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14. Kooperationstreffen des Kooperationsverbundes Gesundheitliche Chancengleichheit: „Neue Herausforderungen gemeinsam angehen“

17. November 2016, Vertretung der Freien und Hansestadt Hamburg beim Bund, Berlin

Am Jah­res­en­de 2016 sind entscheidende Wei­chen zur Um­set­zung des Präventionsgesetzes gestellt. Maßgeblich zum Ein­satz kom­men da­bei die im Ko­o­pe­ra­ti­ons­ver­bund aufgebauten Strukturen.

  • Die Bundesrahmenempfehlungen der nationalen Präventionskonferenz, die GKV-BZgA-Beauftragung und acht Landesrahmenvereinbarungen lie­gen vor.
  • Die Koordinierungsstellen Ge­sund­heit­liche Chan­cen­gleich­heit (KGC) sind in ihren Aufgabenbereichen und Res­sour­cen er­heb­lich gestärkt.
  • Weitere zentrale Vorhaben, wie die Er­wei­te­rung des BA/GKV-Modellprojekts zur Ge­sund­heits­för­de­rung bei Ar­beits­lo­sen, sind auf den Weg gebracht.

Neben diesen Veränderungen steht das Ge­sund­heits­we­sen in Deutsch­land mit der Auf­nah­me und In­te­gra­ti­on geflüchteter Menschen vor einer großen Herausforderung. Hier haben ins­be­son­de­re die Akteure vor Ort, in den Kom­mu­nen, enorm viel zu leis­ten. Dabei nut­zen sie vielfach Strukturen und Vorgehensweisen, die sie im Laufe der letzten Jahre als „integrierte kommunale Stra­te­gien“ aufgebaut haben. Der Ko­o­pe­ra­ti­ons­ver­bund rückt die­ses The­ma in seiner Ar­beit vermehrt in den Vordergrund.

© A. Wagenzik

Begrüßungsworte

Zum 14. Jahrestreffen des Ko­o­pe­ra­ti­ons­ver­bun­des heißt Dr. Mat­thi­as Gruhl, Lei­ter der Behörde für Ge­sund­heit und Verbraucherschutz der Freien und Hansestadt Hamburg, die An­we­sen­den als Gast­ge­ber willkommen. Er zieht ei­ne erste Bi­lanz der Um­set­zung des Prä­ven­ti­onsgesetzes: „Es ist et­was passiert, aber wir sind noch nicht da, wo wir hin wol­len.“ Kurz stellt er die Si­tu­a­ti­on in Hamburg dar, wo der „Pakt für Prä­ven­ti­on“ Impulsgeber für die Ziel­set­zung­en der Landesrahmenvereinbarung ist.

Dr. Gruhl formuliert drei Prüfstei­ne für ei­ne gelingende Um­set­zung des Prä­ven­ti­onsgesetzes:

  1. Ge­sund­heit­liche Chan­cen­gleich­heit steht im Mit­tel­punkt der Aktivitäten.
  2. Der Wett­be­werb zwi­schen den Kas­sen wird überwunden: Kom­mu­ni­ka­ti­on, Ko­o­pe­ra­ti­on und gemeinsames Agieren aller Akteure in den Landesrahmenvereinbarungen ste­hen im Vordergrund.
  3. Die Inhalte des Gesetzes wer­den gut umgesetzt.

Dr. Gruhl begrüßt aus­drück­lich, dass ein Teil der Gelder aus der BZgA-Beauftragung für die Ent­wick­lung und Stär­kung der Koordinierungsstellen Ge­sund­heit­liche Chan­cen­gleich­heit (KGC) ein­ge­bracht wer­den. Dies sei ei­ne positive Strukturentscheidung für die Lan­des­ebe­ne. Die Er­war­tung­en an die Mög­lich­keit­en der KGC sollten al­ler­dings re­a­lis­tisch blei­ben.

Dr. Frank Lehmann, Ab­tei­lungs­lei­ter „Un­ter­stüt­zung der Kran­ken­kas­sen bei Leis­tung­en zur Ge­sund­heits­för­de­rung und Prä­ven­ti­on in Lebenswelten“ der Bun­des­zen­tra­le für ge­sund­heit­liche Auf­klä­rung (BZgA), verweist auf die Kontinuität der gemeinsamen Ar­beit im Ko­o­pe­ra­ti­ons­ver­bund. Neben der Beauftragung durch die GKV wird die BZgA auch wei­ter­hin mit eigenen Mitteln die Aktivitäten des Ko­o­pe­ra­ti­ons­ver­bun­des för­dern.

Herr Dr. Lehmann be­tont die Qualitätsentwicklung als ein zentrales Anliegen der BZgA und des Verbundes und verweist auf die Good Practice-Kriterien. Zentral sei das Good Practice-Kriterium „Integriertes Handlungskonzept/Vernetzung“, „Menschen in schwierigen Lebenssituationen brau­chen ei­ne kommunale Vernetzung“. Dies funktioniere nur un­ter Ein­be­zie­hung aller Bedingungsfaktoren wie et­wa Um­welt oder Sozialwesen. Bei der Versorgung geflüchteter Menschen zeige sich, dass Prä­ven­ti­onsketten ein guter An­satz für die In­te­gra­ti­on von Angeboten der kommunalen Daseinsvorsorge seien.

Das En­ga­ge­ment der gesetzlichen Kran­ken­ver­si­che­rung in der kommunalen Prä­ven­ti­on und Ge­sund­heits­för­de­rung

Ger­not Kie­fer, Mit­glied des Vorstands des GKV-Spitzenverbandes, verweist auf das langjährige En­ga­ge­ment der GKV in der För­de­rung der KGC. Die Um­set­zung der „Phi­lo­so­phie des Prä­ven­ti­onsgesetzes“ werde Zeit brau­chen und nicht im­mer gradlinig verlaufen. In sei­ner Prä­sen­ta­ti­on stellt er zentrale Eckpunkte der Um­set­zung des Prä­ven­ti­onsgesetzes vor.

In der anschließenden kurzen Dis­kus­si­on be­tont Herr Kie­fer, dass der Wett­be­werb un­ter den Kas­sen für die Um­set­zung des Prä­ven­ti­onsgesetzes kein grundsätzliches Problem sei. Bei den Aktivitäten in betrieblichen und nichtbetrieblichen Settings müsse al­ler­dings be­son­ders die Ko­o­pe­ra­ti­on in den Vordergrund gestellt wer­den. Spätestens der 2019 erschei­nende Prä­ven­ti­onsbericht der Nationalen Prä­ven­ti­onskonferenz sollte Klar­heit da­rü­ber brin­gen, ob dies gelinge. Dieser wird ei­ne Aus­wer­tung der Landesrahmenvereinbarungen und deren Um­set­zung ent­hal­ten.

Wichtig für die Qualitätsentwicklung so­wohl der individuellen als auch der lebensweltbezogenen Maß­nah­men werde der 2017 in überarbeiteter Fas­sung vorzulegende GKV-Leitfaden sein. Dieser werde u.a. be­rück­sich­ti­gen, dass fachliche Qualifikationen ge­gen­über formalen Abschlüssen an Be­deu­tung ge­win­nen. Der Setting-Ansatz gewinne im Rahmen des Prä­ven­ti­onsgesetzes deut­lich an Be­deu­tung, die sich (auch) fi­nan­zi­ell ausdrücke. Die personelle Er­wei­te­rung der KGC biete ei­ne gute Mög­lich­keit, kommunale Ent­wick­lung­en aktiv zu un­ter­stüt­zen, da­mit die eigentlichen Maß­nah­men ih­re Ad­res­sa­tin­nen und Adressaten tat­säch­lich er­rei­chen.

Herr Kie­fer empfiehlt, ei­nen gemeinsamen Lern­pro­zess zu ge­stal­ten. Es gelte, Ge­sund­heits­för­de­rung und Prä­ven­ti­on als gesamtgesellschaftliche Auf­ga­be wei­ter zu ent­wi­ckeln.

Die Aufgabenprofile der erweiterten Koordinierungsstellen Ge­sund­heit­liche Chan­cen­gleich­heit

Ste­phan Koesling, Ge­schäfts­füh­rer der Sächsischen Landesvereinigung für Ge­sund­heits­för­de­rung, und Do­ro­thee Michalscheck, KGC Schleswig-Holstein, stel­len das neue, erweiterte Auf­ga­benprofil der KGC vor (Prä­sen­ta­ti­on).

Ste­phan Koesling nennt als die zwei zentralen Ziele der KGC

  • die Be­fä­hi­gung der Akteure und
  • den Auf­bau gesundheitsfördernder Strukturen.

Die Ent­schei­dung zur Er­wei­te­rung der KGC sei ein Mei­len­stein in deren Ent­wick­lung. Die ak­tu­ell umgesetzte Stan­dar­di­sie­rung von Auf­ga­ben ermögliche ei­ne einheitliche bundesweite Dar­stel­lung und werde zum „Rück­grat“ der eigenen Leis­tung. Zugleich sei es wich­tig, Ansatzpunkte für wirkungsvolle, nachhaltige Ar­beit zu fin­den und die Rol­le und Auf­ga­ben der KGC in Ab­gren­zung zu ste­tig wachsenden Auf­ga­benkatalogen und An­fra­gen zu de­fi­nie­ren.

Do­ro­thee Michalscheck erläutert das Auf­ga­benprofil der KGC, das sich in obligatorische und fakultative Auf­ga­ben gliedert. Die konkreten Ziele und Auf­ga­ben wer­den in den Ländern ge­mein­sam mit den Partnern im jeweiligen Steuerungsgremium konkretisiert. Die Prozessbegleitung und Be­ra­tung von Kom­mu­nen kann jetzt ausgebaut wer­den, wo­bei die Begleitungsprozesse ei­nen lan­gen Atem benötigen und im je­weils eigenen Tem­po lau­fen. Die För­de­rung der Qualitätsentwicklung sei ei­ne zentrale Auf­ga­be der KGC. Hier gelte es, Trans­pa­renz in der Vielfalt der An­ge­bo­te zu schaffen.

Aus der nachfolgenden Diskussion

  • Die KGC sollten nicht mit Er­war­tung­en überfrachtet wer­den. Auch mit den erweiterten personellen Kapazitäten wird es zu­nächst nur punk­tu­ell mög­lich sein, kommunale Prozesse kon­ti­nu­ier­lich zu be­glei­ten.
  • Ein erfolgreiches Bei­spiel für „Anti-Projektitis“ stellt die Jugendzahnpflege nach § 21 SGB V dar. 80% der Kinder wer­den hierüber re­gel­mä­ßig erreicht.
  • Aktuell wird ein GKV-Por­tal entwickelt, das ei­nen Über­blick über Aktivitäten und An­ge­bo­te im Rahmen des Präventionsgesetzes vermittelt. Das Por­tal wird landesspezifische Sei­ten und ggf. auch ei­ne Wirksamkeits-Datenbank ent­hal­ten. In der Pla­nung wird da­rauf geachtet, bestehende An­ge­bo­te wie die Praxisdatenbank Ge­sund­heit­liche Chan­cen­gleich­heit einzubeziehen und zu nut­zen.
  • Das aktuelle En­ga­ge­ment im Rahmen des Präventionsgesetzes sollte ausgeweitet wer­den und die Ge­stal­tung der Rah­men­be­din­gung­en für ein gesundes Leben in den Blick genommen wer­den. Bei­spiele sind u.a. die Wer­bung für Al­ko­hol und Ta­bak so­wie die Verwendung der Ein­nah­men aus Al­ko­hol- und Ta­bak­steu­er.
  • Die Public Health-Wis­sen­schaft und ih­re Fachgesellschaften sollten stärker in die Lernprozesse im Rahmen des Präventionsgesetzes eingebunden wer­den und mit da­ran ar­bei­ten, die bestehende Lü­cke zwi­schen praktischen Er­fah­rung­en und wissenschaftlichen Erkenntnissen zu schlie­ßen. Die Wis­sen­schaft müsse im­mer auch herausgefordert wer­den. Es biete sich die Mög­lich­keit für Wis­sen­schaft-Praxis-Partnerschaften, wie sie in anderen Ländern be­reits verbreitet(er) sind.

© A. Wagenzik

Anknüpfungspunkte zur Stadtentwicklung

  • Hinweis auf die Ressortübergreifende Stra­te­gie Soziale Stadt der Bun­des­re­gie­rung, „Nachbarschaften stär­ken, Miteinander im Quar­tier“. Das Stra­te­giepapier soll da­zu bei­tra­gen, Maß­nah­men von Akteuren und Partnern aus der Wirt­schaft, aus Verbänden, der Zivilgesellschaft, Kir­chen, Institutionen, Vereinen etc. in den Quar­tieren der Sozialen Stadt zu un­ter­stüt­zen. Auf den Sei­ten 32 bis 41 fin­den sich die Beiträge, die aus dem Feld Ge­sund­heits­för­de­rung und Prä­ven­ti­on aufgeführt wer­den. Aber auch diejenigen aus anderen Ressorts sind in­te­res­sant und bie­ten gute Anknüpfungspunkte zur Zu­sam­men­ar­beit un­ter dem Ziel der gesundheitlichen Chan­cen­gleich­heit.
  • Das Quar­tier sollte die Klam­mer zwi­schen den drei in den Bundesrahmenempfehlungen genannten Lebensphasen (Gesund Aufwachsen / Leben und Arbeiten / Al­ter) sein. Dabei sollten auch so­zi­al un­gleich verteilte Umweltbelastungen, z.B. Feinstaub, in den Blick genommen wer­den.

Berichte aus Kom­mu­nen

  • Erlan­gen ist ein neues Mit­glied im Part­nerprozess „Ge­sund­heit für al­le“ und er­lebt als Rü­cken­wind für die eigene Ar­beit so­wohl die Un­ter­stüt­zung aus dem Ko­o­pe­ra­ti­ons­ver­bund als auch das spürbare politische In­te­res­se an gesundheitlicher Chan­cen­gleich­heit.
  • Aus Dormagen wird berichtet, dass nachhaltige kommunale Entwicklungsprozesse Zeit, einen lan­gen Atem und Phan­ta­sie brau­chen: Es geht da­rum, die wichtigen Part­ner zusammenzubringen und (mit) ih­nen An­ge­bo­te zu ent­wi­ckeln, die einen Mehr­wert für die Er­fül­lung ihrer eigenen Auf­ga­ben haben.
  • Das „Leip­zi­ger Mo­dell“ gründet auf einen Be­schluss des Stadtrates, der Ge­sund­heit als Querschnittsaufgabe be­stimmt. Eine Vernetzungs- und Begleitungsstruktur stellt si­cher, dass Akteure und Strukturen sich auf ei­nan­der beziehen kön­nen, ein poolfinanzierter Verfügungsfonds er­mög­licht die flexible und unbürokratische Fi­nan­zie­rung kleinerer Aktivitäten.
  • Im Ber­li­ner Be­zirk Spandau hat die Ge­sund­heits­konferenz „Gesund Aufwachsen“ als gemeinsames Ge­sund­heitsziel be­stimmt, des­sen Um­set­zung im gleichnamigen Netz­werk vorangetrieben wird. Statt kleinteiliger Projekte sollen gesundheitsgerechte Strukturen aufgebaut wer­den, der­zeit vor al­lem unterstützt aus Mitteln des Bund-Länder-Programms Soziale Stadt.

© A. Wagenzik

Kultursensible Ge­sund­heits­för­de­rung in der Kom­mu­ne

Marcus Wächter-Raquet, Landesvereinigung für Ge­sund­heit und Aka­de­mie für Sozialmedizin Niedersachsen, leitet in diesen Themenblock ein. „Kultursensibel“ heißt z.B.:

  • über individuelle Herangehensweisen und nicht über Grup­pen zu sprechen
  • das eigene Wertesystem zu reflektieren

Dies ist u.a. re­le­vant für die Verbesserung der Pfle­ge, Versorgung und auch Ge­sund­heits­för­de­rung. Dabei muss man eng an den Ad­res­sa­tin­nen und Adressaten blei­ben: „Man weiß nicht, wie kultursensible Ge­sund­heits­för­de­rung geht, wenn man die Ziel­grup­pe nicht fragt.“

Geflüchtete bei­spiels­wei­se sind ei­ne völlig an­de­re Mi­gra­ti­onsgruppe als Arbeitsmigrant/in­nen. Sie brin­gen auch an­de­re ge­sund­heit­liche Voraussetzungen mit. So kann na­tür­lich die Art der Mi­gra­ti­on, nämlich die Flucht an sich, Aus­wir­kung­en auf die Ge­sund­heit haben.

Ge­sund­heit, Diversity und Par­ti­zi­pa­ti­on im Quar­tier

Prof. Dr. Chris­ti­a­ne Falge, Hochschule für Ge­sund­heit Bo­chum, stellt ihr For­schungs­pro­jekt „Barrieren und Potentiale - Ge­sund­heit im superdiversen Stadtteillabor Bo­chum-Hustadt“ vor. Dabei bil­den An­woh­ner/in­nen (da­run­ter Geflüchtete), Wis­sen­schaft­ler/in­nen und Stu­die­ren­de so­wie das Quartiersmanagement Forscherteams als „Stadtteilforscher“. Sie eruieren und for­mu­lie­ren Bedarfe zum The­ma Ge­sund­heit im weiteren Sinne. Es geht in diesem Pro­jekt eher um Inklusion als um In­te­gra­ti­on.

Es folgt ein Aus­tausch mit dem Pu­bli­kum:

  • Für Interviews wurde der Leit­fa­den ge­mein­sam mit den Peers entwickelt; der Schwer­punkt Salutogenese wurde bspw. durch die Peers ge­setzt.
  • Das Pro­jekt ist als Langzeitforschung über zwölf Jahre angelegt. Die Lei­tung soll per­spek­ti­visch an die Peers über­ge­ben wer­den. Das Quartiersmanagement hat al­ler­dings Finanzierungsschwierigkeiten. Bisher handelt es sich aus­schließ­lich um ehrenamtliches En­ga­ge­ment.
  • Kontakte mit der Kom­mu­ne sollen mit den Peers aus der For­schung heraus entwickelt wer­den.Ein Trans­fer der Er­fah­rung­en ist vorstellbar, das „La­bor“ muss weiterentwickelt wer­den, wo­bei der Pro­zess viel Zeit kostet. Die Peers sollen weitere Stadtteilforscher/in­nen aus­bil­den.
  • Vorschlag, die IHK als Part­ner einzubinden.
  • Gemeinsame For­schung mit den Peers ist sehr wich­tig. Diese Mi­schung gibt einen großen Kompetenzgewinn. Daraus kann sich ein Schneeballeffekt ent­wi­ckeln. Und da­rü­ber las­sen sich auch an­de­re Akteursgruppen, wie Ärzt/in­nen, sen­si­bi­li­sie­ren und Brücken bau­en. Wichtig ist, nicht voreingenommen in den Pro­zess zu ge­hen.

Erfolgversprechende Vorgehensweisen zur Ge­sund­heits­för­de­rung mit Geflüchteten

An vier „Marktständen“ wer­den kommunale Ansätze vorgestellt und ge­mein­sam diskutiert.

Leipzig

Ul­ri­ke Leistner, Koordinierungsstelle kommunale Ge­sund­heit Leip­zig, stellt als Teile ei­nes größeren, meh­re­re Interventionsebenen berücksichtigenden Maßnahmenpakets einen Bewegungsstadtplan (Stadtteilebene) und ein Video (Erstuntersuchungsstelle) vor:

Bewegungsstadtplan Leip­zi­ger Osten

  • Übersicht al­ler frei zugänglichen und organisierten Bewegungsangebote im Stadt­teil, differenziert nach Al­ters­grup­pen und Kosten
  • nach Bewegungs-/Sportarten sor­tiert, Nut­zung von Piktogrammen, Le­gen­de mehr­spra­chig, Ziel: integratives In­stru­ment für al­le Stadt­teilbewohner/in­nen nutzbar
  • bewusster Ein­satz ei­nes A2-Printprodukts (Akteure wol­len „et­was in der Hand haben")
  • starke Nach­fra­ge: Der Bewegungsplan ist vergriffen (PDF)

Info-Video für Geflüchtete

  • Transparenz über Erstuntersuchung durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst (inkl. Imp­fung)
  • Veröffentlichung über Homepages der untersuchenden Sächsischen Gesundheitsämter und Pos­ter in Asylunterkünften mit QR-Code, mehrsprachig
  • Ziel: Ab­bau von Ängsten

Dormagen

Mar­ti­na Hermann-Biert, Ju­gend­amt, erläutert die Ar­beit für und mit geflüchteten Menschen und geht da­bei auf das kommunale Integrationskonzept ein. Für die In­te­gra­ti­on Geflüchteter bie­ten die in Dormagen aufgebauten Kooperations- und Vernetzungsstrukturen, ins­be­son­de­re das Netz­werk Frü­he För­de­rung für Fa­mi­lien (NEFF), gute Anknüpfungspunkte. Auch die seit vielen Jahren entwickelte wertschätzende, unterstützende und ressourcenorientierte Haltung der Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter ins­be­son­de­re des Jugendamtes ge­gen­über den Fa­mi­lien er­mög­licht es, Probleme oft­mals früh­zei­tig zu er­ken­nen und im Einvernehmen mit den Fa­mi­lien zu lö­sen.

Frankfurt am Main

Marisa Pietzsch, Ge­sund­heits­amt, berichtet von der Interkulturellen Gesundheitsaufklärung für Asylsuchende. Damit wird das seit 2012 bestehende Pro­gramm „Kommunalen Gesundheitsinitiativen Interkulturell (KoGi)“ von Ge­sund­heits­amt, Gesunder Stadt und Selbst­hil­fe e.V. erweitert. Interkulturelle  „Gesundheitslotsen“ leis­ten mehrsprachige und kultursensible Gesundheitsaufklärung für Migrant/in­nen, bis­her in Familienzentren, Migrantenorganisationen, Kindergärten und Schulen, Kirchgemeinden, Mo­scheen, etc. Nun sind Gemeinschaftsunterkünfte für Geflüchtete als Orte da­zu gekom­men, wo interkulturelle Gesundheitsveranstaltungen angeboten wer­den.

Ziele:

  • Förderung der In­te­gra­ti­on Asylsuchender in das lokale Gesundheitssystem
  • Bewusstseinsbildung und -stärkung für gesundheitsfördernde  Themen

In den Gemeinschaftsunterkünften kom­men je­weils ein KoGi-Tandem, bestehend aus einem Arabisch- und einem Farsi-sprachigen Lot­sen, zum Ein­satz. Als be­son­ders positive Er­fah­rung­en beschreibt Frau Pietzsch:

  • Vorbildwirkung der Lots/in­nen mit eigener Migrationserfahrung
  • Lot­sen als Mitt­ler zwi­schen Geflüchteten und kommunalen Gesundheitsdiensten
  • Zugang zu den Geflüchteten und deren Gesundheitsbedürfnisse

Eine Schwie­rig­keit in der Pra­xis ist es, männliche Geflüchtete bei sensiblen Gesundheitsthemen zu ge­win­nen, da es an männlichen Lot­sen mangelt. Aufgrund der vielen Schnittpunkte zu angrenzenden sozialen Themen, wie z. B. die Wohnsituation oder das Es­sen in der Un­ter­kunft, ist es für die Lots/in­nen nicht im­mer ein­fach, sich auf die Vermittlung ihrer Themen zu be­gren­zen.

Ber­lin

Sabine Oldag, Ge­sund­heit Ber­lin-Brandenburg, stellt vor: Der Gemeindedolmetschdienst ist die zentrale An­lauf­stel­le in Ber­lin für öffentliche und private Ein­rich­tung­en des Ge­sund­heits-, Bildungs- und Sozialwesens bei Sprachproblemen und Verständigungsschwierigkeiten mit fremdsprachigen Pa­ti­ent/in­nen und Kli­ent/in­nen.

„Wir verstehen uns als Brückenbauer, die helfen, sprachliche oder kulturelle Verständigungsprobleme zu über­win­den und Missverständnisse zu vermeiden. Muttersprachliche, qualifizierte Gemeindedolmetscher/in­nen:

  • er­mög­li­chen ei­ne sachliche und ergebnisorientierte interkulturelle Kom­mu­ni­ka­ti­on und Verständigung zwi­schen Ge­sprächs­part­ner/in­nen unterschiedlicher Herkunft in vertrauensvoller At­mo­sphä­re;
  • er­mög­li­chen, dass die Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen Fachkräften und fremdsprachigen Kli­ent/in­nen und Pa­ti­ent/in­nen ef­fi­zi­ent verläuft und das Fachpersonal sich op­ti­mal auf sei­ne Kernaufgaben kon­zen­trie­ren kann;
  • stel­len durch ih­re Kenntnisse fachliche Kom­mu­ni­ka­ti­on und ei­ne hohe Qua­li­tät der Ar­beit si­cher, d.h. durch:
    • medizinische und psychologische Sprachkenntnisse
    • Fachvokabular,
    • Strukturen des Ge­sund­heits- und Sozialwesens in Deutsch­land,
    • Migrationssoziologie;
  • sind - an­ders als et­wa Familienangehörige - neu­tral und an die Schweigepflicht ge­bun­den.“

© A. Wagenzik

Aus­blick

Klaus-Peter Stender, Behörde für Ge­sund­heit und Verbraucherschutz der Freien und Hansestadt Hamburg:

Auf Länderebene müs­sen zu­nächst die noch ausstehenden Landesrahmenvereinbarungen (LRV) verabschiedet wer­den. Die meisten vorhandenen LRV fo­kus­sie­ren auf Strukturen, dem­ent­spre­chend müs­sen die inhaltlichen Ziele und Handlungsschwerpunkte erst noch gefunden wer­den. Dabei gilt es, das The­ma ge­sund­heit­liche Chan­cen­gleich­heit mit in den Blick zu neh­men.

Jens Hupfeld, GKV-Spitzenverband:

Die ersten Ent­wick­lung­en aus dem Prä­ven­ti­onsgesetz sind positiv, ein Bei­spiel da­für ist die Er­wei­te­rung der KGC durch die GKV-Mittel im Rahmen der BZgA-Beauftragung. Nun wird sei­tens der GKV das Mitziehen der Länder hinsichtlich der Auf­sto­ckung der Fi­nan­zie­rung der KGC gewünscht.
In Be­zug auf die LRV geht es nun da­rum, diese zu kon­kre­ti­sie­ren und um Ko­o­pe­ra­ti­onsvereinbarungen zu bestimmten Lebenswelten, wie zum Bei­spiel Pflegeeinrichtungen, zu er­gän­zen.
Kommunale Interventionen der Ge­sund­heits­för­de­rung und Prä­ven­ti­on wer­den 2017 von der Bun­des­ebe­ne wei­ter unterstützt, je­doch muss auch tat­säch­lich et­was auf der kommunalen Ebe­ne an­kom­men. Hierfür ist teil­wei­se noch der Auf­bau von Strukturen nö­tig. Die GKV kann je­doch nicht die Auf­ga­be über­neh­men, kommunale Stel­len zu fi­nan­zie­ren.
Im Rahmen der Aus­wei­tung des Modellprojektes Ge­sund­heits­för­de­rung bei Ar­beits­lo­sen findet be­reits ei­ne verstärkte Ko­o­pe­ra­ti­on zwi­schen den Kas­sen statt, wo­bei je­weils ei­ne Kas­se für ei­ne Re­gi­on die Fe­der­füh­rung übernimmt.

  • Poster Frankfurt/M.

Impressionen des 14. Kooperationstreffens

© A. Wagenzik