Zum Hauptinhalt springen
Logo vom Kooperationsverbund Gesundheitliche Chancengleichheit und Site-Slogan: Aktiv für Gesundheit und Chancengleichheit (Link zur Startseite)

22.11.2019

Fachforum Gesundheitliche Chancengleichheit in allen Lebensphasen in Schwaben

Carina Steidle, bis 6/2020: Landeszentrale für Gesundheit in Bayern e.V.
Sarah Halic, Landeszentrale für Gesundheit in Bayern e. V.

Schlagwörter:Dokumentation, Lebenslaufperspektive, Workshop

Ge­sund­heit geht al­le et­was an!

Sich für ge­sund­heit­liche Chan­cen­gleich­heit einzusetzen bedeutet, die Ge­sund­heit derjenigen Menschen zu för­dern, die sich auf­grund ih­rer Le­bens­la­ge selbst nicht aus­rei­chend um ih­re Ge­sund­heit kümmern kön­nen oder bislang von Ge­sund­heits­för­de­rungs- und Prä­ven­ti­onsangeboten zu we­nig erreicht wurden. Das kön­nen bei­spiels­wei­se Personen mit niedrigem Bildungs- oder Berufsstatus, geringen finanziellen Mitteln oder Menschen in sozialer Iso­la­ti­on sein. Bei dem Fachforum in Augs­burg kamen Ak­teu­rin­nen und Akteure aus verschiedenen Bereichen der Ge­sund­heits­för­de­rung und Prä­ven­ti­on zu­sam­men. Ihr gemeinsames Anliegen ist ge­nau das: die För­de­rung der Ge­sund­heit von Menschen in schwierigen Le­bens­la­gen.

Zum Einstieg des Fachforums erhielten die Teilnehmenden interessante Einblicke in die chancen(un)gleiche gesundheitliche Lage in Bayern.
Die Referentinnen Kathrin Steinbeißer und Iris Grimm zeigten Zahlen zur gesundheitlichen Ungleichheit in Bayern auf und betonten die hohe Bedeutung der Förderung gesundheitlicher Chancengleichheit zur Verbesserung der Bevölkerungsgesundheit insgesamt (auf Populationsebene).

Außerdem informierten sie über Unterstützungsmöglichkeiten seitens der KGC und über die Möglichkeit eines Beitritts von Kommunen zum bundesweiten Partnerprozess „Gesundheit für alle“. Im Anschluss daran wurden gelungene Projekte, durch die Menschen in schwierigen Lebenslagen in ihrer Gesundheit unterstützt werden, vorgestellt.

„Frauen werden von Anfang an miteinbezogen“

Sarah Zimmerman vom Gesundheitsamt der Stadt Augsburg und Christina Rogler von der Universität Augsburg präsentierten das Projekt „Stark durch Bewegung“, welches das Ziel verfolgt, die Gesundheit von Frauen in besonderen Lebenslagen in Augsburg zu fördern. Für die beiden Referentinnen steht fest: „ein besserer Zugang zu Bewegungsangeboten muss geschaffen werden!“ und dies ist mit „Stark durch Bewegung“ vielversprechend möglich.
Das Projekt wurde 2019 initiiert, ist auf drei Jahre angelegt und wird von der Universität Augsburg wissenschaftlich begleitet. Zunächst wird es im Stadtteil Oberhausen in Augsburg umgesetzt, eine spätere Ausweitung ist geplant. Sozial benachteiligte Frauen (v. a. Arbeitslose, Alleinerziehende und Frauen mit Migrationshintergrund) sollen einen besseren Zugang zu körperlicher Aktivität erhalten. Sarah Zimmermann betonte, dass die Frauen durch das Projekt „Bewegung nicht als weitere Aufgabe sehen, sondern als Gewinn für sich erleben“.
Um nachhaltige Strukturen zu schaffen und das Projekt bestmöglich voranzubringen, wird eine intensive Zusammenarbeit mit den Multiplikatorinnen und Multiplikatoren im Stadtteil angestrebt. Die Zielgruppe ist im Laufe der Projektplanung und -umsetzung an den Entscheidungsprozessen beteiligt. Von Januar bis Juni 2019 erfolgte die Kontaktaufnahme zur Zielgruppe, zu Verantwortlichen sowie Experten der Stadt Augsburg. Im Anschluss wurden Bewegungsbedarfe erhoben. Aktuell sollen bedarfsorientierte Maßnahmen im Rahmen einer kooperativen Planung mit sogenannten „Türöffnerinnen“ entwickelt und umgesetzt werden.

„Kindern einen guten Start ins Leben ermöglichen“

Christine Abold stellte das Konzept der „Familienlotsinnen an den Augsburger Geburtskliniken“ vor. Das Projekt ist eine Kooperation zwischen dem Netzwerk „Frühe Kindheit“ der Stadt Augsburg, des Landkreises Augsburg sowie dem Frère-Roger-Kinderzentrum Augsburg. Ziel ist es, eine passgenaue Vermittlung in das multiprofessionelle, regionale Angebot der Frühen Hilfen sicherzustellen.
Seit 2011 unterstützen und beraten die Familienlotsinnen Eltern und werdende Eltern am Universitätsklinikum Augsburg und Josefinum in der Zeit um die Geburt eines Kindes. Christine Abold und ihre Kolleginnen „sind bemüht, so viele Eltern, wie möglich, zu erreichen“. Wenn eine Familie oder Mutter in eine Klinik aufgenommen wird, erhält diese Informationsmaterial rund um die Geburt und einen persönlichen Besuch auf dem Klinikzimmer durch eine Familienlotsin, welche eng mit dem Klinikpersonal zusammenarbeitet. Die Familienlotsinnen kennen das Netzwerk vor Ort sehr gut und sind somit wahrhaft regionale Netzwerkerinnen. Es können 98 % der Neugeborenen erreicht werden und es gelingt eine „Entschärfung von Stressfaktoren“ für alle. „Forschung begleitet Praxis“, betonte Christine Abold und erklärte, dass das Projekt zudem vom Nationalen Zentrum Frühe Hilfen beforscht wird.

„Kultursensible Aufklärung für Migrantinnen und Migranten“

Das Projekt „MiMi - Mit Migranten für Migranten“ wurde von Christine Bomke, Landesprojektkoordinatorin MiMi-Bayern, und den MiMi-Projektstandortkoordinatorinnen Yesim Färber aus Augsburg und Gudrun Brunner aus der Region Allgäu-Bodensee vorgestellt. Das Projekt stärkt Menschen mit Migrationshintergrund in der Eigenverantwortung für ihre Gesundheit und für Präventionsmaßnahmen. Ziel ist es, „Migrantinnen und Migranten zu unterstützen, sich im Gesundheitssystem zurecht zu finden“, äußerte Christine Bomke. Hierfür werden spezielle Mediatorinnen und Mediatoren geschult, die Menschen mit Migrationshintergrund zur Seite stehen, über gesundheitliche Themen informieren und Menschen näher miteinander in Kontakt bringen. Mittlerweile gibt es 500 Mediatorinnen und Mediatoren und mehr als 32.000 Teilnehmende in Bayern, die in 45 unterschiedlichen Sprachen kommunizieren.
Die Herausforderungen des Projekts liegen insbesondere in den Kultur- und Sprachbarrieren der Zielgruppe. Aktuelle Themen sind z. B. Altenpflege, Ernährung und Brustkrebs. Aber auch die seelische Gesundheit oder Zahngesundheit werden auf Veranstaltungen thematisiert. Die Veranstaltungen werden bei der Zielgruppe vor Ort, in Schulen, Moscheen oder Ankerzentren durchgeführt. Yesim Färber betonte den Erfolg, dass auch Männer mit Migrationshintergrund an dem Austausch interessiert seien und „auch an Wissen kommen wollen, um beispielsweise ihre Familien zu schützen“

Reger Austausch und viele Ideen in den Workshops

In den am Nachmittag stattfindenden Workshops setzten sich die Teilnehmenden mit der Frage auseinander, was in Schwaben bereits für Menschen in schwierigen Lebenslagen getan wird. Die Akteurinnen und Akteure tauschten sich über bestehende Maßnahmen und verschiedene Handlungsbedarfe in den einzelnen Regionen aus. Hieraus wurde zum einen die Bedeutung der Förderung der gesundheitlichen Chancengleichheit nochmals ins Bewusstsein gerückt und zum anderen entwickelten die Teilnehmenden Ideen für mögliche Projekte. Die Akteurinnen und Akteure knüpften in den Workshops außerdem fachbereichsübergreifende Kontakte, die auf eine vielversprechende Zusammenarbeit hoffen lassen.

Gesund von klein auf

Die Teilnehmenden des Workshops „Gesundes Aufwachsen“ von Iris Grimm und Carina Steidle machten gleich zu Beginn deutlich, dass es bereits viele Angebote für Kinder sowie Netzwerkpartnerinnen und Netzwerkpartner in ihrer Region gäbe. Die Kindersprechstunde oder die Jugendsozialarbeit an Schulen sind beispielsweise zwei erfolgreiche Maßnahmen, die mit viel Engagement auf den Weg gebracht wurden.
Allgemein benötige es jedoch vermehrt politischer Unterstützung und einen guten Austausch zwischen den Akteurinnen und Akteuren sowie eine Strukturierung von bestehenden Netzwerken.

Gesund den Aufgaben im Erwachsenenalter begegnen

Andrea Wolff und Rita Wüst leiteten den Workshop „Gesund durch den mittleren Lebensabschnitt“. Für die Teilnehmenden wurde deutlich, dass besonders im Bereich der Selbsthilfe gute Strukturen vorhanden sind, die jedoch noch besser mit den Angeboten und Zugangswegen anderer Akteurinnen und Akteure vernetzt werden könnten. Denn „es ist wichtig, dass die richtigen Angebote an die richtigen Personen kommen“, so ein Teilnehmer. Handlungsbedarf sahen die Teilnehmenden in der Einbeziehung politischer Entscheidungsträger und in der Verbesserung der Informationsweitergabe, um Personen in schwierigen Lebenslagen im „mittleren Lebensabschnitt“ noch besser erreichen zu können.

Gesund bis ins hohe Alter

Im Workshop „Gesundes Altern“ von Kathrin Steinbeißer und Friederike Butscher tauschten sich die Teilnehmenden über bestehende Maßnahmen und Handlungsbedarfe zur Gesundheitsförderung älterer Menschen in schwierigen Lebenslagen aus. Es konnten viele gute Angebote ausgemacht werden, die speziell für ältere Menschen konzipiert sind. Handlungsbedarf wurde darin gesehen, dass ältere Menschen aktiv in kommunale Angebote mit eingebunden werden und ein „Wohlseinsgefühl durch Dazugehören“ entwickeln können. Hierfür sind Informationen und eine aufklärende Arbeit wichtig. Die Teilnehmenden kamen zu dem Ergebnis, dass eine Vernetzung der Akteurinnen und Akteure als Hilfe und wichtiger Bestandteil für eine erfolgreiche Arbeit notwendig sei.

Viele Hände, schnelle Wende

Ganz besonders spannend waren die verschiedenen Blickpunkte der Teilnehmenden aus Praxis, Wissenschaft und Politik, als diese von Erfahrungen, Projekten und geeigneten Ansätzen zum Vorgehen in ihrer Region berichteten. Es wurde deutlich, dass besonders die Vernetzung, der Informationsaustausch und das Engagement für eine erfolgreiche Umsetzung von Maßnahmen notwendig ist. Da freut es umso mehr, dass bei allen Akteurinnen und Akteuren eine große Bereitschaft besteht, sich für gesundheitliche Chancengleichheit einzusetzen und Projekte in der Region zu unterstützen.

Ein vielversprechender Ausblick für die gesundheitliche Chancengleichheit in Schwaben

Die Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit gab mit dem Fachforum einen gelungenen Auftakt für die weitere Zusammenarbeit mit Akteurinnen und Akteuren aus dem Gesundheitsbereich in Schwaben. Die Veranstaltung machte deutlich, dass diese Menschen mit großartigen Ideen, Engagement und Zusammenarbeit viel erreichen möchten. Die Teilnehmenden zeigten sich zuversichtlich und sind motiviert, sich weiterhin für eine Verbesserung der gesundheitlichen Chancengleichheit in Schwaben einzusetzen.

Zurück zur Übersicht