Zum Hauptinhalt springen
Logo vom Kooperationsverbund Gesundheitliche Chancengleichheit und Site-Slogan: Aktiv für Gesundheit und Chancengleichheit (Link zur Startseite)
Angebotsdarstellung

Good Practice

Veröffentlichung: 2014

Netzwerk für Familien (NeFF), Dormagen

Kurzbeschreibung mit Zielen und Maßnahmen

Das Netzwerk für Familien (NeFF) führt in Dormagen seit 2006 über sektorale Grenzen hinweg Partner zusammen, die gemeinsam an der Herstellung positiver, gesundheitsfördernder Lebensbedingungen für Kinder und Jugendliche in der Stadt arbeiten. Das NeFF ist eine von fünf Säulen des Dormagener Präventionsprogramms und wird kontinuierlich durch einen Mitarbeiter des Jugendamtes koordiniert. Die inhaltlichen Richtungsentscheidungen trifft eine Lenkungsgruppe. Die Arbeitsergebnisse fließen in die Aktivitäten der Stadt und der Netzwerkpartner ein. Damit ist das NeFF eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die in Dormagen entwickelte Präventionskette zur Gestaltung gelingender Übergänge zwischen den Lebensphasen von Kindern und Jugendlichen umgesetzt werden kann.

In Dormagen lässt sich beobachten, dass im Gegensatz zum bundesweiten Trend die Inobhutnahmen der unter sechsjährigen Kinder zurückgegangen und die Kosten für Hilfen zu Erziehung nahezu stabil geblieben sind. Ein prägnantes Beispiel gelungener Kommunikation zwischen Eltern und Pädagogen ist die Tatsache, dass fast alle Kinder Dormagens heute eine Kindertageseinrichtung besuchen.


Kontakt

Frau Martina Hermann-Biert
Paul-Wierich-Platz 2
41539 Dormagen (Nordrhein-Westfalen)

Telefon: 02133 / 257522

E-Mail: Martina.Hermann-Biert(at)stadt-dormagen.de

Website: http://www.dormagen.de/familiennetzwerk.html


Projektträger

Stadt Dormagen
Paul-Wierich-Platz 2
41539 Dormagen


Hintergrund

In Dormagen am Rhein leben etwas mehr als 63.000 Menschen (Stand: 2013) in 16 Stadtteilen auf einer Fläche von 86 Quadratkilometern. Die Stadt liegt zwischen den beiden Metropolen Düsseldorf und Köln.

Die Jugendhilfe ist nach §1 des Kinder- und Jugendhilfegesetztes (KJHG) verpflichtet, junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden und/ oder abzubauen, die Erziehungsberechtigten bei ihren Erziehungsaufgaben zu unterstützen sowie positive Lebensbedingungen für die Kinder und Jugendlichen zu schaffen. Diese Aufgabe kann von der Jugendhilfe erfolgreich nur mit allen Akteuren, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, gemeinsam umgesetzt werden. Hierzu gehören beispielsweise Lehrer/innen und Schulsozialarbeiter/innen, Kita-Erzieher/innen und Tagespflege-Eltern.

Bereits in den Jahren 1998 bis 2001 ließ sich das Jugendamt Dormagen im Zuge eines Umstrukturierungsprozesses intensiv fachlich durch Prof. Reinhart Wolff (damals Alice-Salomon-Fachhochschule, Berlin) begleiten. Besondere Aufmerksamkeit erhielt in diesem Umstrukturierungsprozess die Klärung des professionellen Selbstverständnisses der Mitarbeiter/innen im Jugendamt und ihre Zusammenarbeit mit den betroffenen Familien. Die Ergebnisse wurden ausführlich dokumentiert und sind im „Dormagener Qualitätskatalog der Kinder- und Jugendhilfe“ verfügbar, der inzwischen in zweiter Auflage vorliegt (vgl. Jugendamt Dormagen 2011, in der Literaturliste).

Von Juni 2006 bis April 2009 war Dormagen als eine von sechs Kommunen am Modellvorhaben „Netzwerk frühe Förderung“ beteiligt, das vom Landesjugendamt des Landschaftsverbandes Rheinland gefördert wurde. Das Modellvorhaben verfolgte das Ziel, Konzepte zur frühen Förderung von Kindern und Familien im Rahmen einer kommunalen Netzwerkorganisation und Netzwerksteuerung zu entwickeln. Die beteiligten Kommunen bauten während der Projektlaufzeit Netzwerke auf, die Akteure der frühen Förderung zusammen führten.


Ziele und Zielgruppen

Zielgruppe des „Netzwerk für Familien Dormagen“ sind Institutionen und Personen vorrangig aus den Handlungsfeldern Erziehung, Bildung, Gesundheit und Jugendhilfe, die sich gemeinsam für die Unterstützung junger Familien in der Stadt stark machen wollen und zu den Aktivitäten des Netzwerkes beitragen können.

Diese Netzwerkaktivitäten sollen letztlich den Kindern und ihren Familien zu Gute kommen.


Vorgehen

Die Stadt Dormagen machte sich 2005 auf den Weg, systematisch die Grundlagen für ein gesundes Aufwachsen zu verbessern. Als wichtiger organisatorischer Schritt wurde ein hauptamtlicher Präventionsbeauftragter eingesetzt, der über langjährige praktische Erfahrung mit der Situation junger Familien in Dormagen sowie der praktischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen verfügte. Er hatte die Aufgabe, das Thema inhaltlich und konzeptionell zu entwickeln.

Die Initiative zur Gründung des „Netzwerk für Familien“ (NeFF) ging vom Jugendamt Dormagen aus, zeitgleich mit dem Modellvorhaben des Landschaftsverbandes Rheinland „Arbeitshilfen zur Entwicklung und Steuerung von Netzwerken Früher Förderung“. Dort gehörte es von Beginn des Prozesses an zum professionellen Selbstverständnis, die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen als eine wichtige Grundlage für eine gelingende Entwicklung zu verstehen. Konkrete, erfüllbare Ziele wurden ausformuliert und konnten im Rahmen des Modellvorhabens realisiert werden. Durch die finanzielle und personelle Unterstützung, die nun zur Verfügung stand, wurde das Präventionskonzept auf den Weg gebracht.

Beim Aufbau des Netzwerkes wurden bereits vorhandene Kooperationsstrukturen genutzt und weiter entwickelt. Zusätzlich aufgebaute Kontakte zu Fachhochschulen und Universitäten (Alice Salomon Hochschule in Berlin, Kath. Fachhochschule Köln, Staatliche Fachhochschule Köln, Fachhochschule Niederrhein) stärkten das Netzwerk durch externe Beratung.

Ein Kinderschutzkonzept wurde entworfen, das sowohl Hilfen für werdende Mütter als auch für die verschiedenen Lebensphasen des Kindes umfasst. Im Zentrum stand ein präventives Vorgehen, das benachteiligte Familien früh unterstützte und die Sicherung der Grundbedürfnisse von Eltern und ihren Kindern gewährleistete.

Auf Grundlage des Kinderschutzkonzeptes wurde ein Präventionskonzept für Dormagen entwickelt. Ein zentraler Bestandteil dieses Konzeptes ist das Netzwerk für Familien (NeFF), das als „Netzwerk Frühe Förderung“ ins Leben gerufen wurde. Dieses Netzwerk bindet nahezu alle Akteure ein, die an der Gestaltung eines gesunden Aufwachsens mitarbeiten: Kindertagesstätten und Familienzentren, Grund- und weiterführende Schulen, Träger der Berufsorientierung, Jobcenter, Kinderärzte und –ärztinnen, Gynäkolog/innen, Geburtsklinik und Kinderklinik Neuss, Kinder- und Jugendärztlicher Dienst des Rheinkreis Neuss, Schulaufsicht Rheinkreis Neuss, Familienbildungsstätten und Tagespflegefachkräfte.

Das NeFF wird gemeinsam durch den Präventionsbeauftragten der Stadt Dormagen und eine Vertreterin des Caritasverbandes als größtem freiem Träger der Stadt koordiniert, die mit einem Teil ihrer Arbeit für diese Tätigkeit freigestellt ist. Diese Netzwerk-Koordinierung bildet das Scharnier zwischen der Arbeitsebene des Netzwerkes (den Arbeitsgruppen) und der politischen „Entscheidungsebene“. Sie unterstützt den Transfer der Arbeitsergebnisse in die politischen Entscheidungsprozesse der Stadt. Die „Doppelspitze“ steht in Kontakt mit dem Bürgermeister und den Fachbereichsleitern, die die Netzwerk-Themen in die Gremien der Stadtverwaltung tragen, z.B. in den Jugendhilfeausschuss (vgl. Abb. 2).

Die Koordinierung gibt klare Strukturen für die Netzwerkarbeit vor, beispielsweise die Schwerpunktthemen der Sitzungen für das gesamte Jahr. Schwerpunktthemen seit 2011 sind beispielsweise der Ausbau der kommunalen Präventionskette auf die Übergänge von der Grundschule in die weiterführende Schule sowie von der Sekundarstufe I in die Berufsausbildung. Das Ziel ist, die Arbeitsbelastung für alle beteiligten Funktionsträger gut kalkulierbar und so gering wie möglich zu halten. Auch soll eine möglichst hohe Transparenz der Netzwerkarbeit gewährleistet werden.

Die Lenkungsgruppe des NeFF setzt sich aus circa 20 Vertreterinnen und Vertretern der Arbeitsfelder Erziehung, Bildung, Gesundheit und Jugendhilfe zusammen. Die Lenkungsrunde ist verantwortlich für die Qualitätssicherung und strategische Entwicklung des NeFF. Sie identifiziert relevante Themen, Handlungsfelder und Ansatzpunkte für Präventionsmaßnahmen. Voraussetzung für die Mitarbeit in der Lenkungsgruppe ist die Verbindung des eigenen Aufgabenfeldes zum gemeinsamen Anliegen, die Familien in der Stadt zu unterstützen, sowie die Möglichkeit, im eigenen Arbeitsbereich Beiträge zur Verbesserung der Situation für Kinder und Jugendliche in Dormagen zu leisten. Eine wichtige Auf-gabe insbesondere in der Aufbauphase des Netzwerkes war, Schritt für Schritt ein gemeinsames Verständnis der Aufgaben und möglichen Beiträge der beteiligten Partner zu entwickeln.

Die Lenkungsgruppe richtet Arbeitsgruppen ein, die ihre Themen selbst bestimmen, Ziele vereinbaren und sich nach Erfüllung der Aufgaben auch wieder auflösen können (vgl. Abb. 2). Dies stellt sicher, dass die Arbeit ziel- und problemorientiert gestaltet wird und die knappen Ressourcen der beteiligten Partner immer wieder an den jeweils aktuellen Problemstellungen ausgerichtet werden können. Die Arbeitsgruppen tagen im Rathaus Dormagen oder – abhängig von den Schwerpunktthemen – auch dezentral in den Einrichtungen der beteiligten Netzwerkpartner, z.B. Kindertagesstätten oder Familienzentren. Zusätzliche Kosten, z.B. Getränke für die Teilnehmer/innen, können aus der Haushaltsstelle „Betreuung und Information“ des Jugendamtes finanziert werden, die auch Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit umfasst.

Für die Entwicklung eines interdisziplinären Netzwerkes war es notwendig, Kooperationspartner aus allen Handlungsfeldern zu gewinnen, die einen Einfluss auf die Lebensbedingungen der Kinder, Jugendlichen und ihre Familien haben (z.B. aus den Bereichen Gesundheit, Bildung oder Wohnen) und diese dauerhaft für die Beteiligung zu motivieren. So stieß man beispielsweise anfänglich auf eine deutliche Zurückhaltung der Grundschullehrer/innen, die der Herangehensweise des Netzwerkes mit großer Skepsis begegneten. Im Laufe der Zeit gelang es aber, auch diese Berufsgruppe durch kontinuierliche Informationen und Schulungsangebote von der Relevanz des Dormagener Präventionskonzeptes zu überzeugen: Ein deutlicher Fortschritt in der Kommunikation zwischen Eltern und Lehrer/innen wurde sichtbar, von dem langfristig alle Beteiligten profitieren.

Um den finanziellen Spielraum für die kommunalen Vernetzungsaktivitäten zu erweitern und flexibler zu gestalten, richtete die Stadt Dormagen die „Sozialdienst gGmbH“ ein. Diese kann – anders als die öffentliche Verwaltung - beispielsweise Honorarmittel, die Mitarbeiter/innen des Jugendamtes für Vorträge über die Präventionsstrategie in Dormagen einnehmen, oder auch Spenden anschließend wesentlich flexibler wieder ausschütten als dies der Stadtverwaltung möglich wäre. Die Mittel der Sozialdienst gGmbH werden sowohl für die Unterstützung von Familien (z.B. Einzelfallhilfen) oder für die Weiterbildung von Fachkräften eingesetzt. So wurde beispielsweise Mitarbeiter/innen des Jugendamtes aus Mitteln der Sozialdienst gGmbH der Besuch des Jugendhilfetages 2011 in Stuttgart ermöglicht. Ebenfalls konnten Fortbildungszuschüsse an Einrichtungen im Stadtgebiet oder Anschaffungen für einzelne Kinder/ Familien mitfinanziert werden.

Produkte und Angebote des NeFF

Der gemeinsamen Arbeit der Akteure im NeFF können umfangreiche Ergebnisse und Produkte zugeordnet werden. Dabei ist nicht immer leicht und eindeutig zuzuordnen, welche der Aktivitäten im Netzwerk die jeweiligen Ergebnisse und Produkte hervorgebracht hat. Der fachliche, formelle und informelle Austausch im Netzwerk (insb. in der Lenkungsgruppe und in den Arbeitsgruppen) ist eine wichtige Grundlage für Aktivitäten und Initiativen der Netzwerkpartner, die das integrierte kommunale Konzept der Stadt stützen. Zu diesen Aktivitäten gehören beispielsweise:

Familienpass der Stadt Dormagen. Dieser ist ein Angebot für alle Familien und Alleinerziehende, die über ein nur geringes Einkommen verfügen oder Sozialleistungen beziehen. Der Pass bietet die Möglichkeit, vielfältige, ausgewählte Angebote aus den Bereichen Kultur, Bildung und Freizeitgestaltung ermäßigt oder kostenfrei wahrzunehmen.

Initiative „Kein Kind ohne Mahlzeit“. Sie unterstützt Familien bei der Teilnahme ihrer Kinder am Mittagstisch in der Kindertagestätte oder der Ganztagsschule. Hierbei ist die Inanspruchnahme der Nachmittagsförderung gewährleistet, die aufgrund der zu hohen Kosten des Mittagessens zuvor oft von den Eltern abgebrochen wurde.

„Babybegrüßungspaket“. Dieses wird den Eltern neugeborener Kinder persönlich durch einen Mitarbeiter bzw. eine Mitarbeiterin des Jugendamtes übergeben. Es enthält unter anderem ein Elternbegleitbuch und weitere nützliche Beigaben, beispielsweise eine Kinderzahnbürste und einen Sprachratgeber, der mit Hilfe einer Logopädin und einer Kinderärztin eigens für das Babybegrüßungspaket entwickelt wurde.

Baby- und Krabbelclubs. Hierbei handelt es sich um offene niederschwellige Angebote für Eltern mit Neugeborenen und Eltern von Kindern bis zu zwei Jahren, um mit anderen Müttern und Vätern in Kontakt und Austausch zu treten.

Wohnmodell „Haus der Familie“. An dieses Beratungs- und Hilfezentrum für Familien des Caritasverbandes können sich Familien in Notlagen wenden.

Kinderärztliche Untersuchungen. Ein Kinderarzt, der über das Gesundheitsamt des Kreises finanziert wird, untersucht alle Kinder im Alter von vier Jahren, um potenzielle gesundheitliche Fehlentwicklungen zu erkennen und macht gegebenenfalls individuelle Vorschläge zur Verbesserung der Gesundheit.

AG Elternbildung. Dieses beschäftigt sich mit der Frage, wie Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder unterstützt werden können. In Elternzentren werden Kurse durchgeführt, die auch spezielle Angebote für Alleinerziehende einschließen.

„Elterncoaching“. Dieses Angebot wird von einem Therapeuten durchgeführt und behandelt Themen wie zum Beispiel „Umgang mit pubertierenden Kindern“.

„Gesunde Zähne Programm“. Das Programm wurde als Ergebnis einer Zahnuntersuchungsstudie entwickelt, die ergeben hatte, dass die Kinder der Stadt Dormagen die höchste Kariesrate der Umgebung aufweisen.

„Pädagogische Fachtage“ für die Fachkräfte im Stadtgebiet. Diese finden regelmäßig statt und erfreuen sich mittlerweile großer Beliebtheit. Regelmäßig werden auch Eltern und Elternvertreter/innen zu den Fachtagen eingeladen. Die Fachtage für die Grundschulen und weiterführenden Schulen finden samstags statt, sodass möglichst viele interessierte Fachkräfte teilnehmen können.


Good Practice in

Nachhaltigkeit

1. Finanzielle und personelle Ressourcen für die Koordinierung

Die Stadt Dormagen stellt dem NeFF dauerhaft sowohl finanzielle als auch personelle Ressourcen für die Koordinierungsleistung zur Verfügung, die einen kontinuierlichen Arbeits-fluss ermöglichen.

Startschuss für den Entwicklungsprozess in Dormagen war die Schaffung einer Vollzeitstelle für einen „Präventionsbeauftragten“. Unterstützt durch einen Stundenanteil aus der freien Jugendhilfe (Caritas-Verband) konnte eine Netzwerkkoordinierung aufgebaut werden, die kontinuierlich und verlässlich die Prozesse im Netzwerk betreut und gestaltet.

Dauerhafte Arbeit ist nicht gleichbedeutend mit unveränderlichen, statischen Arbeitsstrukturen. Durch Bildung zeitlich befristeter Arbeitsgruppen, die Problem- und zielbezogen arbeiten, können aktuelle Themen und Problemsituationen jederzeit flexibel bearbeitet werden. Diese Flexibilität hat großen Anteil am Erfolg des Netzwerkes und ist für die Teilnehmer/innen der Arbeitsgruppen oftmals motivierender und attraktiver als die Beteiligung in zeitlich unbefristeten Arbeitszusammenhängen.

2. Praxisrelevante Ergebnise der Netzwerkarbeit

Aus den Arbeitsgruppen des NeFF heraus entstehen Ideen und werden Projekte und Angebote entwickelt, die einen Beitrag zur Umsetzung der Präventionsstrategie in der Gemeinde leisten. Einige dieser Ergebnisse sind im Abschnitt „Vorgehen“ aufgezählt.

Das Dormagener NeFF beteiligt sich seit November 2012 am Landesprogramm Nordrhein-Westfalen „Kein Kind zurücklassen – Kommunen in NRW beugen vor“ (www.keinkindzuruecklassen.de). Im Rahmen dieser neuen Förderung ist es möglich, die vorhandene Präventionskette für über zehnjährige Kinder und Jugendliche auszubauen und die Übergänge von der Grundschule in die weiterführende Schule sowie von dieser in die Ausbildung zu verbessern.

Dokumentation und Evaluation

Die Messung von Wirkungen gesundheitsfördernder Interventionen und insbesondere von Netzwerkarbeit ist schwierig und oftmals nur mit einem hohen finanziellen Aufwand zu leisten. Der Gemeinde Dormagen ist es jedoch zum Teil ohne weiteren finanziellen Aufwand gelungen, externe Unterstützung bei der Wirkungsbestimmung zu erschließen und den Erfolg der gewählten Strategien zu belegen.

Die von Prof. Reinhart Wolff aus Berlin begleitete konzeptionelle Vorarbeit (vgl. Abschnitt „Hintergrund“) bildete eine wichtige Grundlage für den Aufbauprozess des Netzwerkes. In der dreijährigen Zusammenarbeit wurden zentrale Ziele abgesteckt und von fachlich angeleitet, wie diese zu erreichen sind. Ziele zu klären und den möglichen Handlungskorridor abzustecken ist wichtig, um im nächsten Schritt die Zielerreichung auch belegen zu können. Die Einbindung externer Unterstützung war nur mit einer finanziellen Investition der Kommune möglich.

Im Jahr 2006 ergriff Dormagen die Möglichkeit, sich an dem landesweiten Modellvorhaben des LVR-Landesjugendamtes Rheinland „Arbeitshilfen zur Entwicklung und Steuerung von Netzwerken Früher Förderung“ zu beteiligen, das sich zum Ziel gesetzt hatte, kommunale Konzepte zur frühen Förderung von Kindern zu entwickeln. Dieses Modellvorhaben wurde in allen sechs teilnehmenden Kommunen durch die Katholische Fachhochschule Köln evaluiert, die die Ergebnisse in einem umfassenden Abschlussbericht darlegte (Landschafts-verband Rheinland 2009).

Zur Einordnung ihrer Kosten für die Präventionsarbeit nutzte die Stadt Dormagen die Ergebnisse einer Prüfung durch die Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen. Diese zeigte für das Jahr 2007, dass sich die Kosten für Unterstützungsangebote in Dormagen im Vergleich mit den anderen Kommunen im Land auf einem sehr guten Niveau bewegten. Beim Aufwand pro Hilfefall erreicht Dormagen einen landesweiten Bestwert. Der Zuschussbedarf je Einwohner liegt mit etwa 51 Euro nur knapp über dem Minimalwert und deutlich unter dem Mittelwert von 76 Euro für alle Kommunen. Bemerkenswert ist auch der hohe Anteil der (finanziell günstigen) ambulanten Hilfen an den Hilfen insgesamt. Im Jahr 2007 lag dieser in Dormagen bei 83 Prozent, während er im Mittelwert der NRW-Kommunen 53 Prozent betrug. Die Ausgaben für Hilfen zur Erziehung lagen in Dormagen durchschnittlich bei knapp 9.000 Euro pro Familie, während sie im Landesdurchschnitt 14.800 Euro betrugen. Im Gegensatz zum bundesweiten Trend sind die Inobhutnahmen der Kinder unter sechs Jahren zurückgegangen und die Kosten für Hilfen zu Erziehung nahezu stabil geblieben. Weiterhin konnte die Gemeindeprüfungsanstalt in ihrem Auswertungsbericht belegen, dass frühe ambulante Hilfen effizienter sind als späte ambulante Hilfen.

Im Rahmen einer Promotionsarbeit an der Alice-Salomon-Hochschule Berlin wurde die Arbeit des Dormagener NeFF zusätzlich auf seine Potenziale hin untersucht, mit Fehlern aktiv umzugehen und sie als Anlässe zur Verbesserung der Angebote zu nutzen (vgl. Biesel 2011). Fehlleistungen und Mängel konnten durch diese externe Evaluation aufgedeckt und in Veränderungen oder Verbesserungen umgesetzt werden.

Das Institut für Sozialarbeit (ISA) evaluierte die Besuche des Jugendamtes bei den Familien. Mit Hilfe einfacher Fragebögen und frankierter Rückumschläge konnten die Eltern ihre Meinung und ihr Empfinden anonym darstellen und dem ISA zusenden. Die positive Wirkung des Netzwerkes wird vor allem dadurch belegt, dass die Zufriedenheit der betreuten Eltern sehr hoch ist: Laut ISA-Abschlussbericht im Mai 2012 empfangen 99 Prozent der Eltern die Mitarbeiter/innen des Jugendamtes gern beim Hausbesuch. Auch auf Seiten des Jugendamtes zeigen sich positive Effekte: Die Mitarbeiter/innen haben mehr Freude an ihrer Arbeit und die unterschiedlichen Berufsfelder sind sich näher gekommen.

Die gesamte Infrastruktur für Familien hat sich verbessert, da Elternbildungsangebote ausgebaut und niederschwellig zugänglich gemacht wurden bzw. Elternkompetenztrainings umstrukturiert und neu entwickelt wurden. Ein stetiger Anstieg der Teilnehmerzahlen ist das beste Anzeichen für die erfolgreiche Umsetzung der entwickelten Konzepte.


Gesammelte Erfahrungen (Lessons Learned)

Die Erfahrungen im NeFF zeigen, dass Engagement und Arbeit mehr Spaß machen, wenn sie auf viele Schultern verteilt werden. Die Kooperationsbeziehungen über die Grenzen formaler Zuständigkeiten können anstrengend und zeitraubend sein, sie sind aber immer auch inspirierend und lebendig.

Gelingende Vernetzung erfordert von den Professionellen eine wertschätzende Haltung und die Einsicht, dass Veränderung Zeit benötigt. Ein erfolgreicher Prozess kann das gesamte Arbeitsklima in der städtischen Verwaltung und in der Zusammenarbeit mit freien Trägern positiv gestalten.

Für ein gelingendes Miteinander ist eine gemeinsame Haltung aller beteiligten Akteure von zentraler Bedeutung. Alle Partner im Netzwerk verstehen, dass vor allem informierte und befähigte Eltern in der Lage sind, das gesunde Aufwachsen ihrer Kinder zu unterstützen. Jedoch dürfen die Familien nicht das Gefühl bekommen, kontrolliert zu werden.

Die Methode der Wahl für die Kooperation zwischen allen Beteiligten kann nur eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe sein die eine Vertrautheit schafft, die im Dialog unter allen Mitwirkenden mündet.

Überlastungen aller Beteiligten gilt es zu erkennen und durch gezielte Planung und klare Strukturen zu vermeiden.

Ein Erfolgsfaktor für den gelingenden Netzwerkaufbau ist sicherlich, dass Dormagen als Kleinstadt überschaubar ist. Dies erleichtert die Aufgabe, persönlicher Kontakte als eine Grundlage für die kontinuierliche Zusammenarbeit aufzubauen und zu pflegen.


Literatur

Biesel, Kay 2011: Wenn Jugendämter scheitern. Zum Umgang mit Fehlern im Kinderschutz. Bielefeld: Transcript.

Jugendamt Dormagen (Hrsg.) 2011: Dormagener Qualitätskatalog der Kinder- und Jugendhilfe, Ein Modell kooperativer Qualitätsentwicklung. Opladen & Farmington Hills: Barbara Budrich. (2. Auflage)

Hilgers, Heinz; Sandvoss, Uwe; Jasper, Christin M. o.J.: Von der Verwaltung der Kinderarmut zur frühen umfassenden Hilfe, Das Dormagener Modell: Was es beinhaltet und was man von ihm lernen kann, in: Markus, Wolfram und Osner, Andreas (Hrsg.): Handbuch Kommunalpolitik. Berlin: Dr. Josef Raabe Verlags-GmbH.

Landschaftsverband Rheinland (Hrsg.) 2009: Arbeitshilfen zur Entwicklung und Steuerung von Netzwerken Früher Förderung, Ein Modellprojekt des LVR-Landesjugendamtes Rheinland. Köln: Landschaftsverband Rheinland.

www.lvr.de/media/wwwlvrde/jugend/service/arbeitshilfen/dokumente_94/jugend_mter_1/koordinationsstelle_kinderarmut/neff_abschlussbericht.pdf


Laufzeit des Angebotes

Beginn: April 2005

Abschluss: kein Ende geplant


Welche Personengruppe(n) in schwieriger sozialer Lage wollen Sie mit Ihrem Angebot erreichen?

  • Personen mit sehr niedrigem Einkommen (z.B. Personen im Niedriglohnsektor, Personen mit niedrigen Rentenbezügen)
  • Alleinerziehende in schwieriger sozialer Lage
  • Schwangere in schwieriger sozialer Lage

Das Angebot richtet sich insbesondere an folgende Altersgruppen

  • Altersgruppenübergreifend

Das Angebot umfasst geschlechtsspezifische Angebote für

  • Keine geschlechtsspezifischen Angebote

Schwerpunkte des Angebotes

  • Elternschaft / Schwangerschaft
  • Kommunale Strategie / Netzwerkarbeit

Das Angebot wird hauptsächlich in folgenden Lebenswelten umgesetzt

  • Kindertageseinrichtung / Kindertagespflege
  • Schule
  • Stadt / Stadtteil / Quartier / Kommune

Qualitätsentwicklung

Wie dokumentieren Sie Ihre Arbeit? (z.B. Konzepte, Handreichung)

Quelle der Veröffentlichung/URL: Protokolle, Berichte, Newsletter, Internet


Stand

07.05.2015

… zurück zur Übersicht