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Angebotsdarstellung

Good Practice

Veröffentlichung: 2005

BEAM - Berufliche Eingliederungs- und Arbeitsmaßnahme

Kurzbeschreibung mit Zielen und Maßnahmen

Psychische Probleme und/oder Suchterkrankungen sind Barrieren, die zu Arbeitsplatzverlust führen können bzw. der Vermittlung in den Arbeitsmarkt entgegenstehen. Erkrankungen können also sowohl Ursache als auch Auswirkung der Arbeitslosigkeit sein, die vielfach mit weiteren Faktoren wie beispielsweise Verschuldung, Wohnungslosigkeit und gesundheitsriskanten Verhaltensweisen korreliert. Das Modellprojekt BEAM (Berufliche Eingliederungs- und ArbeitsMaßnahme) richtet sich an Sozialhilfebezieherinnen und -bezieher, die Abhängigkeitserkrankungen und psychische Probleme aufweisen. Ziel des Projekts ist es, sie durch eine Verknüpfung von beruflicher Qualifizierung und gesundheitlicher Stabilisierung wieder an Arbeit heranzuführen. In einem Zeitraum von einem halben Jahr innerhalb des insgesamt zwei Jahre laufenden Modellprojekts BEAM durchlaufen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein Gesundheitsmodul mit verschiedensten Themengebieten wie beispielsweise Selbst- und Zeitmanagement, Alltags- und Stressbewältigung sowie gesunde Ernährung. Ein Evaluationsbericht belegt die positiven Effekte der Maßnahme auf gesundheitsbezogene Einstellungen sowie gesundheitsbezogenes Verhalten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Aufbauend auf dem Projekt BEAM werden derzeitig die Projekte GLEISE – Wege ins Leben (als Grundstufe) und BEAM + AlfA – Berufliche Eingliederungs- und Arbeitsmaßnahme in alkoholfreier Arbeitsumgebung (als Aufbaustufe) durchgeführt.


Kontakt

Projekt ist seit 2004 abgeschlossen; Ansprechpartner stehen für Rückfragen nicht mehr zur Verfügung


Projektträger

Theresia Albers gGmbH - Haus Theresia in Hattingen
Hackstückstraße 37
45527 Hattingen


Hintergrund

Die psychologische Arbeitslosenforschung hat nachgewiesen, dass der Verlust des Arbeitsplatzes und die Erfahrung länger dauernder Arbeitslosigkeit auf unterschiedlichen Ebenen zu einer Viktimisierung (Einstellung, ein Opfer zu sein) der Betroffenen mit daraus resultierenden erheblichen psychosozialen Belastungen führen kann. Insbesondere bei Menschen, die bereits Vorerkrankungen aufweisen, werden psychische und physische Probleme durch die Arbeitslosigkeit verstärkt.

Auf der anderen Seite ist die Motivation zu gesundheitsbewusstem Verhalten bei vielen Sozialhilfebezieherinnen und -beziehern aufgrund ihrer Lebenssituation oft gering. Das führt häufig zusätzlich zu problematischem Gesundheitsverhalten. Zudem ist oft auch das Bewusstsein für den Zusammenhang von Gesundheit und Beschäftigungsfähigkeit wenig ausgeprägt. Fehlendes Wissen und unzureichendes Selbstvertrauen erschweren daher die Umsetzung einer gesundheitsförderlichen Lebensweise.

Diese Erfahrungen machte auch das Haus Theresia, eine Aus- und Weiterbildungseinrichtung der Theresia-Albers-Stiftung, im Rahmen einer beruflichen Qualifizierungsmaßnahme für Menschen in „Multiproblemlagen“. In der täglichen Morgenrunde wurden neben der Thematisierung des aktuellen Gesundheitszustands auch Fragen nach dem generellen gesundheitlichen Befinden der Teilnehmerinnen und Teilnehmer gestellt. Die Antworten fielen mit „überhaupt nicht gut“ bis hin zu „ausgesprochen schlecht“ oftmals negativ aus und bestätigten zudem die hohe Anzahl an Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Um diese Situation zu verbessern, wurde ein Konzept erarbeitet, nach dem die gesundheitlichen Belange in der bestehenden beruflichen Qualifizierungsmaßnahme verstärkt thematisiert werden können. Mit Unterstützung des BKK Bundesverbandes konnten in einem Modellprojekt, das von 2003 bis 2004 durchgeführt wurde, Bedingungen geschaffen werden, die den Zugang zu Gesundheitsangeboten erleichterten und die Gesundheitskompetenz der Zielgruppe durch einen ressourcenorientierten Ansatz erhöhten. BEAM war dabei eines von fünf Modellprojekten innerhalb des Arbeitsmarktprojekts „DevelopmENt“ des Ennepe-Ruhr-Kreises.


Vorgehen

Die Zielgruppe nahm bestehende Angebote beruflicher Qualifizierung wahr und konnte während der Qualifizierungszeit freiwillig an einem Gesundheitsmodul mit verschiedenen Themenschwerpunkten teilnehmen. Die Teilnahme an dem Gesundheitsmodul war freiwillig. Sofern eine Anmeldung erfolgte, sollten jedoch alle Themenschwerpunkte wahrgenommen oder zumindest „ausprobiert“ werden. Die zeitliche Beschränkung des Angebots auf ein halbes Jahr wurde gewählt, damit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Zusammenhänge der verschiedenen Gesundheitsangebote erkennbar blieben. Zudem wurde insgesamt auf eine Mischung aus Theorie- und Praxiseinheiten geachtet, um Über- und Unterforderung sowie Langeweile zu vermeiden. Die einzelnen Elemente waren sowohl didaktisch-methodisch auf die Zielgruppe zugeschnitten als auch so gewählt, dass bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern keine Stigmatisierung auftreten oder der Eindruck entstehen sollte, dass „Therapie“ unter dem Deckmantel der Gesundheitsförderung stattfindet.

Die Inhalte wurden durch externe wie interne Referentinnen und Referenten vermittelt und waren so erarbeitet, dass während des laufenden Themenschwerpunktes direkt auf neu auftretende Schwierigkeiten reagiert werden konnte. In Ergänzung zu den Gesundheitsangeboten bestand fortlaufend die Möglichkeit der Beratung durch eine Pädagogin, die während der Projektlaufzeit Ansprechpartnerin sowohl für die Teilnehmenden als auch für die Referentinnen und Referenten war.

Das Gesundheitsmodul setzte sich konkret aus den folgenden Elementen zusammen, die zeitlich versetzt aufeinander aufbauten:

Beratungsmodule
Um den individuellen Problemlagen gerecht werden zu können, konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einmal im Monat (sowie nach Bedarf) eine Sprechstunde in Anspruch nehmen. Dort bestand Gelegenheit, sehr persönliche Themen zu erörtern und ggf. weiterführende Hilfsangebote zu unterbreiten. Diese Gespräche konnten wahlweise bei der zuständigen Pädagogin als auch bei einer Mitarbeiterin des Gesundheitsamtes, die u.a. für BEAM beratend tätig war, erfolgen.

Selbst- und Zeitmanagement, Alltagsbewältigung
Im Mittelpunkt dieses zentralen Elementes standen die Themenkomplexe
- Selbstwahrnehmung/Fremdwahrnehmung,
- Kommunikation,
- persönliche Lebenssituation und positive Bewältigungskompetenzen,
- Zeitmanagement: Strukturierung des Tagesablaufs, Zeiteinteilung und Flexibilität; Zieldefinition und kleinschrittiges Erreichen von Zielen.

Fitness bzw. Module zur Schaffung von Körpergefühl
Durch die Kooperation mit einem Fitness-Studio konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter der Anleitung von Fachkräften ihre Ausdauer trainieren und an den entsprechenden Geräten Übungen zur Verbesserung von Kraft, Beweglichkeit und Kondition durchführen.

Stressbewältigung
Anhand der zwei sehr unterschiedlichen Entspannungstechniken Tai-Chi- Chuan und der „Progressiven Muskelentspannung“ wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Möglichkeiten der aktiven Stressbewältigung vertraut gemacht.

Ernährung
Beim Element Ernährung wurde großer Wert darauf gelegt, deutlich zu machen, dass gesunde und ausgewogene Ernährung nicht teuer sein muss. Neben der theoretischen Wissensvermittlung wurden durch die gemeinsame Zubereitung von Mahlzeiten auch praktische Erfahrungen gesammelt.

Wellnessmodule
Die einzelnen Gesundheitsthemen wurden in Wellnessmodulen aufgegriffen und sollten sich auf angenehme Art und Weise widerspiegeln. Hier bestand zum einen die Möglichkeit, sich in Ergänzung zu den anderen Entspannungsmodulen im hauseigenen Snoezelen-Raum zu entspannen oder durch die Teilnahme an einem Kurs „Aquagym“ Sport bei geringer Muskelbelastung zu treiben.


Good Practice in

Empowerment

Bei einer Auftaktveranstaltung wurden die einzelnen Elemente des Gesundheitsmoduls gemeinsam mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zusammengestellt. Seitens der pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden bei diesem Treffen auch Themen wie „Selbstmanagement“ vorgeschlagen, da aufgrund der Erfahrungen mit der Zielgruppe solche Bereiche häufig nicht unter dem Begriff „Gesundheit“ subsumiert werden. Die einzelnen Gesundheitselemente wurden somit am Anfang gemeinsam bestimmt, indem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei der inhaltlichen Planung des Projekts einbezogen wurden. Auf diese Art und Weise konnte sowohl die Teilnahmemotivation erhöht als auch die Nachhaltigkeit der durchlaufenen Gesundheitsbereiche gewährleistet werden. Durch die Anbindung des Gesundheitsmoduls an ein bestehendes Qualifizierungsangebot war die Gewinnung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer gewährt. Durch das Zusammenwirken verschiedenster Gesundheitsthemen wurde ein ganzheitliches Gesundheitsverständnis vermittelt, das neben den klassischen Aspekten auch psychosoziale Komponenten berücksichtigt. Dieser Lebensweltbezug war zudem ein entscheidender Faktor für eine kontinuierliche Wahrnehmung der Gesundheitsangebote. Zudem wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer motiviert, auch im Anschluss an das Projekt eigeninitiativ weiterführende Angebote der Gesundheitsförderung zu besuchen. Dazu erfolgte eine gezielte Internetrecherche, insbesondere zu Angeboten der Krankenkassen.

Dokumentation und Evaluation

Es wurde sowohl eine begleitende Projektdokumentation als auch eine Evaluation durchgeführt. Die Dokumentation beinhaltete
- die kontinuierliche Erfassung der vermittelten Themen,
- die Erfassung der didaktisch-methodischen Vorgehensweise,
- die Erfassung von aufgetretenen Problemen,
- das Einarbeiten von Projektmodifikationen,
- den ergänzenden Austausch mit Expertinnen und Experten,
- die Erfassung der Zufriedenheit von Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

In einer externen Prä-/Postbefragung wurde zudem mithilfe eines Fragebogens das Gesundheitsbefinden und -empfinden evaluiert. Aus dem Evaluationsbericht geht hervor, dass aus Sicht des teilnehmenden Personenkreises das Gesundheitsangebot insgesamt sehr positiv bewertet wurde. Zudem zeigten sich deutlich positive Veränderungen bezüglich des Verständnisses von Gesundheit, der Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit dem Thema selbst, aber auch mit der eigenen Person und dem eigenen Körper.
Auch in Bezug auf das Gesundheitsverhalten ließen sich positive Effekte feststellen. Im Verlauf des Gesundheitsmoduls kam es bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu positiven gesundheitsrelevanten Verhaltensänderungen. Schwierigkeiten zeigten sich jedoch im Hinblick auf die Kontinuität der Teilnahme, die aufgrund von Abbrüchen der beruflichen Qualifizierungsmaßnahme auftraten. Dies ist zum einen auf eine Veränderung der beruflichen Situation zurückzuführen, zum anderen kam es aber auch zu „therapiebedingten“ Abbrüchen. Für zukünftige Maßnahmen sind daher die Zusammensetzung des Kreises der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie ggf. Nachrückverfahren sorgfältig zu bedenken.

Settingansatz

Zahlreiche Maßnahmen der Gesundheitsförderung für Arbeitslose haben gezeigt, dass die Zielgruppe schwer zu erreichen ist. Während Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Regel sehr gut über das betriebliche Setting eingebunden werden können, fehlt bei Arbeitslosen ein klassischer Zugangsweg. Aus- und Weiterbildungseinrichtungen bilden hier eine Ausnahme, da bei diesen Institutionen die notwendigen strukturellen Verhältnisse gegeben sind.

Die Theresia-Albers-Stiftung hat durch eine Verknüpfung von beruflicher Qualifizierung, psychosozialer Beratung und gesundheitlicher Stabilisierung psychisch Kranken und/oder Suchtkranken die Möglichkeit eröffnet, alltagsnah Gesundheit zu erleben. Durch das Zusammenwirken verschiedener Themen wurde ein ganzheitliches Gesundheitsverständnis vermittelt. Insgesamt wurden neben den Interventionen auf der Verhaltensebene auch die Verhältnisse berücksichtigt. Die Umsetzungsbedingungen der Maßnahme wurden unterstützt durch die „Umgebungsbedingungen“ im Haus Theresia. So war die gesundheitsfördernde Atmosphäre durch Räumlichkeiten wie Schwimmbad und Sporthalle, aber auch durch ein großes Außengelände mit Wiesen, Wald und Bachlauf eine notwendige Voraussetzung für das Gelingen. Hilfreich war zudem, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer während der Arbeits- und Qualifizierungszeit die verschiedenen Gesundheitsangebote wahrnehmen konnten.

Dass zunächst nicht am Projekt Beteiligte Interesse an BEAM zeigten (aufgrund beobachteter Veränderungen bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern), macht deutlich, dass dieser verknüpfende Ansatz gewinnbringend ist.


Gesammelte Erfahrungen (Lessons Learned)

Von den insgesamt sechs Modulen, die im Rahmen der Modellprojektphase von BEAM für psychisch belastete Langzeitarbeitslose angeboten wurden, haben sich vor allem die Elemente Selbst- und Zeitmanagement, Stressbewältigung und Ernährung bewährt. Diese werden auch weiterhin in der Aus- und Weiterbildungseinrichtung angeboten, sofern ausreichend Mittel zur Verfügung stehen. Die Erfahrung zeigt, dass die Interessen der Zielgruppe recht unterschiedlich sein können. Beispielsweise sind die Wünsche und Bedürfnisse je nach Alter oder Geschlecht verschieden. Das Angebot für jeden gleichermaßen attraktiv zu gestalten, kann aufgrund der Heterogenität der Zielgruppe nicht gewährleistet werden.

Die Teilnahme an den gesundheitsfördernden Angeboten des Trägers ist für die Zielgruppe stets freiwillig. Gleichzeitig ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Aufforderung zu Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen grundsätzlich häufig von Seiten des Jobcenters kommt und bei Nichtteilnahme an diesen Maßnahmen mit Sanktionierungen zu rechnen ist. Es muss daher kritisch diskutiert werden, ob auch die gesundheitsfördernden Angebote als Pflichterfüllung verstanden werden und daher nicht immer von nachhaltigen, gewünschten Effekten auszugehen ist. Die Erfahrung des Modellprojekts zeigt, dass die gesundheitsbezogenen Module von einigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern sehr geschätzt werden, jedoch nicht von allen.


Laufzeit des Angebotes

Beginn: 2003


Welche Personengruppe(n) in schwieriger sozialer Lage wollen Sie mit Ihrem Angebot erreichen?

  • Langzeitarbeitslose

Das Angebot richtet sich insbesondere an folgende Altersgruppen

  • 18 bis 29 Jahre
  • 30 bis 49 Jahre

Das Angebot umfasst geschlechtsspezifische Angebote für

  • Keine geschlechtsspezifischen Angebote

Schwerpunkte des Angebotes

  • Stressbewältigung

Stand

10.01.2012

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