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Angebotsdarstellung

Good Practice

Veröffentlichung: 2005

Stärkung der Medienkompetenz von Jugendlichen in benachteiligten Lebenslagen

Kurzbeschreibung mit Zielen und Maßnahmen

Das Medienprojekt ist ein suchtpräventives Projekt für Heranwachsende an Schulen, in berufsvorbereitenden und –bildenden Schulen sowie in Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit.
Im Rahmen der modernen Suchtprävention steht das Konzept der Erweiterung der Lebenskompetenzen im Vordergrund. Hintergrund dieses Ansatzes ist die Erkenntnis, dass eine starke, stabile und gesunde Persönlichkeit, wie auch das Vertrauen eines Menschen in seine eigenen Fähig- und Fertigkeiten der beste Schutz vor der Gefahr, süchtig zu werden, sind.
Handlungskompetenzen, die im Rahmen des Lebenskompetenzansatzes gefördert werden sollen, sind u.a. die Widerstandsfähigkeit in Bezug auf Gruppendruck, Kommunikations- und Konfliktfähigkeit und eine Sensibilisierung gegenüber Suchtphänomenen.

In dem Prozess der eigenständigen Entwicklung von Medienprodukten (z.B. Nichtraucherwerbespot) setzen sich die Jugendlichen mit Werbung und den dahinterstehenden Motiven auseinander und lernen die manipulativen Elemente kennen.


Kontakt

Frau Kerstin Marx
Carl-August-Allee 1
99423 Weimar (Thüringen)

Telefon: 03643 / 59223

E-Mail: marx(at)agethur.de

Website: http://www.agethur.de


Projektträger

Landesvereinigung für Gesundheitsförderung Thüringen e.V.
Carl-August-Allee 1
99423 Weimar


Hintergrund

Die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen wird in der heutigen Informationsgesellschaft zunehmend durch Medien beeinflusst. Ein übermäßiger und unselektierter Medienkonsum kann im Kindes- und Jugendalter die geistige, sprachliche, emotionale und soziale Entwicklung beeinträchtigen und verzögern. Ein die Entwicklung fördernder Umgang mit den Massenmedien wird als Medienkompetenz bezeichnet.

Die Auseinandersetzung der Heranwachsenden mit den in der Phase der Adoleszenz an sie gestellten jugendspezifischen Entwicklungsaufgaben bedeutet einen wesentlichen Schritt zum gesunden Erwachsenwerden. Der Lebensstil und die Persönlichkeitsentwicklung der heranwachsenden Generation wird vermehrt durch Massenmedien, insbesondere durch Werbung beeinflusst. Somit steht der Konsum von Genuss- und Suchtmitteln, der eine Form der Auseinandersetzung von Kindern und Jugendlichen mit den an sie gestellten Aufgaben darstellen kann, in einem engen Kontext mit der Wahrnehmung von Werbung für diese Produkte.

Tabakwaren zählen zu den meistbeworbenen Produkten. Zigarettenwerbung stellt einen Schlüsselreiz für das Rauchverhalten Heranwachsender dar, da sie ein wesentlicher Einflussfaktor sowohl beim Rauchbeginn als auch beim Übergang vom ersten Probieren hin zum regelmäßigen Rauchen ist. Die Markenpräferenzen der rauchenden Kinder und Jugendlichen werden entscheidend durch Zigarettenwerbung geprägt. Die Zigarettenindustrie orientiert sich in ihren Kampagnen verstärkt an den Bedürfnissen, Interessen und dem Lebensstil Heranwachsender.

Die immer raffinierter gestaltete Werbung kann jedoch gezielt genutzt werden, um die Medien- und Werbekompetenz Heranwachsender zu schulen. Eine kritische und praktische Auseinandersetzung mit der Werbung kann die der Werbung zugrunde liegenden Motive aufdecken und ihre manipulativen Elemente enttarnen. Kritik ist ein Prozess, der dem Wesen und den Bedürfnissen der jungen Generation entspricht und in einem nicht zu vernachlässigenden Anteil durch die Sozialisation durch Medien gefördert wird. Werbung spricht die Konsumentinnen und Konsumenten ganzheitlich an. In diesem Sinne muss auch die Auseinandersetzung mit der Werbung ganzheitlich erfolgen. Durch ein Ausprobieren der technischen Möglichkeiten, deren sich die Werbung bedient, können die Motive und Absichten der Werbung zutage befördert werden. Die selbstständige Auseinandersetzung mit den Elementen und Gestaltungsmöglichkeiten der Werbung entspricht ihrem Wunsch nach Unabhängigkeit und Selbstkontrolle. Werbung wird in diesem Zusammenhang nicht verteufelt, sondern ihr gesellschaftlicher Wert und ihre Funktion werden für eigene Ziele genutzt.

Das Medienprojekt „Wir lassen uns nicht manipulieren“ wird seit dem Jahr 2000 von der Landesvereinigung für Gesundheitsförderung Thüringen e.V. – AGETHUR in Kooperation mit dem Landesfilmdienst Thüringen e.V. bzw. anderen medienpädagogisch tätigen Einrichtungen in Thüringen umgesetzt. Es setzt bereits im Grundschulalter an, da das Risiko von körperlichen Folgeschäden und einer Abhängigkeit umso höher ist, je früher mit dem Rauchen begonnen wird. Als Interventionssetting werden in der modellhaften Umsetzung durch die AGETHUR Schulen in sozialen Brennpunktgebieten bzw. benachteiligten Quartieren ausgewählt, da das Rauchverhalten eine zum Teil stark ausgeprägte soziale Polarisierung aufweist. Es wurden bisher Erfahrungen in Grund- und Regelschulen sowie Förderzentren gesammelt. Die Umsetzung des Medienprojekts erfolgt mit großzügiger Unterstützung der AOK Thüringen.


Vorgehen

Ziel des Medienprojekts „Wir lassen uns nicht manipulieren“ ist es, Werbung und insbesondere Werbung für Zigaretten für Kinder und Jugendliche verstehbar und durchschaubar zu machen. Fragen wie zum Beispiel „Wer macht wie und warum Tabakwerbung?“ stehen dabei vor dem Hintergrund einer Diskussion des eigenen Lebensstils, der eigenen Wünsche und Bedürfnisse im Mittelpunkt. Heranwachsende erfahren, mit welchen Tricks versucht wird, sie zu ködern und wie sie damit umgehen können.

Zusammenhänge lassen sich am einfachsten verstehen, wenn man sie selbst praktisch ausprobiert. Um den Schülerinnen und Schülern Werbemechanismen verständlich darzustellen, gründen sie im Projektverlauf eigene Werbeagenturen und erhalten den Auftrag, einen Nichtraucherwerbespot zu produzieren. Eine Woche lang konkurrieren zwei Gruppen von Schülerinnen und Schülern spielerisch, um Marktmechanismen zu verdeutlichen. Mit Unterstützung des Landesfilmdienstes Thüringen e.V. werden sie zu Werbefachleuten, Drehbuchautorinnen und -autoren, Schauspielerinnen und Schauspielern, Kameraleuten sowie Spezialistinnen und Spezialisten aus den Bereichen Schnitt-, Licht- und Tontechnik. Der Fantasie der Jugendlichen sind (fast) keine Grenzen gesetzt. Am Ende des Projekts präsentieren beide Schülergruppen ihre Arbeitsergebnisse und Werbespots vor Mitschülerinnen und Mitschülern, Lehrerinnen und Lehrern sowie Eltern ihrer Schule. Die Werbespots werden von den Schülerinnen und Schülern sowie von einer Jury prämiert. Es finden begleitende Elternabende statt.


Good Practice in

Partizipation

In die Planung, Umsetzung und Präsentation des Projekts sind die beteiligten Schulen und vor allem die teilnehmenden Kinder intensiv einbezogen. Heranwachsende sind in Sachen Medien als kompetente Partner zu sehen. Durch aktive Medienarbeit können sich Kinder und Jugendliche die Wirklichkeit aneignen und sie verarbeiten. Das Lernen in Zusammenhängen – unter Einbeziehung aller Sinne und Fähigkeiten der Kinder und Jugendlichen – wird geschult. Heranwachsende werden befähigt, Medien selbstverantwortlich zu nutzen („Empowerment“). Zentrales Anliegen des Projekts ist die Ver- und Bearbeitung von Fragen, Erfahrungen und Problemen rund um das Rauchen resp. Nichtrauchen, die die jeweils teilnehmende Kindergruppe bereits gesammelt hat. Das Projekt startet mit einer Ideenbörse. Gemeinsam werden alle angesprochenen Themen diskutiert und es wird eine Idee ausgewählt, die im Rahmen der Erstellung des Medienprodukts verarbeitet wird. In den nächsten Schritten verteilt die Kindergruppe alle für eine Filmproduktion notwendigen Aufgaben. Zum Abschluss des Projekts entscheiden auch wieder die Kinder, in welcher Form sie die Projektergebnisse vor dem Schulpersonal, den Eltern sowie Schülerinnen und Schülern anderer Klassenstufen präsentieren. Der Zugangsweg „Aktive Medienarbeit“ ermöglicht die Bearbeitung des Themas Nichtrauchen auf eine andere und für den schulischen Alltag ungewöhnliche Art und Weise.

Multiplikatorenkonzept

Die kontinuierlich durchgeführte Eigenevaluation des Projekts belegt die erfolgreiche modellhafte Umsetzung durch die AGETHUR in den Projektschulen. Ob und inwieweit diese Ergebnisse verstetigt werden können, hängt nicht nur von der weiteren und kontinuierlichen Auseinandersetzung der Schülerinnen und Schüler mit dem Thema ab. Schulen, Freizeiteinrichtungen und das Elternhaus müssen als direktes soziales Umfeld der Heranwachsenden Rahmenbedingungen gewährleisten und gestalten, die das Nichtrauchen fördern. Vor diesem Hintergrund entstand ein Handmaterial zum Projekt. Ziel ist es, eine möglichst vielfältige und eigenständige Umsetzung des Projekts im schulischen Bereich und in der außerschulischen Kinder- und Jugendarbeit zu erreichen („Nachhaltigkeit“). In diesem Sinne richtet sich das Handmaterial an Lehrerinnen und Lehrer, Sozialpädagoginnen und -pädagogen sowie weitere Berufsgruppen der Kinder- und Jugendarbeit. Das Projekt kann im Rahmen von Schulprojektwochen, außerschulischen Projekten, als Thema einer Klassenfahrt etc. umgesetzt werden. Grundsätzlich soll die inhaltliche und methodische Aufbereitung des Themas als Anregung dienen, eigene Projekte mit einem suchtpräventiven bzw. gesundheitsförderlichen Hintergrund zu entwickeln und durchzuführen. Die aktive Medienarbeit dient hierbei als Zugangsweg zu Kindern und Jugendlichen. Die praktische Medienarbeit kann in vielfältigen Medienprodukten münden (Werbeplakate, Schülerzeitung, Nichtraucherwerbespot, Rundfunkwerbung/Hörspiel, Internetseite oder Trickfilm). Das Handmaterial dient auch als Leitfaden für die Projektschulen, die Inhalte des Projekts kontinuierlich aufzugreifen und weiterzubearbeiten.

Aufbauend auf dem Handmaterial werden Fortbildungen für Lehrerinnen und Lehrer über das Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien (ThILLM) angeboten. Eine besondere Zielgruppe in diesem Prozess sind die Fachberaterinnen und Fachberater Heimat- und Sachkunde aus dem Grundschulbereich an den Thüringer Schulämtern. Perspektivisch sind Workshops zum Thema „Medienarbeit in der Gesundheitsförderung“ in Kooperation mit dem Landesfilmdienst Thüringen e.V. geplant.

Integriertes Handeln

Die modellhafte Umsetzung des Projekts durch die AGETHUR erfolgt in enger Kooperation mit dem Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD). Die für Gesundheitsförderung und Prävention zuständigen Stellen an den Landratsämtern und in den Stadtverwaltungen nehmen Kontakt mit interessierten Schulen auf. Diese Akteure sind zum Teil selbst in Schulen tätig bzw. vermitteln gesundheitsfördernde Angebote an die Schulen. Sie begleiten das Projekt in allen Phasen seiner Umsetzung und stellen das Bindeglied zwischen der AGETHUR, dem Landesfilmdienst Thüringen e.V., den beteiligten Schulen sowie Akteuren der Gesundheitsförderung/Suchtprävention in der Region dar. Den Schulen steht zur Verstetigung des Themas ein regionaler Ansprechpartner zur Verfügung. Über die Strukturen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes kann das Projekt in die Region getragen werden. Das Projekt stellt einen Baustein in einem ganzheitlichen schulischen Konzept zur Tabakprävention dar. Es kann bestehende Aktivitäten ergänzen bzw. einen ersten Schritt der Auseinandersetzung einer Schule mit dem Thema bedeuten. An folgendem Beispiel können diese Entwicklungen verdeutlicht werden.

Eine Grundschule in einem Plattenbaugebiet entwickelte sich in den vergangenen Jahren zu einer „rauchfreien Schule“ und strebt nunmehr ein Schulprofil „Gesundheit“ im Rahmen eines systematischen Schulentwicklungsprozesses an. Das Projekt „Wir lassen uns nicht manipulieren“ soll neben der Umsetzung eines jahrgangsübergreifenden Lebenskompetenzprogramms und anderer gesundheitsförderlicher Aktivitäten zu einem festen Baustein in diesem Prozess werden. Diese Entwicklung nimmt gleichzeitig Einfluss auf die sich im Haus befindliche Regelschule.
Darüber hinaus werden die Eltern in die Projektarbeit eingebunden, und zwar über Elternabende, die Teilnahme an der Präsentation der entstandenen Medienprojekte und die Schulkonferenz. Ziel ist es, auch die Familien für das Thema Tabakprävention zu sensibilisieren, damit die Auseinandersetzung mit den Inhalten des Projekts auch im Elternhaus weitergeführt wird.

Neben der bereits gut funktionierenden Vernetzung auf kommunaler Ebene (zum Beispiel mit dem ÖGD und anderen Angeboten und Projekten in den beteiligten Schulen) soll es perspektivisch das Ziel sein, die Umsetzung und Multiplizierung des Projekts mit landesweiten Aktivitäten zur Förderung des Nichtrauchens stärker zu verzahnen (zum Beispiel „Be smart – Don’t start“, „Rauchfreie Schule“, „Klasse2000“) bzw. mit den Präventionsinhalten anderer Träger zu kombinieren.


Laufzeit des Angebotes

Beginn: Januar 2002

Abschluss: kein Ende geplant


Das Angebot richtet sich insbesondere an folgende Altersgruppen

  • 11 bis 14 Jahre

Das Angebot umfasst geschlechtsspezifische Angebote für

  • Keine geschlechtsspezifischen Angebote

Schwerpunkte des Angebotes

  • Sucht
  • Bildung
  • Sonstiges

Das Angebot wird hauptsächlich in folgenden Lebenswelten umgesetzt

  • Schule

Qualitätsentwicklung

Es ist kein Ergebnisbericht vorhanden.

Die Qualitätsentwicklung und Ergebnissicherung sind nicht in ein Qualitätsmanagementsystem eingebunden.


Stand

12.03.2015

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