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Kooperationsverbund Gesundheitliche Chancengleichheit

Gesundheitliche Chancengleichheit in Deutschland verbessern und die Gesundheitsförderung bei sozial benachteiligten Gruppen unterstützen - das sind die Leitziele des bundesweiten Kooperationsverbundes. Dem von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) initiierten Verbund gehören 75 Organisationen an. Der Verbund fördert vorrangig die Qualitätsentwicklung in der soziallagenbezogenen Gesundheitsförderung und die ressortübergreifende Zusammenarbeit. Die zentrale Aktivität der Koordinierungsstellen in den Bundesländern ist die Begleitung kommunaler Prozesse, insbesondere über den Partnerprozess "Gesundheit für alle".

Wer durch Ar­mut oder an­de­re schwierige Lebens­um­stän­de benachteiligt ist, hat in Deutsch­land ein dop­pelt so hohes Erkrankungs­risiko und ei­ne um bis zu zehn Jahre geringere Lebens­erwartung als Men­schen aus bes­ser gestellten Bevölkerungs­schichten. Ins­be­son­de­re so­zi­al benach­teiligte Kinder und Jugend­liche sind stärkeren gesund­heitlichen Be­lastungen aus­ge­setzt, wie der Kinder- und Jugend­gesundheits­survey (KiGGS) be­legt. Die schicht­abhängigen Unter­schiede be­tref­fen nach­weislich den Gesundheits­zustand, das Ge­sund­heits­ver­hal­ten und die In­an­spruch­nah­me von Vorsorge­untersuchungen.

Hintergründe, Daten und Materialien

Der Kooperationsverbund und seine Aktivitäten. Ein Selbstdarstellungsvideo von 2012, 11:30 Minuten lang

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Artikel

04.06.2014

Wie gesundheitsförderliche Schulentwicklung gelingen kann

Evaluationsbericht der DAK-Initiative "Gemeinsam gesunde Schule entwickeln" erschienen

Katrin Schwarzenberg, Zentrum für Angewandte Gesundheitswissenschaften der Leuphana Universität Lüneburg

Schlagwörter:Evaluation, Gesundheitsbildung, Schule, Setting

Die DAK-Initiative „Gemeinsam gesunde Schule ent­wi­ckeln“ begleitete von 2007 bis 2013 ins­ge­samt 30 Schulen über einen Zeit­raum von je­weils drei Jahren auf ihrem Weg zu einer guten ge­sun­den Schule. Das Setting-Projekt wurde von der DAK-Gesundheit initiiert und vom Zen­trum für Angewandte Gesundheitswissenschaften (ZAG) in Ko­o­pe­ra­ti­on mit dem In­sti­tut für Psychologie der Leuphana Uni­ver­si­tät Lü­ne­burg durchgeführt.

Leit­ziele der In­iti­a­ti­ve waren die Verbesserung der Leh­rer/innen- und Schü­ler/innengesundheit so­wie die Stei­ge­rung der Schulqualität. Darüber hinaus sollten die Entwicklungskompetenzen der Schulen gestärkt wer­den. In Über­ein­stim­mung mit dem Leit­fa­den Prä­ven­ti­on sollten vor allem benachteiligte Schü­le­rin­nen und Schü­ler erreicht wer­den. Daher wurden für das Pro­jekt mehr­heit­lich Schulen aus strukturschwachen Regionen ausgewählt.

Das Setting-Projekt wurde nach den folgenden Prinzipien durchgeführt:

  • Be­ra­tung nach dem Organisationsentwicklungsmodell: Ge­sund­heits­för­de­rung wurde nicht als ein weiteres „Add-on“ zu den eigentlichen Auf­ga­ben realisiert, son­dern kon­se­quent mit der schulischen Qualitätsentwicklung verbunden.
  • Ganzheitlichkeit: Es wurden Maß­nah­men umgesetzt, die ei­ner­seits auf ei­ne Verbesserung der Arbeits- und Lernbedingungen zie­len und die an­de­rer­seits die Kompetenzen und Res­sour­cen von Schü­le­rin­nen und Schülern so­wie Lehrkräften stär­ken (Verhältnis- und Verhaltensprävention).
  • Selbststeuerung und Par­ti­zi­pa­ti­on: Eine breite Beteiligung der Schulgemeinde und ei­ne Be­fä­hi­gung zur Selbststeuerung waren in allen Pha­sen des Projektes zentrale Prä­mis­sen: Die Schule wählte ih­re wichtigsten Themen aus, entwickelte passgenaue Maß­nah­men und wurde in die Prozess- und Ergebnisevaluation mit einbezogen.
  • Nach­hal­tig­keit: Durch die Um­set­zung ei­nes tiefgreifenden systematischen Veränderungsprozesses wurden die Entwicklungskompetenzen der Schulen gestärkt und die Schulen nach­hal­tig befähigt, ih­re Schulentwicklung nach Projektabschluss selbstständig weiterzuführen.

Im Evaluationsbericht wurden die Wir­kung­en des Projektes untersucht. Es wurde überprüft, in­wie­fern die Projektziele erreicht wer­den konnten und die Projektkonzeption so­wie -umsetzung reflektiert. Darüber hinaus wurden die Be­din­gung­en für einen hohen Projekterfolg eruiert.

Wirk­sam­keit der DAK-Initiative

Die Ergebnisse der Eva­lu­a­ti­on zei­gen, dass das Pro­jekt hoch wirk­sam war. Gerade Schulen aus strukturschwachen Regionen konnten von der Pro­jektteilnahme profitieren. Im Folgenden wer­den ei­ni­ge zentrale Ergebnisse vorgestellt.

Gesundheitsgefährdende Arbeits-bedingungen wurden ent­schei­dend reduziert: Der An­teil von Risikoschulen mit erheblichen Gesundheitsrisiken für Lehrkräfte, Schü­le­rin­nen und Schü­ler hat im Pro­jektverlauf deut­lich abgenommen (vgl. Abb. 1). Zu Pro­jektbeginn wurde die Mehr­heit der Schulen durch ihren hohen An­teil von ungünstigen Lern- und Arbeitsbedingungen als Risikoschule klassifiziert. Durch die Pro­jektteilnahme konnten sich 75 Pro­zent der Risikoschulen zu teil­wei­se gesundheitsfördernden Schulen oder so­gar zu guten ge­sun­den Schulen ent­wi­ckeln. Insgesamt wiesen nach dem Pro­jekt 85 Pro­zent der Schulen min­des­tens teil­wei­se gesundheitsförderliche Arbeits- und Lernbedingungen auf. Der An­teil von guten ge­sun­den Schulen konnte sich zum Pro­jektabschluss verfünffachen. Keine einzige Pro­jektschule hat sich verschlechtert.

Auch Brennpunktschulen waren er­folg­reich: Schulen aus strukturschwachen Regionen konnten sich im Vergleich zu Schulen mit günstigeren sozioökonomischen Rah­men­be­din­gung­en min­des­tens ge­nau­so er­folg­reich zu guten ge­sun­den Schulen ent­wi­ckeln. Die DAK-Initiative konnte durch ihr Vorgehen dem­ent­spre­chend auch Schulen mit ungünstigen sozioökonomischen Be­din­gung­en er­folg­reich un­ter­stüt­zen.

Schulentwicklungskompetenzen wurden nach­hal­tig verankert: Im Rahmen des Projektes wurden ins­ge­samt 270 Schulmitglieder als Change Agents in Moderatoren- oder Steuerkreisschulungen aus­ge­bil­det. Die Mehr­heit der Schulen plante ei­ne Fort­füh­rung der Steuer- und Projektgruppenarbeit nach Projektende. 96 Pro­zent der Schulen gaben da­rü­ber hinaus zum Projektabschluss an, sich die Weiterführung gesundheitsbezogener Schulentwicklung selbstständig zuzutrauen. Knapp 40 Pro­zent wünschten sich da­bei ei­ne punktuelle Un­ter­stüt­zung durch Ex­ter­ne.

Auf die Startbedingungen kommt es an - Ent­wick­lung einer Lehrer- und Schultypologie

Die Eva­lu­a­ti­on des Projektes führte zu neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen über die notwendigen Voraussetzungen, um Schulentwicklungsprozesse er­folg­reich durch­füh­ren zu kön­nen. Es wurde der Fra­ge nachgegangen, ob sich be­reits zum Projektbeginn Be­din­gung­en an den Schulen so­wie Haltungen bei den Lehrkräften iden­ti­fi­zie­ren las­sen, die Ein­fluss auf den Projekterfolg haben.

Um diese Fra­ge zu be­ant­wor­ten, wurden die Da­ten der Eingangsbefragung mit­tels Clusteranalysen ausgewertet und Ty­pen von Lehrkräften so­wie Schulen aus den Ana­ly­sen abgeleitet. Die so unterschiedenen Schultypen so­wie die Verteilung der Lehrertypen an einer Schule zu Beginn des Schulentwicklungsprojektes zeigten bedeutsame Zusammenhänge mit dem späteren Projekterfolg. Im Folgenden wer­den beide Ty­po­lo­gien kurz vorgestellt:

Lehrertypen: pro­gres­siv, re­si­gniert und des­in­te­res­siert

Es wurden drei Ty­pen von Lehrkräften identifiziert, die sich in ih­rer Be­wer­tung des Veränderungsprojektes so­wie in ih­rer Be­reit­schaft zum En­ga­ge­ment we­sent­lich un­ter­schie­den:

  1. gesunde und zu­frie­dene Progressive,
  2. belastete und un­zu­frie­den Resignierte und
  3. gesunde und zu­frie­dene Desinteressierte.

In den letzt­end­lich erfolgreichen Schulen bildeten die „ge­sun­den und zufriedenen Progressiven“ zu Projektbeginn die Mehr­heit (vgl. Abb.2). Diese Lehrkräfte zeigten ei­ne hohe Arbeitszu­frie­denheit, schätzten ih­re Ge­sund­heit vergleichsweise güns­tig ein und waren Veränderungen ge­gen­über of­fen. Sie hatten das Be­dürf­nis ih­re Schule weiterzuentwickeln und waren be­reit, sich da­für aktiv einzusetzen.

An weniger erfolgreichen Schulen überwogen hingegen Lehrkräfte, die mit ih­rer Arbeitssituation zwar eben­falls zu­frie­den waren, zu­gleich je­doch nur ei­ne geringe Entwicklungsmotivation aufwiesen (Desinteressierte). Zudem fand sich an diesen Schulen auch ein höherer An­teil an ge­sund­heit­lich belasteten und mit ih­rer Arbeitssituation un­zu­frie­denen Lehrkräfte (Resignierte). Auch wenn diese Lehrkräfte Veränderungen als drin­gend not­wen­dig erachteten, begegneten sie ei­nem solchen Veränderungsvorhaben mit Skep­sis.  

Die Ergebnisse zei­gen, dass für den Er­folg von Schulentwicklungsprojekten motivierte und veränderungsbe­reite Lehrkräfte ei­ne zentrale Voraussetzung sind. Nur wenn die Durch­füh­rung ei­nes Schulentwicklungsprojektes als wich­tig, dring­lich und zu­gleich erfolgversprechend bewertet wird, kann die für den Veränderungsprozess not­wen­dige Ener­gie erzeugt wer­den.

Ty­pen von Schulen: von der lernenden Schule bis zur resignierten ‚Problemschule‘

Neben den Lehrertypen konnten auch fünf Ty­pen von Schulen mit je­weils un­ter­schied­lichen Voraussetzungen und Vorerfahrungen zu Beginn des Projektes identifiziert wer­den: (1) die lernende Schule, (2) die unachtsame Erfolgsschule, (3) die träge-zufriedene Schule, (4) die motivierte Problemschule und (5) die resignierte Problemschule. Die Schulen un­ter­schie­den sich hinsichtlich ihrer Qua­li­tät, der gesundheitlichen Be­an­spru­chung der Lehrkräfte so­wie deren Erfolgszuversicht und Be­reit­schaft, sich zu en­ga­gie­ren. Grundsätzlich war für jeden Schultyp ein hoher Projekterfolg mög­lich, mit Aus­nah­me der ‚träge-zufriedenen Schulen‘. Lernende Schulen erzielten im­mer einen hohen Projekterfolg, was an­ge­sichts ihrer guten Voraussetzungen nicht überrascht.

Die Ergebnisse ma­chen deut­lich, dass Schulen in Ab­hän­gig­keit von ihren Ausgangsbedingungen Veränderungsvorhaben un­ter­schied­lich an­ge­hen müs­sen, um er­folg­reich sein zu kön­nen. Daher wurden im Evaluationsbericht für jeden Schultyp spezifische Emp­feh­lung­en für die Ge­stal­tung von Schulentwicklungsprojekten abgeleitet.

Weiterführende Informationen und Materialien

Auf der Pro­jektwebsite www.schulen-entwickeln.de ste­hen weiterführende Informationen zur In­iti­a­ti­ve und der Pro­jektumsetzung be­reit. Dort fin­den sich eben­falls Materialien und Umsetzungsbeispiele für ei­ne gesundheitsförderliche Schulentwicklung so­wie Hinweise auf Veröffentlichungen zum Pro­jekt.

Den Evaluationsbericht der DAK-In­iti­a­ti­ve fin­den Sie hier.

Quel­len­an­ga­ben:

Pau­lus, P., Schumacher, L., Sieland, B., Burrows, E., Rupprecht, S. & Schwarzenberg, K. (2014): Evaluationsbericht „Gemeinsam gesunde Schule ent­wi­ckeln“. Eine In­iti­a­ti­ve der DAK-Gesundheit. Lü­ne­burg: Zen­trum für Angewandte Gesundheitswissenschaften (ZAG Forschungs- und Arbeitsberichte, Band 30)

Nieskens, B., Schumacher, L., Sieland, B. (2014): Gelingensbedingungen für die Ent­wick­lung guter gesunder Schulen. Ein Leit­fa­den mit Emp­feh­lung­en, Check­lis­ten und Arbeitshilfen. Hamburg & Düs­sel­dorf: DAK-Gesundheit & Unfallkasse NRW

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