtigen und sich an partizipativen sowie interkulturellen Grundsätzen orientieren. Um sich dem Perspektivwechsel von der Defizitbetrachtung hin zum Ressourcenblick anzunähern, war es notwendig sich über den aktuellen Diskussionstand auszutauschen. Dabei wurden zwei zentrale Aspekte sichtbar. Zum einen, dass es sich bei der Bevölkerungsgruppe mit Migrationshintergrund in Deutschland um eine heterogene Gruppe handelt - diese scheinbar relativ logische Tatsache wird in Diskussionen häufig außer acht gelassen. Zum anderen, dass ein Perspektivenwechsel nicht nur Chancen in sich birgt, sondern auch Grenzen hat.

Um möglichst umfassend das Wissen und die Erfahrungen der 70 TeilnehmerInnen zu erfassen, wurde auf die Open- Space-Methode zurückgegriffen. Sie ermöglichte einen selbstorganisierten Austausch zwischen den Anwesenden. Die Moderation wurde von der Nordlicht-Akademie übernommen. Darüber hinaus unterstützten Frau Donya Aazami-Gilan vom Institut zur Förderung von Bildung und Integration (INBI), Frau Dr. Kühner von der Ludwig-Maximilian-Universität München und Herrn Dr. Yasar Bilgin der Vorsitzende der Türkisch-Deutschen Gesundheitsstiftung e.V. die Veranstaltung mit ihren wissenschaftlichen Erkenntnissen und ihrer Praxiserfahrung. Derzeit wird eine Dokumentation der Fachtagung vorbereitet, in der die Denkanstöße und die sich daraus ergebenden weiteren Handlungsschritte aufgezeigt werden.

Die von der HAGE bei ihren Veranstaltung regelmäßig durchgeführte Evaluation zum Gesamteindruck der Maßnahme ergab, dass die Teilnehmer insgesamt sehr zufrieden mit der Fachtagung waren, auch wenn sicherlich viele Fragen noch offen geblieben sind.

Darüber hinaus hatten die Anwesenden die Gelegenheit an einer Befragung zum Thema „Selbstorganisation und gesundheitliche Chancengleichheit von Menschen mit Migrationshintergrund“ teilzunehmen. Die Ergebnisse dieser Befragung werden zum Teil in die geplante Dokumentation der Fachtagung einfließen und einen weiteren wichtigen Beitrag bei unseren Bemühungen leisten, die ressourcenorientierte Sichtweise zu stärken.

Es bedarf aber noch einiger Aktivitäten in der Gesundheitsförderung und Prävention bei MigrantInnen in Deutschland, damit ein Perspektivwechsel zur Ressourcenorientierung gelingen kann. Ein erster unerlässlicher Schritt ist die gegenseitige kulturelle Öffnung, um ein Verständnis für die jeweiligen Lebensweisen zu ermöglichen.

Der Artikel erschien ebenfalls in der Zeitschrift HAGE Hintergrund 1/11, die auch auf den Seiten der Arbeitsgemeinschaft heruntergeladen werden kann.





 

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